GELDERN. Wenn man schon neue Wege geht, warum nicht das Beste daraus für alle herausholen? So ähnlich dachte Ewald Hülk, Biologie- und Französischlehrer an der Liebfrauenschule in Geldern (LFS), nachdem er seinen Biologie-Schülern als Reaktion auf die neue Lage die Aufgabe stellte, eigene Videos zu produzieren. Also rief er vor kurzem den Youtube-Kanal „LFS erklärt“ ins Leben, um die Videos ins Netz zu stellen. Auf dem Kanal sollen sich im besten Fall in Zukunft immer mehr Erklärvideos von Lehrern und Schülern ansammeln. Momentan sind es acht an der Zahl.

Das Projekt an der LFS passt zur Pandemie und zum Zeitgeist, ist es doch vor allem Ausdruck der zunehmenden Digitalisierung. Erklärtes Ziel ist allerdings nicht, möglichst viele Klicks abzugreifen. Schülern und Lehrern soll eine Plattform geboten werden, um Unterrichtsergebnisse, die als Erklär-Film produziert wurden, einer größeren Öffentlichkeit zu zeigen. Insbesondere Schülern, die selbst diese Inhalte im Unterricht erarbeiten müssen. „Vielleicht ist es für andere Kollegen und Schüler interessant, etwas beizusteuern“, meint Hülk. Ganz egal, ob es um Lerntheorien in Erziehungswissenschaften, tolle Rezepte zum Thema Nahrungszubereitung oder eine Gedicht-Analyse geht.

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Er selbst hat bisher drei Videos für das Fach Französisch gedreht, ein Video stellte eine Kollegin aus ihrem Biologie-Kurs dazu, die anderen kamen von Hülks Schülern. Alle wurden sie mit viel Sorgfalt gedreht, teils sogar mit eigenen Zeichnungen zur Veranschaulichung.

Beeindruckende Filme

Auch wenn der Kanal erst wenige Wochen jung ist, liegt sein Anfang beim ersten Lockdown vor den Sommerferien. Hülk arbeitete zu dieser Zeit mit seinem Biologie-Leistungskurs am Thema Ökosystem See. „Normalerweise gibt es immer einen Praktikumstag“, sagt Hülk. Dabei analysiert er mit seinen Schülern einen See. 2020 kam es bekanntlich anders, also sollten die Schüler sich dieses Mal einen See aussuchen, um in kleinen Gruppen ein eigenes Video zu drehen.

„Ich war erstaunt, welche hervorragenden Filme ich bekommen habe.“ Nach den Ferien folgten weitere Videoaufträge, wie auch vor dem zweiten Lockdown vor Weihnachten.

Von allen Videos über die Zeit hinweg zeigt sich Hülk sehr beeindruckt und bezeichnet sie durch die Bank weg als hervorragend: „Fachlich klasse, aber auch filmisch unheimlich gut gemacht. Kreativ aufgezeichnet, sauber gearbeitet.“ Egal ob Kameraeinstellungen, der Schnitt oder die Stimmen. Sogar mit Musik sei teils gearbeitet worden.

Schließlich kam ihm der Gedanke, dass es zu schade wäre, die Videos auf der Festplatte verstauben zu lassen und entschied sich, sie stattdessen einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Allerdings können nicht alle Videos der Schüler veröffentlicht werden, auch wenn sie eigentlich gut genug dafür sind. Das hat einmal mit dem Urheberrecht zu tun, denn in einigen Videos finden sich Abbildungen aus Büchern. Es sollen aber auch Dopplungen vermieden werden, gibt es doch teils mehrere Videos zu einem Thema.

Nachhaltiges Lernen

Ein besonders positiver Effekt dieser Art Aufgabenstellung ist ihre spezielle Nachhaltigkeit, wie Hülk und seine 18 Jahre alten Schülerinnen aus dem Bio-LK, Franziska Boßmann, Franziska Kalscheor und Melissa Schreurs, bestätigen können. Gemeint ist damit das Lernen, sowohl für die Schüler, die das Video erstellen, wie auch für die kommenden Generationen, die es sich ansehen.

„Wenn man so ein Video dreht, geht man die Sachen sehr oft durch, um sich alles genau klarzumachen“, sagt Kalscheor. Letztlich wisse man so jede Einzelheit eines Themas, ohne Lücken. „Ich denke, so beschäftigt man sich viel intensiver damit, als wenn man einen Aufsatz schreibt.“ Ähnlich sieht es auch Boßmann. Sie vergleicht es wiederum mit einem Referat. Bei solch einem vergesse man das Gelernte allerdings schnell wieder „und so ein Video kann man sicher häufiger ansehen.“ Schreurs stimmt ihren Mitschülerinnen zu. „Ich persönlich kann mir besser Sachen merken, wenn ich sie gesehen habe, anstatt mir nur etwas durchlesen. Dann habe ich dieses Bild vor mir“, führt sie aus. „Ich denke, es hat wirklich eine Zukunft vor sich.“

Für Hülk ist es ein kreativer Ansatz, bei dem die Schüler zeigen könnten, dass sie den Inhalt verstanden hätten. „Diese Filme, die jetzt online sind, werde ich später auch als Erklär-Filme zeigen“, ist er sich sicher. Denn auch er findet es in Vorbereitung auf Klausuren sinnvoll, wenn die Schüler nicht nur den Text aus dem Buch lesen, sondern sich Themen durch die Filme noch einmal näherbringen. „Es gibt eigentlich nur Gewinner bei der Sache.“

Leicht von der Hand

Den drei Berufsschülerinnen ging der ungewohnte Dreh trotz wenig Erfahrung leicht von der Hand. Das lag nicht zuletzt an dem eigenen, vertrauten Smartphone.

Durch die lebhaftere Natur dieser etwas anderen Schulaufgaben kam auch der Spaß nicht zu kurz. Wie alle Künstler freute sich Kalscheor über die positive Rückmeldung ihrer Mitschüler. Gefallen hat ihr außerdem, verschiedene, aus ihrer Sicht gute Aspekte aus anderer Leute Erklärvideos im Internet in ihrem Video anzuwenden, sodass sie für sich zur besten Variante kam, um das Thema zu erklären.

Boßmann hat, was die verschiedenen Arbeitsschritte angeht, kein Lieblingskind. Wäre nur einer davon ihre Aufgabe gewesen, hätte der Spaß wohl ein wenig darunter gelitten, „aber durch die Abwechslung hat alles Spaß gemacht.“ Besonders gut fand sie zudem, dass es teils eine Partnerarbeit war. Und die verlief sehr harmonisch, wie auch Kalscheor bestätigt.

Den Kanal findet man unter www.youtube.com/channel/UCWYwGpQzn9dQM1XE4P-CwMw.

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