Bütt? Ja. Bürgermeister? Nie

KRANENBURG. Die Welt stellt große Fragen. Warum sind wir hier? Wo gehen wir hin? Was passiert zwischendurch? Beim Thema „zwischendurch“ tauchen neue Fragen auf: Wie kam die Jungfrau zum Kind? Und: Wie kam eigentlich Andreas van Wickeren in die Bütt?
Was soll man sagen? Zwei Worte: „Bier“ und „Laune“ vielleicht. (Ein explosives Gemisch.) Manches sagt sich so dahin, wenn Abend und Kiefer locker werden. Um van Wickerens Weg in die Bütt nachzuzeichnen, muss man in die Kranenburger Prinzengeschichte eintauchen: Vor vier Jahren regierte Daniel Cloosters (der Feurige).

Da steig ich eher in die Bütt
Der fragte, als die Prinzenrolle ausgemacht war, den Andreas: „Würdest du, wenn ich Prinz werde, in den Elferrat kommen?“ Van Wickerens Antwort: „Nö. Da steig‘ ich doch eher in die Bütt.“ (Ein großes Wort – gelassen ausgesprochen: So fing es an.) Der Feurige erinnerte sich an van Wickerens Spruch und so wurde aus dem Tischlermeister, der auch Bestatter ist und Löschzugführer bei der Feuerwehr, ein künftiger Büttenredner. Der nahm Kontakt zu den Arbeitsbienen auf. [Kleiner Exkurs in die Logistik des Kranenburger Karnevals: Für den Sitzungskarneval in Kranenburg – die sogenannten bunten Abende – sind die „Arbeitsbienen“ zuständig.] Die boten „dem Neuen“ an, er könne ja nervenschonend erst mal in einer Klamaukszene auftreten. Da sei er dann nicht allein. Van Wickeren allerdings entschied sich für die Bütt: Wenn schon, denn schon.
Vor vier Jahren also die Premiere, für den Mann, der beste Voraussetzungen für eine karnevalistische Karriere quasi in die Wiege gelegt bekam, denn: Geboren wurde van Wickeren am 8. Februar 1970. Ein Blick in den Kalender verrät: Das war ein Tulpensonntag. Was kann man mehr verlangen?

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Einmal ist schon Tradition
Van Wickeren stieg also in die Bütt und es erging ihm wie vielen, die im Karneval unterwegs sind: Wer‘s einmal gemacht hat, entdeckt schnell das Suchtpotenzial. „In Kranenburg musst du eines wissen: Einmal ist schon Tradition“, sagt van Wickeren. So wären in der Session 2018/19 schon zwei Bestatter an strategisch wichtigen Punkten im Einsatz: Der eine, van Wickeren, in der Bütt, der andere Bestatter bekleidet gar die Prinzenrolle. Und wann wird van Wickeren Prinz? Niemalsnie! „Ich werde auch nicht Bürgermeister“, legt er sich fest. [Abwarten: Die Merkel hat auch mal gesagt, dass es mit ihr keine Maut gäbe.]Der Mann ist schlanke 49. Dam kann also noch was kommen. Apropos kommen: Im nächsten Jahr fällt der 50. auf einen bunten Abend. Da ist sich der Mann nicht sicher, ob er in die Bütt steigen wird.

Family Business
Van Wickeren predigt übrigens auf Platt. Wenn‘s sprachlich kompliziert wird, hat er eine Sprachenbeauftragte: die Schwiegermutter. Karneval als Family-Business. Wie entsteht überhaupt eine Bütt? „Na ja – zuerst brauchst du mal eine Geschichte. Ein Thema. Ich bin zum Beispiel schon als deutscher Reisender aufgetreten und einmal kam ich von einer Party. Da hast du dann eine Rahmenhandlung. Wenn die steht, kannst du an der Geschichte arbeiten.“
So viel darf verraten werden: Wenn van Wickeren am Freitag zum ersten bunten Abend in die Bütt steigt, wird es um Wellness gehen. „Mehr wird nicht verraten.“
Natürlich ändert sich das Outfit mit der Geschichte. Ein festes Requisit gibt es allerdings: Die Glasbausteinbrille gehörte bisher bei jedem Auftritt dazu.
Wie sieht‘s mit dem Zeitfaktor aus? „Wichtig ist natürlich, dass du mit der Vorbereitung früh genug anfängst. Ein Jahr scheint lang und dann stellst du plötzlich den Weihnachtsbaum zum Abholen raus und denkst: Jetzt wird es aber Zeit.“

Kakao und Lokales
Obwohl van Wickeren ein Durchunddurchkranenburger ist, kommt Lokales nur am Rande vor. „Das hat auch mit meiner Tätigkeit als Bestatter zu tun. Da kannst du schlecht Leute durch den Kakao ziehen.“ Zweideutig allerdings darf es schon mal werden. Van Wickeren: „Es geht manchmal knapp an der Zensur vorbei.“
Karneval macht der Mann mit der dicken Brille übrigens schon lange: Seit 1988 hat er für die Feuerwehr Wagen gebaut. Vor sechs Jahren gründete er dann zusammen mit circa 30 anderen einen eigenen „Verein“. (Zwei Worte: Bier, Laune). Der Verein heißt Knaatsgääck. Und wie schreibt man das? Einwortantwort: „Egal.“ Knaatsgääck also baut seit sechs Jahren eigene Wagen. Dabei spielt Lokales die Hauptrolle: Es ging um Windenergie, um Ärztemangel, um die Geisterstadt Kranenburg, um Projekte, die auf Eis gelegt wurden („Da sind wir dann als Eskimos unterwegs gewesen“, sagt Knaatsgääck-Kollege Heinz Siebert.) Das Thema in diesem Jahr: „Ist das Kunst oder kann das weg?“
In der Bütt ist van Wickeren auswendig unterwegs. „Natürlich habe ich ein Manuskript, aber das wird eher nicht gebraucht.“ Dafür wird ja vorher reichlich geprobt. Das „Produkt Büttenrede“ wird zunächst von der Familie „abgenommen“. Anschließend folgen die Proben bei den Arbeitsbienen. Da läuft dann, wenn die Bütt-Wirklichkeit einsetzt, alles schon fast vollautomatisch.

Bunte Abende
Am Freitag steht van Wickeren beim ersten bunten Abend wieder in der Bütt. Zwei weitere Auftritte (Samstag, 16. Februar und Samstag, 23. Februar – jeweils um 19.11 Uhr) folgen. Mit Karten könnte es allerdings schwierig werden. Van Wickeren ist begeistert, wenn er auf die bunten Abende zu sprechen kommt. „Das ist ganz großes Theater. Da ist für jeden was dabei. Und besser als Fernsehen ist das allemal.“
Zum großen Frühschoppenzug (Sonntag, 3. März) reist van Wickeren dann mit Knaatsgääck und seinen Leuten wieder an. Übrigens: „Mit unserem Wagen sind wir nur beim Frühschoppenzug in Kranenburg unterwegs.“ Das liegt daraen, dass Knaatsgääck ziemlich lokal ist.
Heiner Frost

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