Frust und Ärger nach verweigerter Corona-Impfung in Elten

Impfzentrum Kreis Kleve sortiert 58 Mitarbeiter und Bewohner des Eltener Seniorenheims kurz vor der Corona-Impfung aus

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Sie sind bitter enttäuscht: Die beiden Reinigungskräfte Anke Kersjes (v.l.) und Christina Holzum sowie die beiden Leiterinnen der Hauswirtschaft, Kerstin Evers und Lydia Pottbäcker. Foto: CV Kleve

ELTEN. Auch nach einer Woche sind Frust, Enttäuschung und Unverständnis noch immer groß bei vielen Mitarbeitern im St.-Martinus-Stift in Elten. Grund dafür: Zwei Tage vor dem für Freitag, 5. Februar, angesetzten Termin der ersten Corona-Impfung wurden 28 Mitarbeiter in Elten „auf fragwürdige Art und Weise aussortiert“, wie Geschäftsführer Hans-Wilhelm Paeßens berichtet. Er hatte daraufhin die schwierige Aufgabe, dies den Betroffenen zu erklären: „Einige haben bitterlich geweint­“, sagt Paeßens.

Damit aber nicht genug: Am Tag der Impfung selbst erfuhr er auch noch, dass 30 Bewohner ebenfalls nicht geimpft werden – und zwar alle, die in den zurückliegenden Wochen Corona-positiv getestet waren. Paeßens‘ erste Reaktion: „Ich bin fassungslos.“ Auf eine Erklärung des Kreises Kleve für dieses Vorgehen wartete er noch bis gestern Vormittag vergeblich.

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Was Paeßens besonders ärgert: In allen vorbereitenden Treffen mit Vertretern des Impfzentrums Kreis Kleve war nie angesprochen worden, dass Teile der Belegschaft – aus Hauswirtschaft, Hausreinigung, Haustechnik, Küche und Verwaltung – oder der Bewohner nicht geimpft werden. „Wir haben uns darauf vorbereitet, dass alle geimpft werden – wie es meines Wissens bislang auch in allen anderen Seniorenheimen im Kreis Kleve der Fall war – und dies auch so im Haus kommuniziert“, sagt Paeßens.

Argumentation des Impfzentrums “für uns nicht plausibel”

Karl Döring, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft katholische Heime und Einrichtungen im Kreis Kleve, springt ihm zur Seite und äußert ebenfalls sein Unverständnis: „Die aktuelle Empfehlung der Bundesregierung sieht weiter Personen, die in stationären Einrichtungen für ältere oder pflegebedürftige Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind, in der ersten Priorität. Und so wurde es bisher auch in den Heimen im Kreis praktiziert.“

Hans-Wilhelm Paeßens verweist auf den Stufenplan zur Impfpriorisierung der Ständigen Impfkommission (STIKO), wo „neben dem Pflegepersonal auch das sonstige Personal in Altenpflegeeinrichtungen in Prioritätsstufe 1 aufgeführt wird“. Weiter zählt der Geschäftsführer die Impfverordnung vom 18. Dezember auf, die in Paragraph 2 alle in der stationären Altenhilfe tätigen Personen mit höchster Priorität einstufe. “Eine Unterscheidung nach Funktionsbereichen ist dort nicht vorgesehen.” Auch in der neuen Impfverordnung vom 8. Februar sei diese Passage vollkommen unverändert geblieben. Auch die Bundesregierung habe auf ihrer Homepage zum Stand am 5. Februar nichts anderes veröffentlicht.

All dies führt Paeßens nur zu einem Ergebnis: “Wenn seitens der Verantwortlichen des Impfzentrums argumentiert wird, die von der Impfung am 5. Februar bei uns ausgeschlossenen Mitarbeiter seien nicht der Priorisierungsgruppe 1 zuzuordnen, so ist das für uns nicht nachvollziehbar und auch nicht plausibel.”

Ausschluss nach positivem Corona-Test “medizinisch nicht notwendig”

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Hausarzt Dr. Arun Subburayalu aus Elten leitete im Auftrag des Impfzentrums die Impfung im Caritas-Altenheim.
Foto: CV Kleve

Auch das Aussortieren von Bewohnern vor der Corona-Impfung in Elten kann er nicht nachvollziehen. Zum einen seien in anderen Einrichtungen die Bewohner mit zuvor positiven Corona-Tests ebenfalls geimpft worden. Zum anderen „steht im Aufklärungsmerkblatt zur Corona-Schutzimpfung unter anderem, dass keine medizinische Notwendigkeit besteht, von der Impfung ausgeschlossenen zu werden, wenn man in der Vergangenheit bereits eine Corona-Infektion durchgemacht hat“.

Das Vorgehen des Kreises hat, neben Frust und Enttäuschung bei den Betroffenen, noch eine ganz andere Auswirkung: „Es gibt eine Art Keil zwischen den beiden Gruppen, den Geimpften und den Nicht-Geimpften. Darunter leidet die Stimmung im ganzen Haus“, erzählt der Geschäftsführer. Gerade die aussortierten Mitarbeiter seien wütend, fühlten sich wie Menschen zweiter Klasse. „Sie fragen sich: Wo bleibt die Wertschätzung für das Personal und die Arbeit in der Altenpflege?“

In einem Schreiben an Landrätin Silke Gorißen, das er vergangenen Dienstagmorgen per E-Mail verschickt hat, bittet er um eine Begründung für das Vorgehen. „Und ich erwarte eine konkrete Antwort, wie es für die ausgeschlossenen Mitarbeiter und Bewohner weitergehen soll.“ Das Schreiben ging ebenfalls an Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze, der kurze Zeit später bei Paeßens anrief. „Er sagte, er wolle bei der nächsten Videokonferenz mit den Bürgermeistern und der Landrätin das Thema ansprechen und sich für uns einsetzen“, sagt Paeßens. Auf eine Antwort aus der Kreisverwaltung wartete er bis gestern vergeblich.

Kreis antwortet nicht in “wettertechnisch extremer Woche”

Tatsächlich sieht man sich beim Kreis Kleve offenbar nicht genötigt, das Vorgehen rund um die Corona-Impfung in Elten näher zu erläutert, denn auch eine Anfrage der NN vom vergangenen Montag blieb unbeantwortet. Zum einen könne man „im Moment aufgrund der weiterhin dynamischen pandemischen Lage und aufgrund der besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Start des Impfzentrums in dieser – wettertechnisch extremen – Woche […] keine Exklusivwünsche erfüllen“. Zum anderen sei das Thema beim „großen Pressegespräch im Impfzentrum“ am Montag angesprochen worden.

Tatsächlich sagte bei dieser Gelegenheit Jürgen Baetzen, Fachbereichsleiter Rettungsdienst im Kreis Kleve, lediglich: „Die Impfverordnung besagt, dass nur Pflegepersonal, das direkten Kontakt zu Bewohnern hat, und nur Bewohner, die noch keine Corona-Erkrankung hatten, geimpft werden.“ Das Impf-Team in Elten habe sich daran gehalten. Die übrig gebliebenen 58 Impfdosen seien anschließend an Rettungskräfte verimpft worden.

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