Am Mittwoch durchsuchten die Ermittler den Saunaclub im Gocher Industriegebiet. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

GOCH. Schwere Vorwürfe gegen die Betreiber des Saunaclubs FKK van Goch: Sie sollen eingeschleuste Ausländerinnen aus Nicht-EU-Ländern zur Prostitution beschäftigen, Steuern hinterzogen und den Frauen das Arbeitsentgelt vorenthalten haben. Die Staatsanwaltschaft Kleve hat die Ermittlungen aufgenommen.

Am Mittwochnachmittag wurde das 3.000 Quadratmeter große Gelände des Saunaclubs im Industriegebiet West mit einem Großaufgebot durchsucht. Zeitgleich wurden ebenfalls zwei Wohnhäuser in Marl und Gladbeck unter die Lupe genommen. Im Fokus der Ermittler steht ebenfalls ein türkischer Staatsangehöriger, der für den Saunaclub arbeiten soll. 140 Beamte von Bundespolizei, Zoll, Steuerfahndung Düsseldorf, Kreispolizeibehörde Kleve, Ausländeramt Kleve sowie den Ordnungsämtern Goch, Gladbeck und Marl waren an der Groß-Razzia beteiligt.

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Laut Bundespolizei wurden bei der Aktion, die bis in die tiefen Abendstunden hinein andauerte, Waffen gefunden – ein Wurfmesser, eine Schlagwaffe (Nunchaku), ein verbotenes Elektroimpulsgerät und eine Softair-Waffe. Diese stellten jeweils einen Verstoß gegen das Waffengesetz dar. Eine Prostitutierte, vermutlich eine mazedonische Staatsangehörige, habe sich mit einer „total gefälschten“ bulgarischen Identitätskarte ausgewiesen, eine andere sei zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben, weil nach ihr bundesweit wegen Urkundenfälschung gesucht werde.

Außerdem seien bei der Durchsuchung in Goch größere Mengen Bargeld gefunden worden. Das und weitere Vermögenswerte seien gesichert worden, da die Staatsanwaltschaft Kleve von einem Steuer- und Sozialabgabeschaden in Höhe von 2,7 Millionen Euro ausgeht. Weiter heißt es in der Pressemeldung: „Die aufgefundenen Beweismittel und ersten Aussagen belasten die Betreiber des FKK-Clubs zum Teil erheblich.“
Bei der im Zuge der Razzia ebenfalls anberaumten Durchsuchung eines Privathauses der Betreiber, in Emmerich-Elten, sei aber nichts gefunden worde, sagt Heinz Onstein, der Sprecher der Bundespolizei in Kleve.

Ulla O., die gemeinsam mit ihrem Mann Johannes den Saunaclub in Goch betreibt, weist im Gespräch mit den NN die Vorwürfe von sich: „Es wurden weder Waffen noch illegale Frauen bei uns gefunden, der Vorwurf hat sich nicht erhärtet.“ Sie selbst besitze eine Schreckschusspistole, für die sie natürlich einen kleinen Waffenschein habe. „Die bewahre ich im Büro auf.“ Das Messer aus ihrem Angelkoffer sei für das Töten der Fische und nicht als Waffe gedacht gewesen, betont sie. Auch den Vorwurf, dass den Frauen in ihrem Betrieb das Geld abgenommen werde, will sie nicht auf sich sitzen lassen. „Die Frauen kassieren selber bei den Gästen ab, da habe ich nichts mit zu tun.“ Im Umkleidebereich würden diese mit ihren Kunden das Geschäftliche regeln. Die Frauen hätten einen Gewerbeschein und zahlten lediglich Eintritt, um im Haus arbeiten zu können.

Man verfahre im FKK van Goch im Übrigen nach dem so genannten „Düsseldorfer Modell“, ein vereinfachtes Vorauszahlungsverfahren, das im Verwaltungsweg geschaffen wurde und nicht gesetzlich geregelt ist: Gewerbetreibende Prostituierte zahlen täglich zehn Euro Steuern, die der Betreiber einsammelt und einmal monatlich an das zuständige Finanzamt abführt. „Wir haben dafür einen Dauerauftrag, unser Konto ist glatt“, sagt Ulla O.

Sie betont, dass im FKK van Goch penibel darauf geachtet werde, ob die Papiere der Frauen in Ordnung sind: „Wir schicken die Frauen weg, wenn sie keine gültige Arbeitserlaubnis haben (Anm. d. Red.: Vorschrift für Frauen aus Nicht-EU-Ländern) und ich rufe die Sitte an, wenn mir Papiere verdächtig erscheinen. Ich arbeite mit den Behörden zusammen“, zeigt sich Ulla O. fassungslos über die Razzia. Der türkische Staatsangehörige, nach dem die Ermittler suchen, arbeite schon lange nicht mehr für den Saunaclub, erklärt sie weiter: „Er war vor drei Jahren Hausmeister bei uns und ich habe ihn damals wegen eines Bandscheibenvorfalls entlassen.“ Das sei sehr unschön gewesen und sie habe seitdem keinen Kontakt mehr mir ihm gehabt. „Wir sind seit zehn Jahren hier in Goch, wir kaufen doch nicht so ein Teil, um mit einem Bein im Gefängnis zu stehen“, fasst Ulla O. zusammen.

Die Staatsanwaltschaft Kleve spricht dagegen nach den ersten Zeugenvernehmungen von deutlichen Hinweisen auf eine nicht selbstständige Tätigkeit der Frauen, wie Pressesprecher Oberstaatsanwalt Günter Neifer, erklärt: „Diese liegt vor, wenn jemand weisungsgebunden ist; ihm gesagt wird, was er zu tun und zu lassen hat.“ So seien im Saunaclub „Strafgelder“ für die Nichtbeachtung von Regeln verhängt worden.
Trotz der Vorwürfe und der hohen Schadenssumme muss Ulla O. nicht in Untersuchungshaft. Bei ihr sei eine Flucht- und Verdunkelungsgefahr nicht gegeben. Das sei sorgfältig geprüft worden, so Günter Neifer: „Sie hat in der Vergangenheit mit den Behörden außerordentlich gut zusammengearbeitet und sie hat bei anderen Verfahren Aufklärung geleistet. Wir gehen davon aus, dass sie sich dem Strafverfahren stellen wird.“

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