Anleitung zum Demütigsein

BEDBURG-HAU. Vielleicht sollte Greta zur Eröffnung kommen oder sonst irgendwann, so lange „Natura Artis Magistra“ (Die Natur als Lehrmeisterin der Kunst) in Moyland zu sehen ist, denn irgendwie ist, was man dort sehen kann, ein Weltprotokoll. Vielleicht sollten Tränenfläschchen bereit stehen: für das Schöne. Für den Schmerz. Für Aufstieg und Untergang.

Liebserklärung an das Natürliche

Es geht um das Ausloten des Verhältnisses von Natur und Kunst und was da im Erdgeschoss des Museums und in der „Kellerabteilung“ zu sehen ist, darf als Liebeserklärung an das Natürliche verstanden werden.
Dinge liegen in der Luft: 20 Kilometer weiter – im Kurhaus Kleve – geht es ebenfalls um Weltsichten, Ansichten, Umsichten – um das, was wir aus der Welt gemacht haben.
Dinge liegen in der Luft. Was in Moyland zu sehen ist, kanndarfmuss poetisch genannt werden. Man gerät ins Staunen und fast könnte man in Schönheit ertrinken, bevor klar wird, dass Schönheiten dieser Art längst in Lebensgefahr schweben – dass die Kunst zur Kuratorin geworden ist. Schweben ist ein falsches Wort – es lässt ans Schwerelose, Unbeschwerte denken.

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Eine Insel

„Natura Artis Magistra“ ist kein Kunstzeigefinger – eher eine Insel. Es braucht nicht viel Denkaufwand um zu begreifen, dass es nicht um eine Insel der Seligen geht. Da versuchen Künstler im Sturm des Untergangs eine Flamme anzuzünden – da haben sie sich auf den Weg ins Schöne gemacht und zwischendurch stockt einem der Atem. Alles ist oder wird irgendwie wunderbar. „Das Thema Natur ist im gegenwärtigen Kunstdiskurs hochaktuell. Die breit gefächerte künstlerische Auseinandersetzung mit der Naturthematik äußert sich dabei unter anderem in Werken aus Naturmaterialien und in Arbeiten, die durch die Natur inspiriert sind – die Natur als Lehrmeisterin der Kunst. Solchen Kunstwerken ist die Ausstellung gewidmet“, heißt es in einem Text zur Ausstellung.
Natürlich stimmt das, denkt man und denkt auch: Vielleicht sollte nicht zu viel geschrieben werden, wenn, was zu sehen ist, sich so sehr selbst erklärt. Vielleicht sollte man vor dem Betreten der Ausstellung den internen Bilderspeicher leeren und auf das Programm „poetische Saugkraft“ umschalten.

Schönheit beamen

Bionik ist das Übertragen natürlicher Phänomene auf die Technik – „Natura Artris Magistra“ ist das Beamen von Schönheit in die Seele. Am Ende (ent)steht etwas irgendwie Großes – fühlbar aber nicht mit Sprache zu fassen. „Natura Artis Magistra“ ist ein großpoetischer Wurf, ein gesamtdramaturgisches Ereignis, das besitzergreifende Kraft und Sogwirkung hat. Und noch eines ist die Ausstellung: eine Anleitung zum Demütigsein angesichts des Wunderbaren. Zu sehen sind Arbeiten von Anna Artaker, Angela Flaig, Giuseppe Licari, Claire Morgan, Anja Maria Strauss, Elvira Wersche sowie eine Auswahl von Werken aus der Sammlung des Museums mit James Lee Byars, Joseph Beuys, Paul Damsté und Corrado Lorenzo. Parallel zur Ausstellung sind unter dem Titel „Denkfabrik – künstlerische Intervention“ Arbeiten von Ilka Sulten zu sehen. Die Ausstellung ist bis zum 15. Februar nächsten Jahres zu sehen. Die Eröffnung findet am Samstag, 22. August, um 18 Uhr (bei gutem Wetter im Freien) statt. Zur Ausstellung ist ein äußerst sehenswerter Katalog (28 Euro im Museumsshop) erschienen.

Claire Morgan beim Aufbau ihrer atemberaubenden Arbeit. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Museum Schloss Moyland im Internet

 

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