Glockenspielsommer: Emmerich erklingt

Emmericher Glockenspielsommer am 15. Juni in St. Aldegundis

EMMERICH. Wenn an manchen Samstagen während der Marktzeit in der Emmericher Innenstadt ein Glockenspiel erklingt, ist es für viele Besucher, aber auch Einwohner kaum mehr als ein Hintergrundgeräusch. „Sie nehmen es eigentlich gar nicht richtig wahr“, sagt Emmerichs Kulturchef Michael Rozendaal. „Sie hören es zwar, wissen aber nicht, woher es kommt.“ Dies soll sich ändern: Um dieses besonderes musikalische Angebot mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, findet am Sonntag, 15. Juni, ab 16 Uhr der Glockenspielsommer in Emmerich statt.

Veranstalter ist der Glockenspielverein St. Aldegundis, dem Rozendaal vorsteht. Im Mittelpunkt steht das Carillon – französisch für Glockenspiel – in der St.-Aldegundis-Kirche. Im Jahr 1995 wurde das Glockenspiel in der Kirche mit den ersten 18 Glocken von einer Glockengießerei aus den Niederlanden erbaut. Fünf Jahre später kamen weitere 25 Glocken hinzu. Die kleinste Glocke wiegt neun Kilo, die größte 900 Kilo. Das gesamte Glockenspiel der St.-Aldegundis-Kirche bringt es auf ein Gewicht von mehr als sieben Tonnen. „Vor dem Krieg gab es ein kleines Glockenspiel in St. Aldegundis, das man auch von außen sehen konnte“, erzählt Kantor Stefan Burs. „Es war aber mit der heutigen Anlage nicht vergleichbar.“

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187 Stufen bis zum Spieltisch

Der Arbeitsplatz von Carilloneur Toru Takao, Emmerichs „Stadtglockenspieler von St. Aldegundis“, führt über eine enge Wendeltreppe mit 187 Stufen in den Turm der Kirche. Dort steht der Glockenspieltisch, der dem einer Orgel ähnelt. „Allerdings bedarf es viel Kraft, ihn zu bedienen“, verrät Burs, der selbst immer wieder am Glockenspieltisch Platz nimmt. Gleiches gilt für Takaos Ehefrau Kasia Takao-Piastowska und weitere Gastspieler, wie Dr. Gunther Strothmann, Carilloneur aus Kiel.

Blick auf das Glockenspiel in der St.-Aldegundis-Kirche.
Foto: privat

Takao entdeckte zu Beginn des neuen Jahrtausends seine Liebe zum Carillon. „Zu dieser Zeit habe ich in Oberhausen gearbeitet, bin auch durch Deutschland gereist. In Süddeutschland habe ich ein Glockenspielkonzert gehört, das mich sehr begeistert hat – sowohl die Musik als auch die gesamte Atmosphäre“, erinnert sich der japanische Musiker. Mit 23 Jahren entschied er sich, „dieses schöne Instrument“ zu studieren. Er ging nach Utrecht und machte dort 2018 seinen Masterabschluss.

Kasia Takao-Piastowska verrät über das Glockenspiel: „Meine Lehrer sagten immer: Man spielt oben, aber man hört unten.“ Soll heißen: Man muss mit viel Vorstellungskraft spielen, muss sich vorstellen, wie es unten für die Zuhörer klingt.“

Live-Übertragung aus dem Kirchturm

Der Glockenspielsommer in Emmerich findet an einem Tag statt. „Wir haben ihn auch schon mal an zwei Tagen veranstaltet, wir wollten das Ganze aber ein wenig komprimieren“, erläutert Rozendaal. In der Kirche wird eine Leinwand aufgebaut, darauf wird das Spiel aus dem Turm übertragen. „Die Besucher können so den Carilloneur bei der Arbeit sehen“, sagt Rozendaal. Bei schönem Wetter aber sollte man das Carillon-Festival aber im Freien, rund um die Kirche, genießen. „Dort ist der Klang wesentlich schöner und eindrucksvoller“, sagt Burs, der das Glockenspiel als „sehr dynamisch“ beschreibt.

Rozendaal verspricht für den Glockenspielsommer in Emmerich „ein abwechslungsreiches Programm“, bei dem auch die niederländische Sängerin Esther van Maanen live in der Kirche auftritt.

Programm
Der Emmericher Glockenspielsommer findet am Samstag, 15. Juni, in der St.-Aldegundis-Kirche statt.
16 Uhr Eröffnungskonzert mit Jeffrey Bossin aus Berlin
16.40 Uhr Esther van Maanen (Arnheim) singt live unter dem Glockenturm
17.30 Uhr Carillonkonzert mit Frans Haagen (NL)
18.10 Uhr Orgelkonzert mit Kantor Stefan Burs
19 Uhr Carillon plus, Glockenspielkonzert mit Toru Kakao und Gesang von Esther van Maanen

Das Glockenspiel in St. Aldegundis zählt mit 43 Glocken zu den größten Deutschlands und ist dennoch eigentlich nicht vollzählig. Vier weitere Glocken möchte der Glockenspielverein irgendwann noch anschaffen, um das volle Klangspektrum ausschöpfen zu können. Erst einmal aber muss er in moderne Technik investieren. „Wir müssen den Computer ersetzen, der für das automatische Glockenspiel sorgt“, sagt Rozendaal. Rund 20.000 Euro kosten dies. „Das Teure aber ist nicht der Computer, es sind die Technik und die Anschlüsse, die auch erneuert werden müssen“, erläutert Rozendaal. Die aktuelle Technik ist bereits 25 Jahre alt und wird jedes Jahr für viel Geld gewartet.

Einen Tipp hat Rozendaal abschließend noch für alle Besucher des Carillon-Festivals: „Weshalb auch immer, aber den schönsten Klanggenuss hat man hinter der Kirche, auf der Seite zum Rhein hin.“

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