Freiheit wirkt im Kopf

Heute, 17. August, ab 19 Uhr: Schnupperabend beim 17. Gelderner Turmstipendium

GELDERN. Internationales Flair herrscht zurzeit im Gelderner Wasserturm. Beim 17. Turmstipendium leben und arbeiten ein Syrer, eine Litauerin und eine Deutsche vier Wochen lang in und rund um diesen besonderen, inspirationsreichen Ort am Gelderner Bahnhof. Burhan Muhammad, Katrin Roeber und Almyra Weigel haben seit gut einer Woche Bauwagen und Waggon bezogen und lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Was die Drei bislang geschaffen haben, können interessierte Besucher heute Abend, 17. August, ab 19 Uhr beim Schnupperabend herausfinden.

Burhan Muhammad aus dem syrischen Daraa arbeitet am Wasserturm an seiner Holzskulptur.NN-Fotos (2): nm
Burhan Muhammad aus dem syrischen Daraa arbeitet am Wasserturm an seiner Holzskulptur.NN-Fotos (2): nm

Der 43 Jahre alte Burhan Muhammad hat viel Geschichte im Gepäck. Seit einem Jahr lebt er als Flüchtling in Geldern. „Aber Politik und Krieg sollen hier kein Thema sein. Als Syrer möchte ich mein Leid nicht zu den Menschen hier bringen. Das ist meine Sache“, erklärt er. Er ist davon überzeugt, dass Kriege zwar zum Leben dazu gehören, dass sie aber nicht gut und normal sind.

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Burhan hat die Hoffnung: „Kein Krieg dauert ewig und danach entsteht eine gute Gesellschaft.“ Er möchte, dass die Gelderner ihn in erster Linie als Künstler kennen lernen und als Bildhauer arbeitet er am liebsten mit Holz. Fenster sind ein wiederkehrendes Motiv in seinen Werken. Sie symbolisieren die beiden Perspektiven: Ein Auge blickt nach vorne, das andere in die Vergangenheit; zugleich sind Fenster die Augen eines Hauses.  Während seines Turmstipendiums lässt Burhan einen kleinen Fischschwarm aus Pappelholz entstehen. „Die Fische ziehen im Laufe ihres Lebens durch das Wasser. Damit erinnere ich an die Menschen, die über das Meer geflüchtet sind. Es ist ein Teil ihres Lebens unterwegs zu sein.“

Almyra Weigel aus Litauen knautscht unzählige Zeitungsseiten zur raumfüllenden Installation. NN-Foto: Nina Meyer
Almyra Weigel aus Litauen knautscht unzählige Zeitungsseiten zur raumfüllenden Installation.

Almyra Weigel lebt und arbeitet in Berlin. Für die gebürtige Litauerin stellt die vierwöchige Landpartie eine willkommene Abwechselung zur Großstadt dar. „Während der ersten Tage wollte ich gar nicht raus aus dem Turm, habe alles genossen und auf mich wirken lassen“, erzählt die 52-Jährige. Die Freiheit im Kopf wirken lassen, Zeit haben und abschalten – Almyra ist allmählich in den Schaffensprozess eingetaucht. Das Material für ihre Installationen sind Zeitungspapier, Folien und Gips. Sie lobt die Qualität der örtlichen Presse: „Da hat man kaum Druckerschwärze an den Händen.“ Das Verfahren, mit dem sie die kunstvoll zerknautschten Seiten bearbeitet, hat sie als „Heißkleber-Technologie“ selbst entwickelt. Sie lässt Wolken, Steine und ganze raumfüllende Landschaften entstehen. Im Wasserturm mit seinem originalen Interieur lässt sie sich vor allem von den Röhren, die teils die Etagen miteinander verbinden, inspirieren.

Katrin Roeber aus Düsseldorf bemalt ihre turmrunden Leinwände am liebsten draußen.Foto: privat
Katrin Roeber aus Düsseldorf bemalt ihre turmrunden Leinwände am liebsten draußen. Foto: privat

Für Katrin Roeber liegt der Reiz des Turms vor allem in der grünen Wildnis, die ihn umgibt. Die Düsseldorfer Malerin arbeitet am liebsten draußen, mitten in der Natur. Hier lässt sie Licht und Schatten auf sich wirken. Drinnen und draußen findet sie die Objekte, Gegenstände, Kleinigkeiten und Artefakte, mit denen sie ihre acht kreisrunden Leinwände – ihre Hommage an die runden Räume im Turm – zudem bearbeitet. Ein Mühlstein, alte Holzbuchstaben, eine Madonnen-Statue, ein Bauwagenschild und mehr liefern die Grundlagen für ihre Abdrücke und Frottagen, die sie Schicht um Schicht in ihre Bilder einarbeitet. Das Ergebnis ist ein flirrendes Farbenspiel, das zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit changiert. Die 45-Jährige druckt, malt, schichtet Szenen aus dem verwunschen Garten. Auch sie genießt es, hier „den Kopf frei zu kriegen und loszulassen“.

„So soll es sein. Die Künstler sollen alle Freiheiten haben“, betont Peter Busch, Hausherr und Mitorganisator des Stipendiums, das der Verein KUHnst Turm Niederrhein zusammen mit dem Kunstverein Gelderland, den Freizeitkünstlern Nieder­rhein und mit Unterstützung der Stadtwerke Geldern, der Sparkasse Krefeld und der Stadt Geldern nun bereits zum 17. Mal vergeben hat. Zum morgigen Schnupperabend/Künstlergespräch laden Peter Busch und die Turmkünstler ab 19 Uhr herzlich ein. Das Stipendium endet am Sonntag, 4. September, mit der Ausstellungseröffnung um 11.30 Uhr. Danach ist die Austellung der drei Stipendiaten bis zum 18. September zu sehen. Weitere Infos unter http://www.wasserturm-geldern.de.

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