Alpens Bürgermeister Thomas Ahls: „Das hat eine Menge Spaß gemacht“
Ein Abschied-Interview mit Alpens Bürgermeister Thomas Ahls, der ab morgen Ruheständler sein wird
ALPEN. Heute geht in Alpen eine Ära zu Ende. 21 Jahre stand Thomas Ahls als Bürgermeister an der Spitze der Gemeinde. Der frühere Polizist, der sich nun mit 63 Jahren in den Ruhestand verabschiedet, spricht im NN-Interview mit Redakteurin Sabrina Peters über seine Gefühle zum Abschied, seine Erfolge in den vergangenen zwei Jahrzehnten, die großen Krisen während seiner Amtszeit und darüber, welche Projekte er gerne noch beendet hätte.
Herr Ahls, nach 21 Jahren im Amt endet nun Ihre Zeit als Bürgermeister. Wie fühlt sich dieser Abschied an?
Thomas Ahls: Da ist natürlich eine Menge Wehmut dabei. Es ist aber auch Neugierde da, auf das, was kommt – und natürlich viel Freude. Endlich kann ich morgens den Wecker auslassen und ausschlafen, wobei ich glaube, dass ich trotzdem weiterhin um sechs Uhr morgens wach werden werde (lacht).
Was nehmen Sie persönlich aus Ihrer Zeit als Bürgermeister mit?
Ahls: Viel Dankbarkeit vor allem – und das ist nicht einfach so daher gesagt. Als man mir vor 21 Jahren die Chance gegeben hat, als Bürgermeister zu kandidieren, hatte ich ja alles andere in Erwägung gezogen, aber nicht, Bürgermeister in Alpen zu werden. Das hat aber eine Menge Spaß gemacht. Ich habe eine Menge netter Menschen kennengelernt und vor allem eine Menge engagierter Menschen, die sich für unseren Ort eingesetzt haben. Und da an der Spitze gestanden zu haben, darauf bin ich schon stolz.
Fällt es Ihnen schwer, die Verantwortung nach zwei Jahrzehnten nun abzugeben?
Ahls: Eigentlich nicht. Ich glaube, dass alles so seine Zeit hat. Alles verschleißt auch irgendwann in einem gewissen Maße. Irgendwann ist der Punkt da, wo auch von außen gesagt wird: Jetzt ist mal Zeit für einen Wechsel. Und das sehe ich vom Prinzip her auch so. Ich habe spaßeshalber immer gesagt: Ich möchte noch Leute treffen, die sagen: Schade, dass du aufhörst. Und nicht in fünf Jahren eine überwiegende Anzahl von Menschen haben, die sagen: Gott sei Dank, jetzt ist er endlich weg. Von daher ist, glaube ich, jetzt der richtige Zeitpunkt da.
Wenn Sie auf Ihre Amtszeit zurückblicken: Was waren für Sie persönlich die größten Erfolge? Worauf sind Sie besonders stolz?
Ahls: Wenn man den Status quo im Jahr 2004 sieht, wie die Gemeinde aufgestellt war, was das Zusammenleben in Alpen anging mit der Vereinsstruktur, was wir an öffentlichen kommunalen Gebäuden hatten, dann war für mich die wesentlichste Aufgabe die Stimmung im Ehrenamt aufrechtzuerhalten. Wir mussten mit dem Ehrenamt gemeinsam viel erreichen, zum Beispiel bei den Sportanlagen. Ich glaube, wir haben die schönsten Sportanlagen im Kreis Wesel. Das kann ich so selbstbewusst sagen. Und das haben wir zusammen mit den Vereinen geschafft. Zudem haben wir immer noch ein funktionierendes Ehrenamt. Man hört ja immer vielfach, dass das Ehrenamt schwächelt. Das ist auch sicherlich nicht mehr das Gleiche wie vor 20 Jahren, aber wir stehen da in Alpen immer noch gut da. Außerdem sind wir, was die kommunale Infrastruktur angeht, immer noch einigermaßen auf Stand. Es gibt auch noch Dinge, die im Argen sind, aber wir haben die kommunalen Gebäude, Einrichtungen, Straßen und Plätze einigermaßen in Schuss. Und das ist vor dem Hintergrund, der schwierigen Zeiten, die wir bekommen haben und haben werden, eine gute Sache.
