Existenzangst beim Zirkus Kübler

Marie Voß und Robano Kübler hängen wegen Corona mit ihren Tieren im Winterquartier in Nieukerk fest

KERKEN. Marie Voß und Robano Kübler sind gerade mit dem Moskauer Circus im süddeutschen Raum auf Tour, als im März die Corona-Pandemie auch in Deutschland ausbricht. Wenige Tage später kommt es zum Lockdown. Die Tournee des Moskauer Circus wird abgebrochen, Voß und Kübler müssen mit ihren Tieren wieder zurück ins Winterquartier in Nieukerk. Dort harren sie seitdem aus, hoffen auf ein Ende der Pandemie – und bangen um ihre Zukunft. „Alles ist sehr angespannt“, sagt Voß und spricht offen von einer gewissen „Existenzangst.“

Seit fünf Jahren touren Marie Voß (25) und ihr Mann Robano Kübler (29) als Subunternehmer mit großen Zirkussen durch Deutschland und das europäische Ausland. Sie werden mit ihren Tiernummern engagiert, darunter Hunderevue, Ponydressur und Tigernummer als Hauptacts. Von März bis Dezember sind sie unterwegs, nach der Wintersaison reisen sie für gut zwei Monate ins Winterquartier in Nieukerk. „Hier haben wir perfekte Bedingungen für unsere Tiere“, betont Voß. Neben Stallungen vor allem ausreichend Auslauf. Für diese Zeit bilden sie während des restlichen Jahres die finanziellen Rücklagen, für laufende Kosten – allen voran Futterkosten.

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Keine Einnahmen, die Kosten laufen weiter

Aufgrund von Corona und des Verbotes von Großveranstaltungen, das gerade bis mindestens Ende Oktober grundsätzlich verlängert worden ist, sitzt der Zirkus Kübler weiter in Nieukerk fest. Einnahmen gibt es nicht, die Kosten laufen weiter. Und das Geld wird langsam knapp. „Selbst die Soforthilfe hätte den Verdienstausfall für einen so langen Zeitraum nicht aufgewogen“, sagt Voß. Ihr Antrag auf Soforthilfe wurde aber abgelehnt. Das Problem: Während sie in NRW relativ unkompliziert zu beantragen ist, gelten in Niedersachsen – dort ist der Zirkus Kübler gemeldet – strengere Auflagen. Notwendige Dokumente konnten Voß und Kübler aufgrund einer einjährigen Tournee im Ausland nicht vorlegen – Antrag abgelehnt. „Generell ist das ‚fahrende Volk‘ am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen“, ist Voß überzeugt.

In den ersten Wochen des Lockdowns war es besonders schwierig. Da viele Schlachthöfe schließen mussten, explodierten die Preise für Fleisch. Die Bengaltiger und sibirischen Tiger, darunter ein seltenes fast weißes Exemplar, benötigen aber knapp zwei Tonnen Geflügel- und Rindfleisch im Monat. Hinzu kommen Heu, Kraft- und Hundefutter sowie Obst für die anderen Tiere. Futterspenden aus der Bevölkerung halfen dem Zirkus durch diese schwierige Zeit.

Zirkus Kübler hofft auf Unterstützung

Auch diese Spenden gehen nun zur Neige. Voß und Kübler hoffen aber auf weitere Unterstützung aus der Bevölkerung. „Inzwischen ist es nach den Lockerungen möglich, sich unsere Tiere vor Ort anzusehen“, lädt Voß zu einem Besuch ein. Bislang konnten Spenden nur in einer Box abgegeben werden. „Nun darf sich jeder gerne von unserer Tierhaltung ein eigenes Bild machen.“ Einzelne Familien mit fünf bis acht Personen könne sie – mit den gebotenen Abstands- und Hygieneregeln – über das Gelände an der Industriestraße 14 in Nieukerk führen.

Unterstützung
Futterspenden für den Zirkus Kübler können vor Ort an der Industriestraße 14 in Nieukerk abgegeben werden.
Weitere Informationen zu Spendenmöglichkeiten bei Marie Voß unter Telefon 0176/20221427.

Der Blick in die Zukunft ist für die Zirkusfamilie ein ungewisser. Die anstehenden Geburtstage ihrer drei kleinen Kinder werden laut Voß in diesem Jahr kleiner ausfallen – wegen der Corona-Auflagen, aber auch aus finanziellen Gründen. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt Marie Voß. Was sie nicht nachvollziehen könne: „Freizeitparks dürfen öffnen, wir als Zirkus aber nicht. Dabei wären auch bei uns ein Onlineticket-Verkauf und eine Registrierung möglich. Das sind Widersprüche, die nicht passen.“ Mit einem Gedanken wollen sich Voß und Kübler keinesfalls beschäftigen: dass es nicht mehr weitergeht.

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