NIEDERRHEIN. Möglichkeiten aufzeigen und Klischees widerlegen: Die Ziele des Projekts „Jobsurfing Niederrhein“ sind simpel, das Konzept dahinter genauso: Ab Mitte April sollen zwei Jobsurfer zwischen 18- und 25 Jahren innerhalb von zehn Wochen in zehn verschiedene Berufe eintauchen, um ihre Erfahrungen über verschiedene Social-Media-Kanäle mit der Öffentlichkeit zu teilen – von jungen Leuten, für junge Leute. Noch bis einschließlich Sonntag, 17. März, suchen die Veranstalter eine junge Frau und einen jungen Mann, die dieses Abenteuer wagen wollen.

So locker das Projekt klingt, der Hintergrund ist ernst: Der Fachkräftemangel wird immer gravierender und auch an Azubis mangelt es immer mehr. „Vor drei, vier Jahren war das am Niederrhein noch ein bisschen anders“, sagt Ute Neu. Sie ist Geschäftsführerin der für das Projekt verantwortlichen Leader-Region „Leistende Landschaft“ (Lei.La), zu der sich die vier Kommunen Geldern, Kevelaer, Straelen und Nettetal zusammengeschlossen haben. Um Erfahrungen zu sammeln, würden sich junge Menschen häufig für ein Studium entscheiden, sagt sie. Nur stelle sich das Studium manchmal nicht als das richtige heraus.

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Umso wichtiger finden es die Veranstalter und ihre Partner, dem Nachwuchs die großen Potenziale der vielseitigen Berufswelt am Niederrhein zu vermitteln. Damit sich junge Menschen möglichst frei orientieren können, möchte man mit „Jobsurfing Niederrhein“ gleich mit angestaubten Klischees aufräumen. Von denen gibt es viele und sie betreffen nicht nur Geschlechterklischees oder veraltete Vorstellungen von den Berufen und ihren Voraussetzungen.

Hier bringt Ute Neu die Sichtweise der Eltern ins Spiel, die im Studium oft eine Möglichkeit sähen, mit der sich das Kind noch nicht für die Zukunft festlegen müsse. Nur: mit einer Ausbildung tue man das auch nicht, betont Uwe Bons, Wirtschaftsförderer in Straelen. Eher das Gegenteil sei der Fall: Die Ausbildung könne ein Einstieg in einen differenzierten Berufsweg sein. Oft gebe es auch gute Fortbildungen und ein gutes Gehalt, sagt Bons. „Aber keiner weiß es.“

Authentische Einblicke

Damit sie erfahren, worauf sie sich einlassen, möchte man jungen Menschen nun über das Projekt „Jobsurfen am Niederrhein“ konkrete Einblicke in bestimmte Berufe geben. Damit das funktioniert und die Zielgruppe tatsächlich angesprochen und mitgenommen wird, braucht es natürlich die richtige Sprache. Um die zu finden, haben sich die Verantwortlichen im Vorfeld von jungen Leuten beraten lassen. Ab April sollen daher zwei junge Jobsurfer über Kanäle wie Instagram, TikTok, Facebook und Youtube in Bild, Video und Text darüber berichten, wie das Arbeitsleben aussieht, wie man sich weiterbilden und wo man die eigenen Fähigkeiten gut einbringen kann. „Das Projekt soll Lust auf eine Ausbildung machen und dafür sorgen, dass man zumindest über sie nachdenkt“, erklärt Ute Neu.

Jobsurfing Niederrhein: Die Anforderungen

Dann gibt es da noch die projekteigene Homepage unter www.jobsurfing-niederrhein.de. Hier werden in Zukunft nicht nur die Videos zu den jeweiligen Berufen hochgeladen, hier gibt es bereits jetzt das Anforderungsprofil der Jobsurfer zum Nachlesen sowie ein Erklärvideo zum Projekt.

Um die Werbetrommel zu rühren, setzten die Verantwortlichen nicht nur auf einen Teaser-Trailer auf Kanälen wie TikTok, Instagram und Facebook, sondern auch auf Poster in Einrichtungen, „in denen sich die Jugendlichen aufhalten“, sagt Frank Wöbbeking von der Agentur document1.

Damit das Projekt ein Erfolg werden kann, gibt es natürlich ein paar Anforderungen an die Bewerber. Diese müssen einen Führerschein und ein Auto mitbringen, daher liegt das Mindestalter bei 18 Jahren. Die Art der geplanten Beiträge macht zudem deutlich: „Wir suchen Menschen, die den sozialen Medien zugewandt sind und eine Affinität dafür haben, das eigene Erleben in Wort und Bild zu vermitteln“, sagt Anne van Rennings, Regionalmanagerin bei Lei.La.

Damit die Beiträge so authentisch wie möglich ausfallen, sollten Bewerber Offenheit und Neugierde für ihre Region mitbringen, sich für ein Abenteuer in der hiesigen Berufswelt interessieren und Lust haben, anderen davon zu erzählen. Bei der Erstellung der Inhalte können sich die beiden Jobsurfer aber auf die Unterstützung der Agentur document1 verlassen. In den vier Partnerkommunen müssen sie zwar nicht leben, am Niederrhein allerdings schon – auch um die Unternehmen erreichen zu können, die allesamt in den vier Kommunen liegen werden.

Zehn Wochen am Stück werden die Auserwählten nicht tätig sein müssen. Da sie nicht in dieselben Berufe hineinschnuppern werden, besteht die Möglichkeit, sich abzuwechseln. Für die geleistete Arbeit soll es ein „faires Honorar“ geben, sagen die Verantwortlichen. Wer Lust hat sich zu bewerben, dreht einfach ein maximal 60-sekündiges Bewerbungsvideo, das auf jeden Fall eine Frage beantworten sollte: „Warum bist genau du unser künftiger Jobsurfer?“ Das Bewerbungsportal befindet sich auf der Homepage.

Element der Überraschung

Konkrete Infos darüber, um welche Berufe es sich genau handeln wird, lassen sich die Organisatoren noch nicht entlocken – auch, um den Überraschungseffekt zu wahren.
Nur so viel verrät Frank Wöbbeking: Es geht um Mangelberufe, wie man sie oft im Handwerk findet, um Berufe der Versorgung, außergewöhnliche Berufe und Alleinstellungsmerkmale in der Region, zu denen etwa der Gartenbau zählt. Ein Fokus liegt auch darauf, Jobs vorzustellen, von denen oft geglaubt wird, dass es ohne Studium nicht geht: zum Beispiel in der IT.

Das Projekt soll voraussichtlich im Oktober enden. Die Homepage soll aber auch darüber hinaus als Anlaufstelle erhalten bleiben, um Ausbildungsberufe sichtbarer zu machen.

Die Unterstützer
Unterstützt wird das Projekt von der Kreishandwerkerschaft Kleve, dem Verein Agrobusiness Niederrhein und den Wirtschaftsförderungen der beteiligten Kommunen. Mit einem Betrag in Höhe von 150.000 Euro wird das Projekt darüber hinaus durch das NRW-Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie durch die Europäische Union gefördert. Damit sind 65 Prozent der Kosten gedeckt.
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