KERKEN. Vertreter der Heimatvereine (HV) Aldekerk und Nieukerk, die an Grundlagen für die geplante Gestaltungssatzung (GS) und Denkmalbereichssatzung (DBS) in beiden Ortskernen mitgearbeitet hatten, stellen die Konzepte hinter den Satzungen vor. Das Ziel ist vor allem der Erhalt eines attraktiven historischen Ortsbildes. Dabei weisen sie die Kritik an der DBS (die NN berichteten) als unberechtigt zurück.

Ralf Bloemers, Achim Cuypers und die ehemalige Gemeindearchivarin Johanna Klümpen-Hegmans betonen das langjährige Interesse und Bemühen der HV, sich für die Wahrnehmung des historischen Ortsbildes und seine Erhaltung einzusetzen. In diesem Kontext seien auch die geplanten Satzungen zu verstehen. Die Kritik angesichts vieler Nachteile für Eigentümer und die Ortskerne, wie sie zuletzt der Architekt Hans-Gerd Albers geäußert hatte, sei ungerechtfertigt. Vielmehr gebe es viele Vorteile: Darunter steuerliche und mehr Flexibilität für örtliche Bauvorhaben, wenngleich auch gewisse Anforderungen mit den Satzungen einhergingen.

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Schutz des Ortsbildes

„Seit einigen Jahren verändern sich unsere Dörfer rapide. Alte Häuser werden abgerissen, es wird unsachgemäß renoviert oder es entstehen neue Häuser, die wie Fremdkörper wirken. Das hat uns unruhig gemacht“, sagt Klümpen-Hegmans.

Daher erfassten die HV in den letzten Jahren systematisch die Gebäude in den Straßenzügen der Ortskerne Aldekerk und Nieukerk. Auch wenn es nicht immer einfach gewesen sei, habe man aus dem Gemeindearchiv mehr Informationen zu den Originalzuständen zusammentragen können, etwa zu Baustoffen oder Architekten. „Es ist kein wissenschaftlich fundiertes Werk, aber es ist auch keine subjektive Einschätzung der Heimatvereine“, sagt Cuypers. Bloemers ergänzt: „Es sind objektive Daten.“ Für Klümpen-Hegmans sei so ein Zeitzeugnis über den Ist-Zustand der Ortskerne entstanden, das nun eine Grundlage für die geplanten Satzungen bilde und Aussagen darüber treffe, welche Gebäude bereits Denkmäler oder erhaltenswert seien.

Diesen Bestandskatalogen folgte schließlich ein Antrag der SPD-Ratsfraktion, der wiederum ein Gutachten des LVR nach sich zog, „um das Ganze zu objektivieren.“. Die Aussage des Gutachtens: Die historische Substanz reicht für eine DBS aus. Das habe gleichzeitig eine Verpflichtung für die Gemeinde bedeutet, eine solche auf den Weg zu bringen.

Keine pauschalen Denkmäler

Die DBS bezögen sich zwar flächendeckend auf die alten Ortskerne und würden festlegen, was schützenswert sei, dabei betonen die Vertreter der HV aber: „Nicht alles wird zum Denkmal erklärt.“ Vielmehr gebe es drei Kategorien: Gebäude ohne besondere Merkmale, anerkannte Denkmäler und erhaltenswürdige Häuser. Ob letztgenannte zu Denkmälern erklärt beziehungsweise Denkmaleigenschaften aufweisen würden, müssten letztlich Denkmalpfleger entscheiden.

Die GS sind mit den DBS verknüpft und sollen sie präzisieren. Es gebe zwar auch eine GS von 1991, diese sei jedoch ungenau und teils widersprüchlich zu geltenden Bebauungsplänen. Im Rahmen der Satzungen gelte für alle drei Kategorien, dass bei geplanten Abrissen (nicht möglich bei Denkmälern) oder Renovierungen geprüft werde, ob sie das geschützte Erscheinungsbild des Denkmalbereichs beeinträchtigen, beziehungsweise ob sie an es angepasst sind. Denn auch die Straßenzüge seien schutzwürdig. Um das Innere von Gebäuden gehe es allerdings nicht, außer im Falle eines Denkmals.

Bloemers gibt ein Beispiel anhand von fünf Reihenhäusern. Hätten sie eine gemeinsame Dachlinie und weiße Fenster und solle eines der Häuser eine große Gaube und gelbe Fenster bekommen, „wäre das ein zu prüfender Umstand im Rahmen der GS.“ Dieser Antrag würde dem Gesamtbild jedoch eher widersprechen und daher wohl abgelehnt werden.
Dennoch sollten dann im Rahmen der Satzungen gemeinsam Alternativen gefunden werden. „Es ist beabsichtigt, Kompromisslösungen zu finden“, sagt Klümpen-Hegmans. Dazu erwähnt sie den Paragrafen sieben, nach welchem in begründeten Einzelfällen nach vorheriger Abstimmung mit der Gemeinde Ausnahmen und Befreiungen von den Vorschriften dieser Satzung möglich seien. Bei Fragen zu den Satzungen könne man sich zudem bei der Bauverwaltung informieren.

„Wir können froh sein, festgestellt zu haben, dass wir schützenswerte Ortskerne haben. In vielen Orten ist das nicht mehr gegeben“, sagt Bloemers. „Die Leute sind oft von der Optik begeistert, sowohl die Einheimischen wie auch Besucher.“ So biete sich eine einmalige Chance, dieses besondere Ortsbild zu erhalten, daher seien auch die mit den Satzungen einhergehenden Einschränkungen – etwa Vorschriften zu Materialien und Formen – von Vorteil.

Einfacher und flexibler

Die Handhabung werde mit den GS zudem vereinfacht und flexibler: „Mit ihr bleibt viel mehr Macht bei der örtlichen Bauverwaltung, also der Gemeinde Kerken, bei den Eigentümern und Architekten“, sagt Bloemers. Bestimmte Dinge wie Detailfragen würden vom Bauamt im Kleve abgekoppelt werden.

Laut der HV-Vertreter ebenfalls für alle drei Kategorien geltend: steuerliche Vorteile. „Alle Renovierungen und Umbauten können steuerlich wie bei einem Denkmal abgeschrieben werden.“ Laut Klümpen-Hegmans gebe es auch einen Vorteil im Rahmen des geplanten Hof- und Fassadenprogramms. Seien Anpassungen am häuslichen Erscheinungsbild angedacht, müssten diese zwar ebenfalls zur GS passen, aber das Programm ermögliche dabei direkte Zuschüsse. Ein Rückbau werde bei Inkrafttreten der Satzungen ebenfalls nicht fällig, auch über Enteignungen brauche sich niemand Sorgen zu machen, sagen die Vertreter. Ebenso könnten immer noch Häuser ohne besonderen Wert abgerissen werden, um an deren Stelle Neubauten zu errichten. „Nur müssen sie sich dann der Umgebung anpassen.“ Ein Museumsdorf würde so jedoch nicht entstehen.

Die am 1. Februar anstehende Bau- und Planungsausschuss-Sitzung sowie die ein paar Tage später folgende Ratssitzung sollen das Verfahren auf den Weg bringen, ehe die Bürgerbeteiligung folge. Inkrafttreten sollen die Satzungen erst nach den weiteren Verfahrensschritten. Abgesehen von einigen Detailfragen seien sich laut Cuypers alle Parteien über die beiden Satzungen einig.

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