Verena Bentele. Foto: Thomas Rosenthal

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands Vdk bekommt im Rahmen der Millionen-Frage des BVDA folgende Frage gestellt:

Warum werden die Kurzzeitpflegeplätze immer weniger, wenn wir doch immer mehr brauchen?

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“Leider oft gewinn- und nicht menschenorientiert”

Die Versorgung Pflegebedürftiger wurde seit Einführung der Pflegeversicherung dem freien Markt überlassen. Das heißt, das Anbieten von Pflegeleistungen ist in Deutschland bisher leider oft gewinn- und nicht unbedingt menschenorientiert. Es war (und ist) eine politische Entscheidung, die Pflege älterer Menschen nicht durch eine vollfinanzierte Pflegeversicherung zu sichern. Da es keinen Versorgungsauftrag für pflegerische Dienstleistungen wie Kurzzeitpflege gibt, wird die Zahl der weißen Flecken auf der deutschen Pflegelandkarte immer größer.

40 Prozent sind älter als 70 Jahre

Pflegeanbieter können sich die lukrativsten Rosinen herauspicken. Kurzzeitpflegeplätze vorzuhalten, ist derzeit aber ein Verlustgeschäft. Denn die Kurzzeitpflege wird nur dann von der Pflegeversicherung bezahlt, wenn ein Bett tatsächlich genutzt wird. Deshalb gibt es Kurzzeitpflege in den Pflegeheimen meist nur als Zwischennutzung. Und Pflegeheime sind vielerorts ganzjährlich vollbelegt. Für pflegende Angehörige, die dringend eine Auszeit brauchen, ist das ein Desaster. Sie müssen diesen eklatanten Mangel ausbaden.

Ich halte diese Entwicklung für sehr gefährlich: Mehr als die Hälfte der pflegenden Angehörigen hat niemanden, der sie im Fall des Falles in der häuslichen Pflege vertreten kann. 40 Prozent der Hauptpflegepersonen sind 70 Jahre und älter. Diese Menschen arbeiten sich im wahrsten Sinne des Wortes komplett auf, weil sie keine Entlastung bekommen, selbst wenn diese ihnen wie die Kurzzeitpflege theoretisch zusteht.

Verbindliche Quote für Kurzzeitpflege nötig

Der Sozialverband VdK fordert eine verbindliche Quote in allen Pflegeeinrichtungen für Kurzzeitpflegeplätze. Dafür muss in der Pflegeversicherung eine entsprechende Finanzierung eingeführt werden. Die Bundesländer sind ebenfalls in der Pflicht und müssen den Ausbau der Kurzzeitpflegeangebote stärker mit Steuermitteln fördern. Auch das von der Koalition vereinbarte Ziel, Angehörige besser zu unterstützen und ein jährliches Entlastungsbudget zu schaffen, das flexibel in Anspruch genommen werden kann, muss zügig umgesetzt werden. Darüber hinaus würde eine Pflegevollversicherung nach Vorbild der Krankenversicherung viele Finanzierungsnöte von Pflegebedürftigen und Angehörigen lindern.

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