Der Arbeitsalltag eines Rechtsanwalts: Abwechslungsreich und spannend. NN-Fotos: Theo Leie

NIEDERRHEIN. „Paragrafenreiter“- diesem Vorurteil begegnen Rechtsanwälte heutzutage wohl weniger, es gebe sie aber trotzdem noch. „Es sind Klischees, an denen nach meinem Empfinden aber nichts dran ist“, sagt Jürgen Verhoeven. Der 62-Jährige ist seit 1990 Rechtsanwalt und seit 2004 Teilhaber der Kanzlei „Verhoeven und Partner“ in Geldern.

Besonders die Vielfältigkeit und der Facettenreichtum des Berufs mache für ihn die Begeisterung als Anwalt aus. „Manche Fälle können thematisch sehr ähnlich sein, zum Beispiel habe ich es im Strafrecht öfter mit Fällen zu tun, in denen Menschen auf Betrugsmaschen von Telefongesellschaften oder Enkeltricks hereingefallen sind. Dennoch steckt hinter jedem neuen Fall immer ein neuer Mandant und somit auch ein neuer Mensch.“

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Für Verhoeven ist der Beruf, mehr als die Anwendung und stupides Herunterrasseln von Gesetzestexten. Empathie und Offenheit ist gefragt: „Viele Mandanten haben erst große Berührungsängste mit ihren Problemen einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Unsere Aufgabe ist es, ihnen diese Angst zu nehmen und auch ihre Not zu verstehen.“

Ziel “Jurist”: Der Ablauf des Studiums

Bis man als Jurist allerdings Mandanten beraten kann, ist es ein zugegebenermaßen langer Weg. Das Jurastudium unterteile sich in drei Phasen: Das Grundstudium, der Schwerpunktbereich und das Repetitorium. „Das Grundstudium umfasst in der Regel vier Semester und es werden vor allem Grundlagen in den Rechtsgebieten Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht vermittelt. Das Grundstudium schließt dann mit einer Zwischenprüfung am Ende des vierten Semesters ab“, erläutert Verhoeven.

Der darauffolgende Schwerpunktbereich dauert zwei Semester und die angebotenen Schwerpunkte variieren von Universität zu Universität. Einige Beispiele für solche Schwerpunkte sind Kriminalwissenschaften, Wirtschaft und Unternehmen, Arbeit und Soziales oder Rechtsgestaltung und Streitbeilegung.

Fast geschafft!

Nach dem Schwerpunktstudium folgt das Repetitorium. „Das Repetitorium dauert noch einmal zwei Semester. Hier werden die vergangenen Semester wiederholt und sich auf das anstehende Examen vorbereitet.“
Das Studium schließe laut Regelstudienzeit nach dem achten Semester mit dem ersten Staatsexamen ab. Dieses könne sich durch eventuelle Auslandssemester aber auch nach hinten verschieben.

Nach dem ersten Staatsexamen folgt das zweijährige Referendariat, in dem verschiedene Stationen der juristischen Arbeit durchlaufen werden. Am Ende dieser Zeit steht dann das zweite Staatsexamen an.

Nach dem zweiten bestandenen Examen, gibt es mehrere berufliche Möglichkeiten. Fällt die Wahl auf eine Tätigkeit als Rechtsanwalt in einer Kanzlei, kann man sich auf einen sehr abwechslungsreichen Alltag freuen. „Man arbeitet nicht nur mit vielen individuellen Fällen und Mandanten zusammen, sondern auch mit vielen Mitarbeitern, welche Anwälte besonders in der Verwaltung unterstützen“, erklärt Verhoeven weiter.

Jürgen Verhoeven berät seit mehr als 30 Jahren seine Mandanten in Rechtsfragen und würde seinen Beruf jederzeit wieder wählen.

Ein typischer Arbeitsalltag

„An Vormittagen sind meistens Gerichtstermine, während man die Nachmittage hauptsächlich in persönlichen Gesprächen mit den Mandanten verbringt. Grundsätzlich müssen diese Termine dokumentiert werden. Manche Kollegen nehmen den Inhalt bereits während der Anwesenheit des Mandanten auf, andere -wie auch ich- machen sich während des Termins Notizen. Anschließend kann man seine Gedanken sammeln und den Termin Revue passieren lassen, um ihn entweder zu Papier zu bringen oder zu verwerfen“, wie der 62-Jährige erklärt.

Die persönlichen Gespräche mit den Mandanten, sind neben dem selbstständigen Arbeiten, noch ein weiterer Teil, den Verhoeven an seinem Beruf besonders schätzt. Etwas, das wie eine Selbstverständlichkeit wirkt, bei weitem aber keine sei.

Das hebe die Vorteile einer Kanzlei wie „Verhoeven und Partner“ in kleinen Städten wie Geldern hervor. Die Kanzlei am Ostwall betreut selbst regelmäßig Praktikanten, Studierende und Referendare und Verhoeven wünscht sich für die Zukunft, dass wieder mehr juristischer Nachwuchs die Vielfältigkeit der Arbeit auf dem Land anerkennt.

Fachkräftemangel nicht nur im Handwerk

Verhoeven spricht auch einen Fachkräftemangel auf dem Land an, welcher mit diesem Problem zusammen hängt. „Auch wenn viele junge Menschen Jura studieren, orientieren sie sich beruflich meistens an Großstädten. In Städten wie Düsseldorf oder Köln gibt es sehr große Firmen und Kanzleien mit vielen Mitarbeitenden, gleichzeitig rückt dort dann aber auch der persönliche Kontakt zwischen Jurist und Mandant in den Hintergrund.“
Trotz des teilweise anspruchsvollen Werdegangs und vielen Prüfungen die man bis zum Ziel absolviert, steht für den Juristen eine Sache fest: „Ich würde jederzeit wieder Jura studieren und Anwalt werden.“

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