Wenn die Küche kalt bleibt

KLEVE. Gerichtstage können sich hinziehen. Da ist es gut, wenn ein Pausenort zur Verfügung steht: Ein bisschen Quatschen, ein Kaffee, was essen …

Unterricht statt Essen

Gerichtskantinen sind solcher Orte. Derzeit wird die Klever Gerichtskantine als Schulungsraum betrieben. Kein Kaffee, nichts zu Beißen – dafür Unterricht für bis zu 14 Referendare. Wolfgang Böhmer, Geschäftsleiter beim Landgericht Kleve: „Seit dem 1. Juli haben wir für die Kantine keinen Pächter mehr.“

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Gewinne, Gewinne

Man blickt zurück. Mehr als 25 Jahre lang war Rüdiger Hendricks Chef in der „Leibgerichtskantine“. 2016 folgte der Neustart mit dem neuen Pächter Janes Warnke. Der blieb bis Dezember 2018. Im Januar 2019 folgte „4 K Services“. Aber auch „4 K“ hat das Handtuch geworfen. Wolfgang Böhmer: „Man muss als Pächter ja auch Gewinne erwirtschaften.“ Das scheint für die letzten beiden Pächter nicht möglich gewesen zu sein.
Schon im Frühling hatte das Landgericht per Inserat einen neuen Pächter gesucht. Wolfgang Böhmer: „Die Ausschreibung ist ohne Echo geblieben. Es hat sich kein Interessent gemeldet.“ Das habe, so Böhmer, sicherlich nicht zuletzt auch an der Corona-Krise gelegen. Niemand lasse sich unter diesen Umständen auf ein solches Projekt ein.

Andere Zeiten

„Dazu kommt, dass sich im Lauf der Jahrzehnte natürlich auch das Umfeld und die Erwartungen der Gäste geändert haben.“ Mit „Umfeld“ meint Böhmer die Konkurrenz-Situation. „Es gibt die Kreiskantine, aber auch wenn sie von der Burg aus ein paar Schritte Richtung Stadt gehen, findet sich ein breites Angebot. Das macht die Situation nicht einfacher.“ Der Pächter der Kreiskantine, die Haus Freudenberg GmbH, habe kein Interesse an der Gerichtskantine gezeigt. Böhmer: „Wir werden im Herbst neu über die Situation nachdenken.“ Möglich, dass es eine erneute Ausschreibung geben wird. Fest steht: es wäre schade, wenn die Gerichtskantine für immer geschlossen bliebe.

Die Forschung und der Karnveal

Längst ist an anderer Stelle darüber geforscht worden, ob Richter vor der Mittagspause anders urteilen als danach. Studierende der Ben Gurion Uni-versity untersuchten 1.112 Urteile und kamen, wie „Die Welt“ 12. April 2011 berichtete, zu erstaunlichen Ergebnissen: „Hungrige Richter fällen härtere Urteile. […] Kurz vor der Mittagspause hat die richterliche Güte ihren Tiefpunkt erreicht.“ Nicht untersucht wurde die Auswirkung der Menuzusammenstellung.
Gerichts-Haustechniker Udo Trepmann sieht ein weiteres „Problem“: „Bei der Kantine geht es ja unter anderem auch um die Altweiberfastnacht. Der Möhneball auf der Burg ist die zweitgrößte Veranstaltung, die an diesem Tag in Kleve stattfindet.“

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