KLEVE. Wenn Heinrich Pieper an die Hecht-Frikadellen seiner Mutter denkt, dann läuft ihm heute noch das Wasser im Munde zusammen. „Da kam die Oma zwischendurch mit dem Fahrrad angefahren, vorne drauf der große Korb, und hat schon mal den Fang eingesammelt, um zu Hause das Essen vorzubereiten“, erinnert sich auch sein Sohn Kurt gern an die Zeit zurück, die er mit seinem Opa, Heinrich Pieper Senior, an der Briener Schleuse verbracht hat.

Angeln, das dürfte jetzt nicht überraschen, hat Tradition im Hause Pieper. Wenn auch nicht unbedingt im sportlichen Sinne. „Wir haben früher geangelt, um etwas zu Essen auf dem Tisch zu haben“, ist Heinrich Pieper Junior ein Angler „alter Schule“ – von Trophäensammeln und Hightech-Equipment hält er wenig bis nichts. Heute, im stolzen Alter von 94 Jahren, kann Heinrich Pieper seine Angel zur Seite stellen. Große Ereignisse stehen ins Haus. Er und seine Frau Anna bereiten sich auf ihre Kronjuwelen-Hochzeit vor. Im November sind die beiden Eheleute 75 Jahre verheiratet. Ähnlich selten dürfte das Jubiläum sein, das in diesem Jahr ebenfalls ansteht: Seit 80 Jahren ist Heinrich Pieper Mitglied im Angelsportverein (ASV) Kleve. Dafür wird er am kommenden Sonntag im Rahmen der Bezirksversammlung des Rheinischen Fischereiverbands geehrt. Er hat zugesagt, an dem Tag ins Vereinshaus zu kommen – auch, wenn er eigentlich nicht so gern im Rampenlicht steht. „Zuviel Rummel“, winkt er ab und findet, dass eine Mitgliedschaft allein doch nicht so viel Aufmerksamkeit verdient.

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Sechs Jahrzehnte Vorstandsarbeit

Dabei hat Heinrich Pieper den Verein entscheidend mitgeprägt, war an die 60 Jahre im Vorstand aktiv und über Jahrzehnte auch 1. Vorsitzender – bis er sich aus Altersgründen zurückgezogen hat. Gern erinnert sich der heutige Ehrenvorsitzende an die 1990er Jahre. „Da hatten wir fast 1.000 Mitglieder“, ist er stolz. Auch, wenn es beim „fast“ blieb. 997, 998, … „Wir haben immer auf die ein oder zwei Leute gewartet, die noch gefehlt haben“, kann er heute darüber lachen und sich entspannt zurücklehnen. Angeln, das war für ihn immer mehr als nur ein Hobby. Davon kann auch seine Frau ein Lied singen. „Wenn er Briefe an die Vereinsmitglieder verschicken musste, dann wurde die ganze Familie eingespannt“, sagt sie. Mit der Adressiermaschine mussten die Empfänger aufgedruckt werden. Jeder einzeln, immer der Reihe nach. „Das wurde mit den Computern dann natürlich alles viel einfacher“, weiß Pieper.

Mit frischem Fisch die Pacht bezahlt

Angemeldet hat sich der Jubilar 1941 – natürlich persönlich – in der Gaststätte „Zum Bären“ auf der Tiergartenstraße. Da war der Verein gerade einmal drei Jahre jung und zählte knapp 40 Mitglieder. Geangelt wurde zunächst am Kermisdahl. Da hatte man einen Vertrag mit dem Hotel Maywald. „Wir durften dort angeln, mussten uns aber verpflichten, einen Teil unseres Fangs in der Hotelküche abzuliefern“, erklärt Heinrich Pieper, wie die Pacht-Bedingungen damals ausgesehen haben. Zwei Jahre später musste er, da wurde er 16, zum Militär. In seine Heimat kam er erst 1945 nach Ende des Zweiten Weltkriegs zurück. Aus ungarischer Kriegsgefangenschaft, schwer verletzt durch Granatsplitter. Eine große Narbe am Kinn und ein nahezu taubes Ohr zeugen heute noch davon. Trotzdem sei es eine gute Zeit gewesen. Man schöpfte wieder Hoffnung. „Wir haben uns gleich nach dem Krieg beim Tanzen kennengelernt – und uns verliebt“, erzählt Anna Pieper.

Vereinsleben ist Familiensache

Heinrich Pieper in den 1950er Jahren mit zwei Hechten. Foto: privat

Und auch das Vereinsleben nahm wieder an Fahrt auf. In Rindern fand der ASV ein kleines Vereinsgewässer. „Einen Teil davon haben wir zum Schwimmen hergerichtet“, denkt Pieper gern daran zurück. Die Freizeit verbrachte man hier gemeinsam – in geselligen Runden mit den Frauen und Kindern. Auf dem Gelände, draußen in der Natur, gab es immer viel zu tun. Über die Jahre wurden größere Flächen angekauft und in den 1970er Jahren sogar ein Vereinsheim gebaut. Man stand in regem Kontakt mit anderen Angelsportvereinen, besuchte sich gegenseitig und auch Tagestouren an die Nordsee brachten Abwechslung ins Vereinsleben – und auf den Teller. „Wir haben nie geangelt, um den größten Fisch in die Kamera zu halten. Was geangelt wird, das wird auch ausgenommen, zubereitet und gegessen“, sagt Heinrich Pieper Junior. So war das schon bei dem Senior. Und so hält es auch Sohn Kurt. „Ich weiß noch, wie wir nachts, wenn es geregnet hatte, mit der Taschenlampe auf die Wiese gegangen sind, um Würmer zu sammeln“, sagt der. Den Nachwuchs für seine Leidenschaft zu begeistern, lag dem Jubilar ohnehin stets am Herzen. Angefangen hat er seine „Vorstands-Karriere“ als Jugendleiter. Damals sei es noch leicht gewesen. „So was wie eine Sportfischerprüfung brauchte man da noch nicht“, sagt er.

Übrigens: Forellen-Teiche haben die Piepers nie gemocht. Geangelt wurde und wird nur in natürlichen Gewässern.

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