Was waren die größten Herausforderungen während Ihrer Amtszeit?
Ahls: Eigentlich fast immer die Finanzen, obwohl die ja unterm Strich gesehen gut gelaufen sind. Wir hatten eigentlich immer eine gute Finanzlage. Aber zu Beginn eines jeden Haushaltsjahres sah das oft anders aus und hat sich im Laufe eines Haushaltsjahres dann wieder gut entwickelt. Die Finanzen sind aber immer eine Herausforderung gewesen. Zudem war der Wechsel von Haupt- und Realschule auf die Sekundarschule eine große Herausforderung. Das Thema ärztliche Versorgung war auch eine große Herausforderung.
Und die großen Krisen wie etwa die Coronavirus-Pandemie und der Ukraine-Krieg?
Ahls: Das hat man schon wieder verdrängt, aber die Corona-Krise hat uns im Zusammenleben natürlich schon stark zu schaffen gemacht. Da habe ich auch die Dinge erleben müssen, von denen andere Kollegen zuvor schon berichtet hatten, etwa dass man teilweise auch respektlose Kontakte hatte. Ich glaube, das wäre ohne Corona so nicht passiert. Von daher war Corona im Zusammenleben in Alpen schon die größte Herausforderung. Die Weltfinanzkrise (in den Jahren 2007 bis 2009; Anm. d. Red.) war bei uns keine. Da hatten wir gute Haushalte in den Jahren. Was die Ukraine-Krise betrifft, glaube ich, dass man irgendwann auch abstumpft, was die großen Krisen dieser Welt angeht. Die nochmal verschlimmerte Flüchtlingskrise, die damit verbunden war, war natürlich auch eine große Herausforderung. Aber das haben wir gemeinsam mit der Flüchtlingshilfe Alpen ganz gut gemeistert.
Welche Projekte oder Entwicklungen prägen Ihrer Meinung nach das heutige Alpen am stärksten?
Ahls: Im negativen Sinn ist das zurzeit die Einzelhandelsstruktur. Das ist auch eine der größeren Wunden bei mir, dass wir die zwei Vorhaben – den Bau des Rossmann-Marktes auf dem ehemaligen Nepicks-Gelände und den Bau des Rewe-Marktes auf dem Willy-Brandt-Platz – nicht kurzfristig noch umsetzen konnten. Aber strukturell gesehen sind wir da immer noch auf einem guten Weg. Die Bauten werden kommen. Das ist auch eine Frage von Angebot und Nachfrage und dann steht Alpen auch vom Einzelhandel her gut da. Aber ich glaube, dieses Gesamtkonzept als zentraler Ort Alpen – das mein Vorgänger Willi Janssen schon begonnen hatte – dass wir die zentralen Einrichtungen in einem zentralen Bereich haben, das ist schon das Wichtigste, was wir geschaffen haben. Das sieht man im Moment leider nicht, aber die Wirkung wird noch einsetzen.
Welche Themen werden die Gemeinde auch nach Ihrem Abschied weiter beschäftigen?
Ahls: Die Finanzen werden das entscheidenste und wichtigste Thema sein. Aber die Aufgabe, die Alpen auch vor meiner Zeit immer gut geschafft hat, ist die Stimmung trotz schlechter Finanzen im Ort mit den Vereinen aufrechtzuerhalten. Das ist die wichtigste Aufgabe. Denn Bürger fragen meistens gar nicht nach den Finanzen einer Gemeinde – außer, die Steuerlast wird zu hoch.
Am 1. November wird Ludger Staymann Ihr Amt übernehmen. Wie sieht der Übergang aus?
