Sport und Corona…
aber bitte mit Maske

Nach sechs Wochen Zwangspause ist ein Training wieder möglich – ein Erfahrungsbericht

Sport Corona
Dem Rücken etwas Gutes tun: Nach rund anderthalb Monaten darf NN-Redakteur Michael Bühs wieder zum Training bei Physiotherapeut Marco van Hees – natürlich nur unter Einhaltung der Hygienevorschriften. NN-Fotos (4): Theo Leie

GELDERN. Es ist für mich die schönste Nachricht der vergangenen anderthalb Monate. „Wir dürfen teilweise wieder öffnen“, sagt die Anruferin am Telefon. Sie gehört zum Trainerteam des Therapiezentrums von Marco van Hees in Geldern. Als Patient mit doppeltem Bandscheibenvorfall bin ich dort seit Jahren Mitglied, und der Rückensport fehlt mir schon. Denn auch in Zeiten von Homeoffice sitze ich viel am PC. Zwar absolviere ich täglich Übungen, ein echter Ersatz kann das aber nicht sein. Umso größer also die Freude, als ich erfahre, dass unter Auflagen wieder Training möglich ist. Sport und Corona…

Bereits am Telefon wird alles Wesentliche erläutert: Es gibt, ähnlich wie bei Behandlungen auf Rezept, feste Termine. Die Umkleiden sind Sperrgebiet, also direkt in Sportkleidung erscheinen. Es darf nur eine begrenzte Anzahl Personen auf die Trainingsfläche, damit die Abstände problemlos eingehalten werden können – und jeder muss eine Mund-Nase-Maske tragen. Bin mal gespannt, wie das bei mir als Brillenträger funktioniert. Beim Einkaufen ist die Brille immer wieder beschlagen. Aber: Was muss, das muss! Reha-Sport in Zeiten von Corona eben.

-Anzeige-

Alles genau geregelt und gut durchdacht

Corona Sport
Hygiene ist wichtig: Die Handgriffe werden mit Desinfektionsmittel gereinigt.

Dann ist es endlich soweit: Ich mache mich auf den Weg zu meinem Termin. Vor der Praxis warten bereits zwei Mittrainierende. Natürlich tragen wir alle Maske – selbstgenäht, Einmal- oder FFP2-Schutzmaske: Erlaubt ist, was schützt. Wir werden von einer Trainerin eingewiesen: Es darf immer nur eine Person nach der anderen rein, die Sportschuhe werden in einem Vorraum angezogen. An jedem Gerät sind vor Gebrauch Handgriffe und Display mit Desinfektionsmittel zu reinigen. Handtuch unterlegen galt ohnehin schon immer. Es wird klar: Alles ist genau geregelt und offenbar auch gut durchdacht. Keine Selbstverständlichkeit für den zweiten Tag nach der Wiederöffnung. Da habe ich in dem ein oder anderen Geschäft anderes erlebt.

Dann geht’s auf die Fläche. Da die Geräte zur Muskellängung, an denen ich mich normalerweise aufwärme, ebenfalls noch tabu sind, schnappe ich mir eine Gymnastikmatte und absolviere schnell ein paar Dehnübungen. Noch bleibt die Brille klar, obwohl unter meiner Maske langsam ein eigenes Mikroklima entsteht. Während ich mich dehne, kommt mir die Debatte um den möglichen Re-Start des deutschen Profi-Fußballs in den Sinn, und ich frage mich, ob Reus, Lewandowski und die anderen Bälletreter auch Maske tragen müssten. Und falls ja: Gibt es dann fürs Trikotzupfen die Gelbe Karte, fürs Maskezupfen 200 Euro Bußgeld?

Sport unter Corona-Bedingungen irgendwie kühler

Physiotherapeut Marco van Hees achtet auf die richtige Ausführung der Übungen.

Zeit, mit dem Training an den Geräten zu beginnen. Mit mir sind noch sieben weitere Patienten und eine Trainerin im Raum. Bei mehr als einem Dutzend Geräte verteilt es sich, Abstände sind kein Problem. Zudem sind alle Stationen mit Schutzwänden abgetrennt – die „Waves“ hat Chef Marco van Hees selbst erfunden. Was auffällt: Es ist ruhig. Sehr ruhig. Normalerweise hört man zumindest immer die eine oder andere Unterhaltung im Hintergrund. Heute nicht. Irgendwie ist alles etwas kühler – und das liegt nicht nur daran, dass sämtliche Türen und Fenster geöffnet sind. Wie hat es jüngst eine Einzelhändlerin ausgedrückt: Jeder scheint sich zu fragen, ob er alles richtig macht. Niemand will sich falsch verhalten. Sport und Corona…

Insgesamt 45 Minuten haben wir Zeit, zwei Runden sind also möglich. Erst mal wieder reinkommen, lautet für mich die Devise. Also stelle ich die Widerstände runter – der Computer hat von der Zwangspause offenbar nichts mitbekommen. Nach dem ersten Durchgang hat sich unter meiner Maske ein Feuchtbiotop entwickelt. Ich schnappe mir meine Trinkflasche. Um einen Schluck Wasser zu trinken, muss ich die Maske kurz vom Gesicht ziehen – also besser zur Wand drehen. Auch ich kann mich nicht davon freisprechen: Bloß keinen Fehler machen! Dann geht’s auf zu Runde zwei.

Trainingspause macht sich bemerkbar

Schluss nach 45 Minuten: Der erste Sport unter Corona-Bedingungen ist geschafft.

Nach 45 Minuten ist Schluss. Und ich merke, dass ich längere Zeit nicht hier trainiert habe. In den Beinen macht sich ein leichtes Zittern bemerkbar, in den Schultern ein Brennen. Bin mal gespannt, wie es am nächsten Morgen ist (Spoileralarm: Muskelkater). Am Eingang zum Trainingsraum hole ich meine Jacke und wechsle die Schuhe. Auch die anderen Patienten holen ihre Sache, verabschieden sich voneinander und von den Trainern. Erst jetzt scheint sich die Stimmung ein wenig zu lockern, es wird geplaudert und gescherzt. Die Trainer haben derweil ein waches Auge darauf, dass jeder den Mindestabstand einhält. Sport und Corona…

Das Fazit: Mir fehlt das reguläre Aufwärmen. Aber überhaupt wieder etwas für meinen Rücken tun zu können, ist ein gutes Gefühl. Das Trainieren mit Maske ist ungewohnt und auch nur bedingt als angenehm zu beschreiben, doch es gibt wahrlich Schlimmeres. Allerdings: Beim nächsten Mal nehme ich meinen MP3-Player wieder mit. Schon das Schreiben dieses Artikels ging mit Musik besser – das dürfte auch auf den Sport zutreffen…

Vorheriger Artikel„Angrillen – Made in Kleve“ im Autokino
Nächster ArtikelLokal einkaufen und dabei auch Vereine fördern