Notfall bleibt Notfall – auch in der Corona-Krise

Bei Herzinfarkten und Schlaganfällen ist jede Minute entscheidend

KREIS KLEVE. Die Notfallambulanzen des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums melden aktuell einen deutlichen Patientenrückgang. Selbst Patienten mit Herzinfarkt- oder Schlaganfall-Symptomen scheuen in der Corona-Krise offenbar den Notruf oder den Weg in die Notaufnahmen. Das ist ein großer Fehler, betonen die Notfallmediziner des Klinikums.

„Bei der Behandlung von Notfällen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zählt jede Minute”, unterstreichen die beiden Chefärzte Dr. Norbert Bayer und Dr. Klaus-Dieter Willenborg. „Das gilt im Moment fast noch mehr als sonst.”

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Die Notfallambulanzen des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums – im Bild die Zentrale Notaufnahme des St.-Antonius-Hospitals Kleve – melden aktuell einen deutlichen Patientenrückgang. Foto: KKLE / Thomas Momsen

Denn: Covid-19-Patienten versterben bei fatalen Verläufen in der Regel an Herz-Kreislauf-Komplikationen. Das Aufschieben eines gebotenen Arztbesuches ist deshalb gerade für Covid-Risikopatienten mit kardialen Problemen sehr gefährlich. Patienten mit einer chronischen Herzschwäche, mit Herzklappenerkrankungen oder Herzrhythmusstörungen sind besonders gefährdet.

Bei Herzinfarkten muss sofort der Notarzt gerufen werden: „Das häufigste Symptom sind sehr starke Schmerzen in der Brust, die plötzlich ohne erkennbare Ursache einsetzen”, so Dr. Norbert Bayer, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Nephrologie im St.-Antonius-Hospital Kleve und im Marienhospital Kevelaer. Als Betroffener fühlt man sich schwerkrank, manche Patienten beschreiben eine starke Angst: „Betroffene sind oft sehr ruhig, haben kalten Schweiß auf der Stirn und werden fast immer grau-blass.”

Das Herzinfarkt-Netzwerk Niederrhein, das Katholisches Karl-Leisner-Klinikum und Rettungsdienst seit 2005 Hand in Hand betreiben, hat im Kreis Kleve dazu geführt, dass die Überlebenschancen von Patienten mit einem Herzinfarkt deutlich besser sind als im Landesdurchschnitt – vom Eintreffen des Notarztes bis zur Öffnung der verschlossenen Herzkranzarterie im Klinikum vergeht in der Regel weniger als eine Stunde. Allein: Der Notruf muss erfolgen.

„Patienten sollten eine dringend erforderliche Notfallbehandlung auf keinen Fall aus Sorge um eine Corona-Ansteckung vermeiden”, so die Empfehlung der Notfallmediziner. Die Versorgung von Menschen mit Schlaganfall und Herzinfarkt erfolgt in den Krankenhäusern des Klinikums räumlich getrennt von Covid-19-Patienten, alle Hygienemaßnahmen werden auf höchstem Standard eingehalten.

„Gerade für Patienten mit leichten Schlaganfall-Symptomen wird es problematisch, wenn sie zu Hause bleiben”, weiß Dr. Klaus-Dieter Willenborg, Chefarzt der Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie im Marienhospital Kevelaer. „Im Zweifel kommen sie kurze Zeit später mit einem schweren Schlaganfall ins Krankenhaus, das Risiko für Komplikationen ist dann deutlich erhöht.

Denn in der Schlaganfallbehandlung gilt: „Time is brain”. Jede Minute des Zögerns erhöht das Risiko, dass Patienten sterben oder unter dauerhafte Beeinträchtigungen wie Lähmungen, Sprach- und Verständnisstörungen, Seh- oder Koordinationsstörungen sowie Depressionen leiden.

Wichtige Anzeichen für einen akuten Schlaganfall

Die wichtigsten Anzeichen für einen akuten Schlaganfall sind halbseitige Lähmungen, Herabhängen des Mundwinkels, Sprachstörungen, verwaschene Sprechweise, Sehstörungen wie Doppelbilder, Ausfälle des Gesichtsfeldes, Erblindung auf einem Auge oder Taubheitsgefühle am Körper.

Mehr als 800 Schlaganfall-Patienten betreut die Stroke Unit des Marienhospitals pro Jahr. Stroke Units (Schlaganfall-Einheiten) sind auf die Behandlung von Schlaganfall-Patienten spezialisiert. Alle diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen haben dabei vor allem ein Ziel: Die Ursache eines Schlaganfalls möglichst schnell zu bestimmen, um rasch eine individuelle und effektive Therapie einleiten zu können.

 

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