Kaufkraft in Emmerich und Rees: Gut, aber mit Luft nach oben

Kaufkraft in Emmerich und Rees: Händler profitieren von Kunden aus den Niederlanden

EMMERICH/REES. Die Niederheinische IHK hat die neuesten Zahlen zur Kaufkraft in der Region vorgestellt. In der Prognose für das Jahr 2019 liegt die Zentralitätskennziffer (s. Infokasten) für Emmerich bei 90,0 und für Rees bei 100,2. Das bedeutet: Während in Emmerich ein Teil der Kaufkraft in die Umgebung abfließt, bleibt im Fall von Rees das Geld vor Ort. „Beide Zahlen sind eigentlich unüblich hoch für Kommunen dieser Größenordnung“, sagt Michael Rüscher von der IHK-Geschäftsführung.

Klar ist für Rüscher: Beide Städte profitieren von einem relativ guten Nahversorgungs­angebot und der Nähe zur niederländischen Grenze. Denn die Einwohner selbst fahren vielfach nach Kleve, Bocholt oder Oberhausen. Aber: „Viele Kunden aus den Niederlanden decken sich in Emmerich und Rees mit Lebensmitteln und Drogerie-Artikeln ein.“ So komme letztlich die hohe Kennziffer zustande.

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Keine Aussage zur Qualität
des Warenangebotes in Emmerich und Rees

Weiter betont Rüscher, dass die Zahlen nichts über die Qualität des Warenangebotes in der jeweiligen Kommune aussagen. „Erst einmal freut der Zustrom von Kaufkraft von außen die Händler, sie haben dadurch einen größeren Kundenstamm.“ Ob aber bestimmte Angebot fehlen, lasse sich nur durch Kundenbefragungen vor Ort ermitteln. „So lässt sich beispielsweise auch herausfinden, wo Investitionen notwendig sind“, sagt Rüscher.

Kaufkraft in Zahlen
Die Zentralitätskennziffer bezeichnet das Verhältnis aus Einzelhandels-Umsatz zur vor Ort vorhandenen Einzelhandels-relevanten Kaufkraft einer Kommune. Sie zeigt das Ausmaß des Kaufkraftabflusses oder -zuflusses. Liegt der Wert über 100, fließt Kaufkraft zu – das heißt, die Kommune hat eine hohe Anziehungskraft auf Menschen von außerhalb.

Interessant ist auch ein Blick auf die Entwicklung der Kennziffern. Während sie in Emmerich von 85,4 im Jahr 2016 auf aktuell 90,0 anstieg, ging sie in Rees von 106,9 auf 100,2 zurück. Eine Erklärung für diesen Rückgang habe er nicht, gesteht Rüscher.

Rees: Bliebt der Real-Markt nach dem Verkauf?

Ganz anders Heinz Streuff: „Für mich hängt das klar mit der Sperrungen auf der B67 und der Rheinbrücke zusammen“, sagt der Reeser Wirtschaftsförderer. Da sei über Monate viel Kaufkraft abgeflossen. Daher ist er auch überzeugt, dass die Prognosen für 2020 und 2021 wieder positiver ausfallen werden. „Die Entwicklung des Post- und Niag­geländes sollten die Kaufkraft weiter stärken“, erwartet Streuff.

Ein wesentlicher Kundenmagnet ist der Real-Markt direkt an der B67. Insofern würde ein Aus für den Markt, der im Zuge des Verkaufs der Metro-Tochter Real möglich ist, Rees „erheblich treffen“, weiß Streuff. Doch der Wirtschaftsförderer beruhigt: „Wir haben längst die entsprechenden Kontakte geknüpft, und was wir bisher gehört haben, geht klar dahin, dass der Markt auch bei einem Verkauf nicht geschlossen wird.“

Streuff stimmt Rüscher zu, dass die niederländischen Kunden ihren Anteil an der immer noch hohen Kennziffer haben. „Aber nicht nur. Auch von der anderen Rheinseite kommen viele Kunden zu uns“, weiß er aus Gesprächen mit Reeser Händlern. Außerdem gebe es nur wenig bis keinen Leerstand.

Emmerich: Mehr Einsatz der Händler ist gefragt

Rüschers Aussage, dass die Emmericher für ihren Einkauf andere Städte besuchen, bestätigt Lydia Klar. Das gelte auch für verkaufsoffene Sonntage. „Gerade die jungen Leute fahren eher nach Kleve, Bocholt oder ins Ruhrgebiet“, sagt die Buchhändlerin und neue stellvertretende Vorsitzende der Emmericher Werbegemeinschaft. Dies zu ändern, sei eines der wesentlichen Ziele der EWG.

Lydia Klar ist überzeugt: Emmerichs Zentralitätskennziffer könnte höher sein. „Dazu müssen aber alle an einem Strang ziehen“, fordert Klar. Sie selbst habe sich auf der Mitgliederversammlung zur Wahl gestellt, „weil ich mir das Trauerspiel nicht mehr länger ansehen konnte“. Von 71 Mitgliedern kamen gerade einmal sieben zu besagter Versammlung. „Nur mit einem Vorstand ist es nicht getan“, sagt Klar, „jeder einzelne Händler ist gefragt, sich mit Ideen und Einsatz einzubringen.“

Neben der EWG als „Dachverband“ könnte sie sich auch einzelne Straßengemeinschaften vorstellen. „Es wäre kein verkehrter Ansatz, man muss aber jede Straßen einzeln betrachten.“ Auf der Steinstraße, wo sie selbst ihr Geschäft hat, sei dies sehr schwierig umzusetzen, „denn hier haben wir mehr Leerstand als Händler“. Letztlich hänge es von der Bereitschaft der EWG-Mitglieder ab.

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