NIEDERRHEIN. Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hielt die ausführlichste Dankesrede, Journalist Stefan Aust die kürzeste und Politiker Gregor Gysi die amüsanteste: Hätte er 1990, nach der deutschen Einheit, die Behauptung aufgestellt, dass er 2021 in Kalkar einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk erhält, Seite an Seite mit Ralph Siegel, Heino und Alfons Schuhbeck, wäre er sicherlich in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen worden: „Und ich hätte dem zugestimmt – so illusionär hätte das damals geklungen“, betonte der „Politiker mit Ecken und Kanten“, wie ihn sein Laudator Rainer Calmund nannte.

Der Reisesender Sonnenklar.TV feierte im Wunderland Kalkar sein 20-jähriges Bestehen, den zehnten Geburtstag seines stetig wachsenden Tourismus- und Medienpreises „Goldene Sonne“ und die Lebensleistung prominenter Menschen aus Show, Sport, Politik und Gesellschaft. Die Geehrten feierten in ihren Reden wiederum das Leben, das Alter und die Tatsache, dass anderthalb Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie endlich wieder ein Großevent mit 1000 Gästen stattfinden durfte.

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Feiern mit Abstand

Alle Preisträger, Laudatoren und Musiker, alle geladenen und zahlenden Gäste mussten im Vorfeld einen Nachweis erbringen, dass sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind. In der 6000 Quadratmeter großen Messehalle sorgten 30 „Stand Alone Lüfter“ am Boden und zehn „Ionen-Booster“ an der Decke für keimfreie Luft, die Masken durften nur am Sitzplatz abgenommen werden. Das Ergebnis war dann aber auch, dass im festlich hergerichteten Saal eine ungewohnte Normalität herrschte, die jeden Lockdown und Inzidenzwert vergessen ließ. Stefan Aust, ausgezeichnet für sein journalistisches Lebenswerk, sprach denn auch von einer „ziemlich altmodischen Veranstaltung“ im positiven Sinne. Das Land sei gerade dabei, „aus dem Winterschlaf zu erwachen, und ich finde das grandios. Dafür hat es sich gelohnt, 75 Jahre zu arbeiten.“

Vier Stunden Programm

Paul Potts und Annemarie Eilfeld. Foto: Sonnenklar.TV/Max-Josef Kuchler

Die vierstündige Gala, die live auf Sonnenklar.TV und mehreren Spartensendern übertragen wurde, begann mit einem emotionalen Höhepunkt: Komponist Ralph Siegel ließ seine Tränen fließen, als ein 40-köpfiges Ensemble Auszüge aus dem Siegel-Musical „Zeppelin“ (Premiere am 16. Oktober in Füssen) aufführte und der mehrfache „Eurovision Song Contest“-Gewinner Johnny Logan vor Deutschlands „Mister Grand Prix“ auf die Knie fiel.

Henry Maske auf dem roten Teppich. Foto: Michael Scholten

Boxweltmeister Henry Maske erhielt die Goldene Sonne für das soziale Engagement seiner Stiftung „A Place for Kids“. Der „Gentleman-Boxer“, mit lediglich 57 Jahren der Junior unter den Preisträgern, beeindruckte aber auch durch seine durchtrainierte Gesamterscheinung. Er brauchte definitiv keine Ratschläge von Preisträger und Sternekoch Alfons Schuhbeck, der die gewürzreiche und maßvolle Küche würdigte und einen wichtigen Tipp bereithielt: „Dick wird man nicht zwischen Weihnachten und Neujahr, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten.“ Schauspielerin Elke Sommer, 2018 selbst mit einer Goldenen Sonne geehrt, pries Alfons Schuhbeck als „ein Unikat“ und schenkte ihm Ingwer aus dem Frankenland.

Zwei Goldene Sonnen für Schlagerstar Heino

Heino wurde mit gleich zwei Goldenen Sonnen ausgezeichnet. Foto: Michael Scholten

Schlagerstar Heino nahm von seinem Freund und Kollegen Peter Orloff gleich zwei Goldene Sonnen entgegen: Eine geht an seine Frau Hannelore, die am Samstag in Kalkar fehlte und die in 42 Jahren Ehe viele wichtige Entscheidungen für die Karriere ihres Mannes traf. Begleitet von Franz Lambert am Keyboard, sang Heino das Lied „Es war am Anfang“. Weitere Musiker der Gala waren Tony Christie, Paul Potts, Annemarie Eilfeld, die Söhne Mannheims und Stefanie Hertel mit ihrer Band „More than Words“.

