NIEDERRHEIN. Grenzen lassen sich leichter überwinden, wenn man die Sprache des Gegenübers spricht. Das hilft nicht nur bei Urlaubsreisen oder Shopping-Ausflügen ins Nachbarland, sondern manchmal sogar bei der Jobsuche. „Die Generation meiner Eltern kommt gut mit der deutschen Sprache zurecht. Das liegt auch daran, weil es früher wenig Auswahl an Fernsehprogrammen gab. Der „Tatort“ am Sonntagabend war zum Beispiel bei vielen Niederländern sehr gefragt“, sagt Marie-Louise Lubbers aus Nijmegen. Sie ist 31 Jahre alt – und spricht ausgezeichnet Deutsch. Sollte sie auch. Schließlich ist sie von Haus aus Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache und hat ein Jahr in einer deutschen Schule unterrichtet.

Internationalisierung im Bildungswesen

Heute arbeitet Marie-Louise für Nuffic, die niederländische (unabhängige und gemeinnützige) Organisation für Internationalisierung im Bildungswesen. Ihr Auftrag: Deutsche Muttersprachler finden, die in den Niederlanden Deutsch unterrichten möchten.
Gar nicht so einfach, denn Lehrermangel herrscht auf beiden Seiten der Grenze. Hinzu kommt, dass sich die Schulsys­teme in Deutschland und den Niederlanden schwer vergleichen lassen. „In den Niederlanden darf man ab vier Jahren in die Schule, ab fünf ist es dann Pflicht“, erklärt Marie-Louise Lubbers. Nach acht Jahren geht es auf die weiterführenden Schulen. Dann wird Englisch ein Hauptfach und je nach Schulform kommen weitere Fremdsprachen hinzu. Man kann auch Chinesisch, Latein oder Spanisch wählen – wenn das Fach an der Schule angeboten wird. Häufig ist Deutsch, zumindest in der Unterstufe, ein Pflichtfach.

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Die Nachfrage, beziehungsweise der Mangel, nach und an Deutsch-Lehrern wächst mit der Entfernung zur Grenze. „In unserer Region finden sich eher Muttersprachler, die in den Niederlanden arbeiten möchten“, ist Lubbers‘ Erfahrung. Natürlich locken auch Städte wie Amsterdam oder Den Haag – „da findet man aber kaum bezahlbare Wohnungen“, weiß Marie-Louise Lubbers. Zwar verdienen Lehrer in den Niederlanden ganz gut, trotzdem lässt es sich kaum mit dem Beamten-Status der Lehrer in Deutschland vergleichen. „Dafür gilt der Tarif, der nach Berufsjahren und Qualifikation gestaffelt ist, für die ganzen Niederlande und variiert nicht, wie in Deutschland, je nach Bundesland“, sieht Lubbers Vorteile: „Außerdem können wir leichter kündigen und uns für eine neue Stelle bewerben – wir werden nicht zugewiesen oder versetzt.“

Zielgruppe

Zielgruppe von Nuffic sind aber ohnehin nicht die deutschen Lehramtsstudenten, sondern Quereinsteiger, „gern mit Berufs- und unbedingt mit Lebenserfahrung“, sagt Marie-Louise. Optimal sind Vorkenntnisse im pädagogischen Bereich, aber auch ein abgeschlossenes Sprachen-Studium bringt Pluspunkte bei der Bewerbung um das Stipendium, das Nuffic den Muttersprachlern (Marie-Louise Lubbers ist neben Deutsch auch für Französisch zuständig) anzubieten hat. „Wir helfen bei der Auswahl der Hochschule oder Universität und der erforderlichen Kurse und Seminare“, erklärt sie. Dazu zählt auch der Niederländisch-Sprachkurs, der Voraussetzung ist. „Außerdem nehmen wir Kontakt zu den Schulen auf, damit die angehenden Lehrkräfte als Sprach-Assistenten praktische Erfahrungen sammeln können.“

Zachte Landing

Wer in Deutschland bereits unterrichtet hat, kann die Ausbildung in ein bis zwei Jahren schaffen. Nach zwölf Monaten (Verlängerung möglich) endet in der Regel die finanzielle Unterstützung durch Nuffic. Immerhin gibt es monatlich 1.000 Euro. „Die Lebenshaltungskos­ten in den Niederlanden sind höher als in Deutschland“, räumt Lubbers ein. Sie empfiehlt, vorab ein „kleines Polster“ anzusparen. „Im zweiten Jahr arbeiten die meisten schon nebenbei als Lehrer und sind nicht mehr auf unsere Unterstützung angewiesen“, weiß sie, dass sich die Stipendien vielfach bewährt haben. Die finanzielle und professionelle Begleitung durch Nuffic sorgt für eine „zachte landing“ – „die Leute können erstmal in Ruhe hier ankommen, sich orientieren und unsere Kultur kennenlernen“, sagt Marie-Louise.
Alle Infos zum Programm gibt‘s hier: www.nuffic.nl.

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