Ahls: Wir haben seit einigen Wochen mittwochs immer eine erweiterte Verwaltungsvorstandssitzung gemacht, und jeder Fachbereichsleiter oder Sachgebietsleiter hat einen Vortrag zu den einzelnen Themen gehalten, die Ludger Staymann auch schon gut aufgesogen hat. Wir haben uns zudem regelmäßig getroffen, viel telefoniert und auch die konstituierende Ratssitzung insofern gemeinsam vorbereitet, dass er die gut meistern kann. Ich glaube, der Übergang läuft gut. Der Austausch hat wirklich außergewöhnlich gut funktioniert.
Alpen gilt als lebenswerte Gemeinde – was macht den Ort für Sie besonders?
Ahls: Dass man durch die Straßen geht, Leute trifft und mit ihnen quatscht. Die Stimmung ist wirklich gut in Alpen – auch wenn man in Facebook und Co. liest, eine andere Meinung haben kann. Aber wenn ich in die Orte komme zu den einzelnen Feiern, dann ist die Stimmung wirklich immer gut. Deswegen werde ich auch weiterhin in den Vereinen aktiv und weiterhin präsent bleiben, mich aus keinem Verein abmelden und unter anderem den Bürgerbus fahren.
Was wünschen Sie Alpen für die Zukunft?
Ahls: Vor allen Dingen, dass die Dinge, die positiv sind, auch so bleiben. Man soll nicht immer alles auf Finanzen reduzieren, aber ich wünsche meinem Nachfolger wirklich eine solide Finanzlage, auf deren Grundlage man auch vernünftig arbeiten kann. Vor allen Dingen würde ich mir für ihn auch weniger Bürokratie von Bund und Land wünschen und dass man es den Kommunen nicht so schwer macht. Denn die Kommunen sind die Grundlage für unsere Demokratie. Hier hat sich die Demokratie begründet und vor allem auch verfestigt. Und wenn man die Kommunen hängen lässt, dann wird man merken, dass das negative Einflüsse haben wird.
Sie werden ab dem 1. November wieder mehr Zeit für Ihre Familie und sich selbst haben. Wie sehen Ihre persönlichen Pläne für die Zeit nach dem Bürgermeisteramt aus?
Ahls: Ich möchte mich mehr um meine Familie kümmern können. Der Tod meiner Frau vor zweieinhalb Jahren hat mich und auch meine Familie schon hart getroffen. Das hat auch richtige Lücken gerissen. Das verwundert sicherlich keinen. Und da möchte ich auch die ein oder andere Lücke schließen können. Ich bin mir aber sicher, dass meine Lebensgefährtin Bettina mir sehr auf diesem Weg in die neue Zeit helfen wird. Sie hat auch eine schwere Zeit hinter sich und wir stützen uns gegenseitig. Darüber hinaus möchte ich auch mehr Zeit für Reisen und Hobbys haben. Singen ist natürlich das Hobby, das ich am meisten mache. Aber vielleicht fange ich auch mal wieder etwas mit Fußball an. Da komme ich ja her. Ich werde aber erstmal keine übereilten Entscheidungen treffen, die meinen Kalender wieder stark beanspruchen werden. Zudem habe ich ja noch die Leader-Region, die mir total am Herzen liegt, weil ich ein großer Freund der interkommunalen Zusammenarbeit bin. Da werde ich ja noch einige Jahre Vorsitzender sein und möchte meine Region dort weiter nach vorne bringen und hoffe, noch weiter etwas bewirken zu können. Zudem hoffe ich, dass wir den Adlersaal in Menzelen-Ost noch retten können. Dafür werde ich mich sicherlich auch engagieren.
Sabrina Peters
Thomas Ahls an seinem Schreibtisch, an dem fortan sein Nachfolger Ludger Staymann Platz nehmen wird. NN-Foto: Theo Leie
Redakteurin in Xanten, Kalkar, Rheinberg und Alpen sowie Büderich und Ginderich