Preisträger Lech Walesa mit Dolmetscherin. Foto: Sonnenklar.TV/Max-Josef Kuchler

Die „Tagesschau“ musste am Samstag ohne ihren Chefsprecher Jens Riewa auskommen. Der hatte kurzfristig seinen Dienst getauscht und war von Hamburg nach Kalkar gefahren, um eine äußerst würdevolle Laudatio auf Lech Walesa zu halten. „Dass er heute Abend hier sein kann, ist seine eigene Lebensleistung“, sagte Riewa über den Friedensnobelpreisträger, der einst vom Werftarbeiter zum ersten demokratisch gewählten Staatspräsidenten Polens aufstieg. Er sei ein „großartiger Visionär, ein Held und ein Vorbild für Millionen.“ Lech Walesa, der erst gegen 22 Uhr unter starken Sicherheitsvorkehrungen die Messehalle betrat, sprach sich in seiner Dankesrede gegen den Kommunismus aus. Er forderte Deutschland auf, künftig wieder eine stärkere Führungsrolle in Europa zu übernehmen, damit bislang erreichte Ziele in der Union nicht zerstört werden. Seine Kritik richtete sich dabei vor allem gegen Ungarn und Polen.

Urlaubsziel des Jahres: Griechenland

Neben den sieben Ehrenpreisträgern zeichnete Sonnenklar.TV auch touristische Leistungen aus. Griechenland war das Urlaubsziel des Jahres 2021. Geehrt wurden die Familie Zwick als Pioniere im Deutschlandtourismus sowie das Falkensteiner Schlosshotel Velden. Die erstmals verliehene Goldene Sonne für nachhaltiges Reisen ging an das Zertifikat GreenSign und an das Waldhotel Stuttgart, die neue Goldene Sonne Digital erhielt der Reiseblog „dreamteamarroundtheworld.de“ von Annika und Mathias Koch. Laudatoren für die touristischen Preise waren altgediente Moderatoren wie Jean Pütz, Peter Illmann, Harry Wijnvoord, Werner Schulze-Erdel und Ulli Potofski.

Künstlerischer Leiter und Regisseur der Gala, die zum vierten Mal im Wunderland Kalkar stattfand, war erneut Holm Dressler. Das weitverzweigte Kontaktnetz des früheren „Wetten, dass..?“-Produzenten trug entscheidend dazu bei, dass viele große Namen erstmals den Weg an den Niederrhein fanden. Dass der Slogan „Niederrhein. So gut. So weit“ vier Stunden lang prominent auf der riesigen Digitalwand hinter den Prominenten prangte, dürfte ebenfalls zur bundesweiten Steigerung der Bekanntheit einer Region beigetragen haben.

Glanz und Glamour am Niederrhein

Auch sonst profitierte der Niederrhein von der Goldenen Sonne: Fast 1000 Hotelgäste waren in den Kreisen Kleve und Wesel untergebracht oder nahmen an Ausflügen in die Sponsorenstädte Emmerich, Xanten, Kevelaer und Kempen teil. Die junge Reeser Firma „Event Shuttle“ von Andreas Schmitz hatte den Auftrag an Land gezogen, alle Ehrengäste mit schwarzen Limousinen an den roten Teppich zu bringen: vom unbestrittenen Prominenten bis zu den schrill-bunten Paradiesvögeln aus diversen Reality-TV-Formaten. Professor Dirk Reiser von der Hochschule Rhein-Waal in Kleve durfte auf der Bühne für nachhaltiges Reisen werben, während die Xantener Restaurantchefin Angela Janßen mit ihrem „Wunderland Kalkar“-Küchenteam ein großartiges Buffet aus niederrheinischem Rindfleisch und Gemüse sowie niederländischem Fisch zauberte. Michael Scholten

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