„Die Reform löst nicht die Probleme“

Das St.-Clemens-Hospital in Geldern beteiligte sich an bundesweiter Protest-Aktion gegen Krankenhaus-Reform in Berlin

GELDERN.„Krankenhaus-Reform – So nicht!”: Am vergangenen Mittwoch beteiligte sich auch das St.-Clemens-Hospital mit über 60 Mitarbeitern in Berlin an einer Protestaktion, zu der die Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft alle Kliniken bundesweit aufgerufen hatte. Zuvor hatten die Mitarbeiter bei einer „aktiven Mittagspause” mit einer Luftballon-Aktion unter dem Motto „Wir gehen vor Ärger in die Luft” auf die finanziellen Probleme der Krankenhäuser aufmerksam gemacht.

Pflegedirektor Andreas Kohlschreiber 2.v.li.) mit Auszubildenden aus dem Pflegebereich. Foto: privat
Pflegedirektor Andreas Kohlschreiber 2.v.li.) mit Auszubildenden aus dem Pflegebereich.
Foto: privat

Eine Krankenhaus-Reform hat man auch am St.-Clemens-Hospital herbeigesehnt. Jedoch sei der Entwurf für das Krankenhausstrukturgesetz, das am 1. Januar 2016 in Kraft treten soll, eine „Mogelpackung” und schaffe mehr Bürokratie, zeigt sich Christoph Weß, Kaufmännischer Direktor am St.-Clemens-Hospital, verständnislos.

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Die Reform solle die „Finanzierung der Krankenhäuser verbessern”: Die Erläuterungen auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums klingen zunächst einmal vernünftig. Aber: „Das Zusammenspiel im Gesetz hat negative Auswirkungen für Krankenhäuser”, ist Christoph Weß überzeugt. In die Reform sei weniger reingepackt worden als auf der anderen Seite rausginge. Die Schwerpunkte der Reform müssten sein: Qualität, Finanzierung des Personals, Bereitstellung von Investitionsmitteln sowie Notfallversorgung. Geplant ist etwa die Einführung von Qualitätszu- und -abschlägen. Weß hierzu: „Der Qualitätsanspruch ist für uns gelebte Praxis.” Mehr Pflegestellen soll es geben durch Förderungen in Höhe von 660 Millionen Euro. „Für uns hieße dies, drei Stellen mehr, es würde jedoch auf der anderen Seite Geld in Höhe von neun Stellen abgezogen”, zeigt sich Weß verärgert. Denn: „Der Versorgungszuschlag in Höhe von 0,8 Prozent soll entfallen, das bedeutet für uns 290.000 Euro weniger.”

Schon seit Jahren würden Personalkosten nicht adäquat erstattet, insbesondere Tarifsteigerungen würden nicht ausreichend refinanziert. „Die Reform löst dieses Problem nicht”, erklärt Christoph Weß. Ein weiterer Kritik-Punkt sei die Situation der Notfall-Ambulanzen. „Über die Hälfte aller ambulanten Notfälle werden heutzutage in den Krankenhäusern versorgt”, erzählt Christoph Weß. Die durchschnittlichen Kosten für die Krankenhäuser beliefen sich hier auf 120 Euro pro Patient. „Bezahlt werden aber nur 32 Euro”, so Weß. Zur Veranschaulichung führt er aus: „In den Monaten Januar bis August 2015 haben wir in der Notfall-Ambulanz im St.-Clemens-Hospital 8.280 Patienten medizinisch behandelt. Daraus ergeben sich erbrachte, aber nicht vergütete Leistungen in Höhe von 728.640 Euro.” Zum Punkt „Finanzierung” äußert Weß: „Es müssen mehr Investitionsmittel zur Verfügung gestellt werden.” Dieser Aspekt würde in der Reform überhaupt nicht berücksichtigt. „Wir bekommen 500.000 Euro im Jahr für bauliche Instandsetzungen, benötigen jedoch zwei Millionen!”, so Weß. Das könne man nicht auffangen. Die Politik müsse Kliniken mit genügend Finanzmitteln ausstatten, fordert er. Erst kürzlich habe man bei Flüchtlingen erforderliche Röntgenuntersuchungen durchgeführt, Flüchtlings-Kinder am Wochenende stationär behandelt. „Dann soll man Krankenhäuser auch nicht im Regen stehen lassen”, findet Weß. Das anvisierte Gesetz biete keinen Ausweg aus der Finanzmisere, sondern würde diese noch verschärfen, ist Christoph Weß überzeugt. Jedoch glaube er nicht, dass „das so kommt,” sprich, nicht nachgebessert würde. „Im Jahre 2010 haben wir auch gegen die damals geplante Reform protestiert. Erfolgreich! Und seinerzeit ist nachgebessert worden,” umreißt Weß seine Einschätzung.

 

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