NIEDERRHEIN. „Es ist eine neue Erfahrung.“ Ginge es nach Frigge Wiederhold-Walter, müsste der Distanzunterricht zwar nicht zwangsläufig ein Modell für die Zukunft sein – „er hat aber durchaus positive Seiten“, findet die für den Nordkreis zuständige Regionalleiterin der Kreis-Musikschule. Was beim ersten Lockdown im März 2020 noch für viel Wirbel gesorgt hat, geht heute beinahe als Routine durch. „Alle Musikschul-Lehrer geben Online-Unterricht“, ist Wiederhold-Walter froh, dass kein musikalisches Talent verkümmern muss. Auch die Tanzabteilung hat sich komplett auf den Online-Unterricht eingestellt.

Im November letzten Jahres hat Wiederhold-Walter als Regionalleiterin ihr neues Büro bezogen. Für die Musikschule ist sie aber schon seit den 1980er Jahren tätig. „Damals habe ich parallel zu meinem Studium in Geldern und Kevelaer Querflöte unterrichtet“, blickt sie zurück. Nach ihrem Abschluss in Instrumentalpädagogik und „Orchester“ ging es irgendwann von Wuppertal zurück in die Klever Heimat. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Bedburg-Hau, die vier Kinder („von denen drei Musiker geworden sind“) stehen bereits auf eigenen Beinen – und ihr zur Seite, wenn es um digitalen Unterricht geht. Videos auf YouTube hochladen, Live-Schalten, Team-Meetings, gemeinsam Stücke einstudieren und per Ferndiagnose Tipps geben will gelernt sein. „Das macht jeder auf seine Weise und wie es am besten funktioniert“, sagt Frigge Wiederhold-Walter.

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Kollegen, die Schwierigkeiten hatten, wurden von anderen an die Hand genommen und die passende Ausrüstung angeschafft. Eine gewisse Skepsis sei anfangs schon da gewesen, „aber trotzdem haben sich alle darauf eingelassen“. Dass der direkte Kontakt zu den Schülern „viel schöner“ ist, daran lässt sie keinen Zweifel. Trotzdem sei ihr im Laufe der Zeit bewusst geworden, dass die Qualität des Unterrichts nicht darunter leidet und das Ganze durchaus auch Vorzüge hat.

Mit Begeisterung am
Online-Unterricht teilnehmen

Klar: Generell haben die Kinder und Jugendlichen viel mehr Zeit zum Üben, weil die meisten anderen Freizeitaktivitäten wegfallen. „Es kann hilfreich sein, wenn man sein Spiel aufnimmt und noch einmal ansieht“, hat Wiederhold-Walter außerdem festgestellt. Man setze sich intensiv damit auseinander, reflektiere sein eigenes Können. „Das hat auch etwas mit Persönlichkeitsbildung zu tun“, ist sie überzeugt: „Man hinterfragt seine Leistung und muss entscheiden, ob sie gut genug ist, ob sie dem eigenen Anspruch genügt.“ Dass das schon bei Kindern im Grundschulalter funktioniert und sie trotz der Umstände „riesige Fortschritte“ machen, hat sie besonders erstaunt. „Da müssen die Eltern vielleicht noch mit der Technik helfen“, räumt sie ein, „aber wir haben durchaus auch Siebenjährige, die mit Begeisterung am Online-Unterricht teilnehmen und davon profitieren“.

Zurzeit leider
keine Freitagskonzerte

Eine schöne Erfahrung war für Frigge Wiederhold-Walter die Wiederaufnahme der Freitagskonzerte, für deren Organisation sie schon verantwortlich zeichnete, als sie noch nicht Regionalleiterin war. „Nach dem Lockdown im Frühjahr und der Sommerpause waren die Kinder und Jugendlichen einfach nur glücklich, dass sie wieder vor anderen spielen durften – wenn auch im kleineren Rahmen“, sagt sie. Diese Konzerte, wie auch das gemeinsame Musizieren, finden zurzeit natürlich nicht statt. Unter der aktuellen Situation leiden auch Formate wie Schnupperstunden oder die musikalische Früherziehung. „Da müssen wir einiges aufholen“, weiß Wiederhold-Walter um die verlorene Zeit.

Problematisch gestaltet sich zudem der Unterricht an den Schulen. Gerade mit Blick auf die Einstiegs-Angebote, bei denen es darum geht, das passende Instrument zu finden und sich mit den Grundlagen der Musik vertraut zu machen. „Wenn die Kinder schon etwas fortgeschrittener sind, geht es aber prinzipiell weiter“, sagt Wiederhold-Walter und betont, dass der Kontakt zu den Schulen generell gut ist – auch in Zeiten von Corona. Dass sie ausgerechnet in dieser nicht ganz einfachen Zeit ihre neue Position als Regionalleiterin übernommen hat, trübt Wiederhold-Walter nicht die Freude an der neuen Herausforderung. „Die Arbeit geht weiter“, sagt sie. Und irgendwann hoffentlich auch wieder ganz „normal“.

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