
„Berührungsängste gab es nur am Anfang“
Fachabiturientinnen gestalten Ausstellung mit Menschen aus dem Gelderland
GELDERN. Bunt und fröhlich sind die Plakate gestaltet, die auf Staffeleien in der Liebfrauenschule Geldern, Berufskolleg im Bistum Münster, ausgestellt sind. Jedes Bild zeigt einen Menschen mit einer mal mehr, mal weniger sichtbaren Beeinträchtigung. Da ist der Rollstuhlfahrer, die betagte Dame und der kleine Junge – sie eint, dass sie einen für sie besonderen Gegenstand in der Hand halten. Texttafeln unter den Bildern verraten, was es mit dem Gegenstand auf sich hat und wer überhaupt porträtiert wurde.
„Ich bin mehr…“ heißt die Ausstellung, die die Fachabiturientinnen des nun bereits verabschiedeten Jahrgangs mit dem Schwerpunkt Gesundheit und Soziales gemeinsam mit ihrem Lehrer Marc Baum konzipiert und umgesetzt haben. „Vor einiger Zeit hatten wir eine ähnlich angelegte Wanderausstellung bei uns im Berufskolleg, die so positiv angenommen wurde, dass sie uns zu einem eigenen Projekt inspiriert hat. Wir wollten Menschen aus dem Gelderland, die mit einer Behinderung leben, porträtieren und sichtbar machen, dass jede und jeder viel mehr ist als die Beeinträchtigung – und damit den Blick auf den ganzen Menschen richten“, erklärt Baum.
Zu den damaligen Schülerinnen, die ihr Fachabitur inzwischen in der Tasche haben, zählen Mona Hegerath, Ina Buschfeld und Leonie Brömel. Noch immer denken sie gerne an die Begegnungen mit den Menschen zurück, die sie porträtiert und dazu in unterschiedlichen Einrichtungen besucht haben. „Die Leute waren richtig nett und vor allen Dingen hatten sie wirklich viel Lust, mit uns zu reden. Das hatte ich so erst gar nicht erwartet“, erinnert sich Leonie. Zwar gab es einen vorbereiteten Fragebogen, die meisten Gespräche gingen dann aber weit über den Fragenkatalog hinaus.
Da gehörte es auch dazu, offen über die Behinderung oder Beeinträchtigung des Gegenüber zu sprechen. „Am Anfang gab es bei einigen von uns wahrscheinlich Berührungsängste, aber das hat sich schnell gelegt, weil wir überall so herzlich willkommen waren und viel Herzlichkeit erfahren haben“, sagt Mona. Ina nickt zustimmend: „Ehrlich gesagt war ich zuerst schon nervös, aber die Stimmung war so gut, dass die Interviews richtig Spaß gemacht haben.“
Gefreut hätten sich die Interviewten auch über die Fotos, die von den Schülerinnen selbst mit dem Handy aufgenommen wurden und dennoch professionell aussehen. „Wir hatten das im Vorfeld angekündigt, dass wir Fotos machen und die Menschen, mit denen wir gesprochen haben, hatten nichts dagegen, dass die Bilder ausgestellt werden und viele haben es als Wertschätzung empfunden. Da hat man gemerkt, dass sie es gewohnt sind, mit ihrer Behinderung umzugehen“, erklärt Ina.
Nach der Eröffnung der Ausstellung am Donnerstag, 25. September, ist sie in den Räumen des Berufskollegs auch für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Ab Mittwoch, 12. November, wandert sie ins Cafe Inklusion im Gelderner Bürgerforum und später zu weiteren Kooperationspartnern. Schulseelsorger Andreas Mäteling ist froh, dass das Berufskolleg mittlerweile auf ein breites Netzwerk zum Thema Inklusion zurückgreifen kann: „Das hat den Schülerinnen bei der Suche nach Menschen, die sich für die Ausstellung proträtieren lassen, sehr erleichtert und ich bin allen dankbar, die uns unterstützt haben.“
Mona Hegerath, Ina Buschfeld und Leonie Brömel (v.l.) haben ihr Fachabitur am Liebfrauen-Berufskolleg absolviert. Sie gehören zu den Schülerinnen, die die Ausstellung gestaltet haben. Begleitet wurden sie von Lehrer Marc Baum (links) und Schulseelsorger Andreas Mäteling.Foto: Bischöfliche Pressestelle / C. Breuer
