Wenn’s los geht, wird es gut oder: Das Kino lebt

KLEVE. „Das Kino lebt“, sagt Reinhard Berens. Wir sitzen im leeren Foyer des Tichelpark-Kinos und ich denke nur: Was hat der denn eingenommen?

China und Neuseeland

Schnell stellt sich heraus, dass Berens nicht vom Hier und Jetzt spricht – zumindest spricht er nicht über das Hier. „In China und Neuseeland läuft derzeit der Kinobetrieb wieder an und die Zahlen sind gigantisch. Wir erleben die Renaissance des Kinos.“ Okay. Schön zu hören. Und wie sieht Berens die Chancen auf Kino – sagen wir: hier? „Wenn alles gut läuft, können wir vielleicht im Sommer unter Teil-Lockdown-Bedingungen wieder starten. Ich bin zuversichtlich, dass dann auch bei uns etwas Ähnliches passieren wird.“ Voraussetzung dafür sei allerdings, dass es europaweit wieder anläuft. „Kino beschränkt sich ja längst nicht mehr auf ein Land. Die Verleiher sind und denken global. Es ist nicht vorstellbar, dass – sagen wir – in Italien der neue Bond in die Kinos kommt und in Österreich nicht.“

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Kein Autokino in Kleve

Auf die Frage, ob es denn vielleicht zwischen jetzt und einem potenziellen Kinoneustart im Sommer in Kleve wieder Autokino geben wird, schüttelt Berens den Kopf. „Ich denke nicht. Wir haben das im vergangenen Jahr hinbekommen und haben am Ende – im Gegensatz zu den meisten anderen Betrieben, die Autokino angeboten haben – keine roten Zahlen geschrieben, aber ein zweites Mal würden wird das nicht schaffen.“ Aber wird da nicht demnächst in Rees etwas in dieser Art stattfinden? „Rees ist ein komplett anderes Modell. Da bin ich quasi ein Dienstleister und nicht der Veranstalter.“ Autokino, so Berens, sei ja auch ein irreführender Begriff. „Autokino bedeutet ja nicht nur Kino – es ist momentan die einzige Plattform, die unter Corona-Bedingungen ein kulturelles Bühnenangebot machen kann. Dazu gehören dann eben auch Kabarett, Kleinkunst, Konzerte.“

Keine Entlassungen

Sieben Wochen existierte im vergangenen Jahr das Klever Autokinoangebot. „Allein die Miete für die LED-Leinwand hat in diesen sieben Wochen 60.000 Euro betragen. Da sind alle anderen Kosten noch nicht eingerechnet.“
Wie steht es eigentlich um die Belegschaft des Klever Kinos? Entlassungen habe er noch nicht aussprechen müssen. Zwar seien alle Mitarbeiter in Kurzarbeit, aber das sei allemal besser als eine Kündigung. „Momentan findet ja auch jeweils freitags und samstags zwischen 18 und 20 Uhr Popcornverkauf im Kino statt. Natürlich erzielen wir dabei Umsätze, aber die sind eher symbolischer Natur.“ 300.000 Besucher – das war „damals“ vor Corona die Bilanz. „Im vergangenen Jahr waren es an die 50.000, und dabei ist das Autokino mit eingerechnet.“

Waren vernichtet

Nicht nur, dass keine Filme gezeigt werden können, „wir mussten im vergangenen Jahr Waren im Verkaufswert von 25.000 Euro vernichten. Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum von – sagen wir – Chips abgelaufen ist, dürfen wir sie ja nicht mehr verkaufen. Und das gilt für alle Waren unseres Sortiments, die ein Mindesthaltbarkeitsdatum tragen“, sagt Berens und zeigt einen Twix-Riegel. „Dass wir momentan an Wochenenden Popcorn verkaufen, hat am Ende ja auch einen fast therapeutischen Charakter. Es zeigt: Hey, Leute, wir sind noch da. Es gibt uns noch. Haltet uns die Treue. Es ist aber auch für alle, die hier arbeiten ein wichtiges Zeichen. Wir stecken den Kopf nicht in den Sand.“
Sollte im Sommer der Kinobetrieb wieder anfahren können, brauche man locker einen Vorlauf von vier Wochen, denn momentan seien aber auch die Lieferketten unterbrochen. „Viele unserer Zulieferer sind ja auch vom Lockdown betroffen.“

Material ist genügend vorhanden

Ist denn eigentlich genügend Filmmaterial für den Neustart vorhanden? „Was an Filmen noch nicht ausgewertet wurde, reicht locker, um bis zum Jahresende zu kommen“, so Berens. Er befürchte allerdings im Frühjahr nächsten Jahres einen Engpass. „Es sind ja auch viele Produktionen coronabedingt gestoppt worden.“ James Bond – noch in diesem Jahr? Berens Antwort: „Ja.“
Wie wichtig sind eigentlich die Sozialen Medien in Zeiten des Lockdowns? Berens: „Für uns ist das enorm wichtig.“ Kürzlich hat Berens ein Bid gepostet. Im oberen Teil des Bildes: ein voller Flieger. Dazu der Text: „Wir wünschen allen Teneriffa- und Mallorca-Buchern einen schönen Osterurlaub. Kommt einfach gesund zurück.“ Im unteren Teil: ein komplett leerer Kinosaal. Hoffen wir, dass die Renaissance des Kinos nicht nur in China und Neuseeland stattfindet, sondern sich hier fortsetzt: im Sommer.

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