
Der Ausbildungsmarkt bleibt stabil
Die Herausforderungen sind zwar groß, aber noch nicht spürbar / Es gibt es noch freie Ausbildungsplätze
Hoher Stellenwert
„Im Kreis Wesel haben sich mehr Bewerber für eine duale Ausbildung interessiert, die Betriebe meldeten annähernd so viele Ausbildungsstellen wie im Vorjahr. Im Kreis Kleve war die Entwicklung sowohl bei Jugendlichen als auch bei Ausbildungsstellen schwächer als im letzten Jahr. Dennoch besitzt die duale Ausbildung weiterhin einen hohen Stellenwert. Für die Unternehmen gilt es, angesichts der Transformationsprozesse qualifizierten Nachwuchs auszubilden, der zumindest einen Teil der anstehenden Altersabgänge ersetzen kann. Für junge Menschen ist eine Ausbildung weiterhin attraktiv, das gilt besonders für junge Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Hier hat die Nachfrage gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen. Ein großer Teil davon sind junge Menschen mit Fluchthintergrund“, ergänzt Ossyra. Dies sei aber auch eine Chance für hiesige Arbeitgeber, den immer stärker werdenden Fachkräftemangel und den noch kommenden altersbedingten Wegfall der Arbeitnehmer aus den geburtenstarken Jahrgängen zu kompensieren. „Wer eine Ausbildung in Deutschland beginnt und abschließt, ist hier voll integriert und wird damit auch bleiben. Das kann uns in Zukunft helfen“, sagt Ossyra.
Mit 3.850 Bewerbern (42 weniger als 2022/23) auf 4.190 gemeldete Ausbildungsstellen im Agenturbezirk Wesel hätte theoretisch jeder Jugendliche in diesem Jahr eine Ausbildungsstelle finden müssen. Doch die Nachfrage nach Wunsch-Ausbildungsstellen und den tatsächlich gemeldeten Ausbildungsstellen gehen auseinander. Während im Kreis Kleve im vergangenen Jahr der Ausbildungsberuf zum Kraftfahrzeugmechaniker mit 101 Bewerbern am beliebtesten war, war es bei den tatsächlich gemeldeten Berufsausbildungsstellen der Verkäufer mit 116 Ausbildungsplätzen. Nur 94 Bewerber zogen allerdings die Ausbildung des Verkäufers in Erwägung. Besonders schwer habe es das Handwerk, das auch die höchste Auflösungsquote eines Arbeitsvertrages innerhalb einer Ausbildung im vergangenen Jahr besaß. „Da hilft für beide Seiten nur Praktika, Praktika, Praktika anzubieten und zu absolvieren“, sagt Ossyra. Dann könnten beide Seiten schon vor der Ausbildung stehen, ob die Ausbildung für beide Seiten passen könnte. „Unternehmen müssen dafür jetzt die Zeit investieren“, betont Ossyra.
Für Jugendliche sei es hingegen nie einfacher, gewesen sich über Ausbildungsstellen zu informieren, als heute. „Es gibt da mittlerweile eher ein Über-Angebot. Wenn junge Leute sagen, sie konnten sich nicht informieren, stimmt das nicht mehr“, sagt Ossyra. Schließlich gebe es mittlerweile überall Ausbildungsplatzbörsen und sonstige Info-Kampagnen. Auch die Agentur für Arbeit Wesel leiste da gute Arbeit.
Ein 41-köpfiges Team realisiere an allen weiterführenden Schulen in den Kreisen Kleve und Wesel eine regelmäßige Berufsberatung. Hier sei in Zukunft aber die Überlegung, die Berufsorientierung weniger im Klassenverband, sondern mehr nach Interessenlage anzubieten, sagt Bereichsleiter Markus Brandenbusch. Insgesamt sei die Agentur für Arbeit mit Speeddating-Angeboten, gemeinsamen Aktivitäten in den Jugendberufsagenturen und einer Elternarbeit, die die direkt die Eltern anspricht, aber bereits gut aufgestellt. Bei rund 370 Ausbildungsberufen und über 18.000 verschiedenen Studiengängen sei dies jedoch auch notwendig. „Junge Menschen brauchen bei diesem Angebot eine Beratung zur Orientierung. Deshalb ist unser Beratungsbedarf auch gestiegen“, sagt Brandenbusch.
Ausbildung oder Studium
2023 entschieden sich übrigens jeweils knapp 27 Prozent der Ausbildungsanfänger für eine duale Ausbildung beziehungsweise ein Studium. Im Vergleich zu 2005 sei damit die Nachfrage nach einem Studium um ein Drittel gestiegen. Die duale Ausbildung konkurriere dagegen, sei aber keineswegs schlechter als ein Studium.Sabrina PetersDie Zahlen
Im Kreis Kleve meldeten sich von Oktober 2023 bis Ende September 2024 insgesamt 1.440 Bewerber, das sind 75 oder Prozent weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig standen 1.482 Ausbildungsstellen zur Verfügung, 119 Stellen oder 7,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Davon waren 1.434 betriebliche Ausbildungsstellen, 145 oder 9,2 Prozent weniger als im Ausbildungsjahr 2022/2023.
Zum Ende des Berufsberatungsjahres (30. September) suchten noch 221 Jugendliche eine Ausbildungsstelle oder eine Alternative, 49 mehr als ein Jahr zuvor. 136 weitere junge Menschen planten mangels Ausbildungsstelle mit einer alternativen Möglichkeit. Im Gegenzug waren im Kreis Kleve noch 202 unbesetzte Ausbildungsstellen gemeldet, 12 weniger als im Vorjahr.
Im Kreis Wesel meldeten sich von Oktober 2023 bis Ende September 2024 insgesamt 2.410 Bewerber, das sind 33 oder 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig standen 2.708 Ausbildungsstellen zur Verfügung, 38 oder 1,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Davon waren 2.644 betriebliche Ausbildungsstellen, 21 oder 0,8 Prozent weniger als im Ausbildungsjahr 2022/2023.
Zum Ende des Berufsberatungsjahres (30. September) suchten noch 149 Jugendliche eine Ausbildungsstelle, 50 mehr als ein Jahr zuvor. 184 weitere junge Menschen planten mangels Ausbildungsstelle mit einer alternativen Möglichkeit. Im Gegenzug waren im Kreis Wesel noch 363 unbesetzte Ausbildungsstellen gemeldet, 91 Stellen mehr als im Vorjahr.
Barbara Ossyra, Leiterin der Agentur für Arbeit Wesel (r.), stellte die Zahlen für 2023/2024 vor. NN-Foto: SP

Redakteurin in Xanten, Kalkar, Rheinberg und Alpen sowie Büderich und Ginderich