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Im Naturschutzgebiet De Slufter findet man Pflanzen und Tiere, die sich auf das Salzwasser eingestellt haben.NN-Fotos: vs
22. April 2024 · Verena Schade · Niederlande

Von Schafen, Strandräubern und einem Seidenkleid

Die niederländische Wattenmeerinsel Texel hat auch außerhalb der Hauptsaison einiges zu bieten und ist auf Touristen aus Deutschland bestens eingestellt

TEXEL. „Wir haben etwa 30.000 Einwohner – die Hälfte davon sind Schafe“, sagt Salco, während es mit dem kleinen Bus entlang der Dünen, vorbei an weitläufigen Weideflächen und durch kleine Dörfer geht. Salco ist stolz auf das Texelschaf, das wegen seiner kräftigen Statur und robusten Gesundheit heute sogar in Neuseeland zu finden ist. Er erklärt, dass man wegen der friesischen Aussprache eigentlich „Tessel“ sagt, weshalb die Insulaner nicht unter die Haube, sondern unter die Pfanne kommen und das Texel genau genommen die einzige Insel weit und breit ist. „Alle anderen sind nur Sandbänke“, sagt er. Salco ist nicht der einzige Texelaner, der ins Schwärmen gerät, wenn es um seine Heimat geht. Wer hier Urlaub macht, kommt an dieser ganz besonderen Bindung zwischen Land und Leuten kaum vorbei. „Hier kennt jeder jeden“ gilt vielleicht nicht für alle, es ist aber mit Sicherheit ziemlich nah dran. Das mag an der überschaubaren Größe liegen, obwohl Texel mit etwa 25 Kilometer Länge und acht Kilometer Breite die größte der fünf niederländischen Wattenmeerinseln ist.

Der höchste Punkt der Insel ist de Hoge Berg, er liegt 15 Meter über dem Meeresspiegel. Sagt Salco, aber tatsächlich ist die Düne „Settingduin“ mit fast 25 Metern noch etwas höher. Am Hoge Berg jedenfalls gibt es sogar einen kleinen Picknickplatz und der Wind weht hier gefühlt noch etwas rauer als über dem flachen Land drumherum. Heute regnet‘s immer wieder und mit Windstärke 6 weht es ganz ordentlich. „Wir hatten hier schon mal Stärke 15“, winkt Salco ab, als sich die mit Mützen und Regenklamotten gerüsteten Gäste aus Deutschland über das Wetter beklagen. „Texel hat die meisten Sonnenstunden in den Niederlanden“, betont er. Und wenig Niederschlag. Durchschnittlich sind es nur 500 Liter pro Jahr, deutlich weniger als am Niederrhein. Mit 30 Kilometer Sandstrand, 390 Kilometer Wander- und Radwege und knapp 40 Naturschutzgebieten bietet die Insel also optimale Voraussetzungen für Aktivitäten an der frischen Luft. Wenn sich die Natur zwischendurch mal kurz austobt, gibt es zum Glück reichlich Alternativen. Man kann zum Beispiel bei TBO (www.tbo-texel.nl) eine Tour mit Salco oder einem seiner Kollegen buchen.

Oder man besucht eines der Museen. Im Hafenort Oudeschild erfährt man im Museum Kaap Skil (kaapskil.nl) viel über die Geschichte der Insel. Im 17. Jahrhundert galt Texel nämlich als Drehscheibe des Welthandels. Hier warteten die Schiffe auf günstigen Wind und deckten sich vor allen Dingen mit dem eisenhaltigen und damit länger haltbaren Trinkwasser ein. Vor der Küste liegen zahlreiche Schiffswracks aus der Zeit, als die Reede von Texel mit Schiffen gefüllt war. Eines davon, voll beladen mit luxuriösen Waren, sank um 1650. Den außergewöhnlich gut erhaltenen Funden aus dem „Palmholzwrack“ ist seit Ende 2022 eine eigene Ausstellung gewidmet. Zu sehen ist unter anderem ein Seidenkleid, das von Wissenschaftlern als die „Nachtwache der Textilien“ bezeichnet wird. Tatsächlich sieht das Kleid aus, als hätte es eben noch im Schrank gehangen – in jedem Fall sieht man ihm die 400 Jahre auf dem Nordseegrund nicht an. Es lohnt sich auch, eine Runde über das Außengelände zu drehen. Das Freilichtmuseum zeigt ein typisches Fischerdörfchen um das Jahr 1900 mit Wohnhäusern, Mühle und Schmiede.

Gleich hinter dem Deich befindet sich der Hafen. Von hier aus starten verschiedene Touren. Man kann zum Beispiel mit einem Krabbenkutter in See stechen. Unterwegs werden die Netze ausgelegt und anschließend wird der Fang an Bord sortiert und verarbeitet (garnalenvissenoptexel.nl).

Für Sammler

Unbedingt besuchen sollte man den Leuchtturm an der nördlichsten Spitze der Insel (www.vuurtorentexel.nl) und das Seefahrt- und Strandgutmuseum Flora in De Koog (www.juttersflora.nl). Von der Flaschenpost-Sammlung bis zum kompletten Schiffswrack ist hier alles zu sehen, was von den „Juttern“, den Strandräubern, in den letzten Jahrzehnten zusammengetragen wurde. Fünf Scheunen sind bis unters Dach gefüllt mit Dingen, die in Texel an Land gespült wurden. Anker, Bojen und Rettungsringe, Schuhe, Seile, Plastik, Helme und Schnuller: Hier kann man sich mehrere Stunden aufhalten und hat noch nicht alles gesehen.

Für Kinder gibt es einen Quiz (die Kleinen können eine Bilder-Schnitzeljagd machen, die größeren Kinder müssen Fragen beantworten) und draußen einen großen Spielplatz. Seit Februar 2023 gibt es eine neue Ausstellungshalle, die sich mit der Geschichte von Texels Stroomboot Onderneming (TESO) befasst. Auch darauf sind die Texelaner stolz, denn schon seit dem Jahr 1909 erfolgt der Fährverkehr in Eigenregie – die Insulaner haben nur zwei Jahre gebraucht, um die externe Fährgesellschaft aus dem Rennen zu kicken.

Wer mehr über die Pflanzen- und Tierwelt der Nordsee und des Wattenmeers erfahren möchte, ist im wenige Kilometer entfernten Ecomare (www.ecomare.nl) gut aufgehoben. Hier befindet sich auch die älteste Seehunde-Auffangstation Europas. Wer sich für die Geschichte der Luftfahrt inklusive der 1919 gegründeten KLM Royal Dutch Airlines (die älteste noch existierende Fluggesellschaft der Welt) und Texel während des Zweiten Weltkriegs interessiert, ist im Luftfahrt- und Kriegsmuseum (www.lomt.nl) am International Airport richtig. Von hier aus starten bei den richtigen Windverhältnissen auch Rundflüge (www.tessel-air.nl) und es gibt eine Fallschirmsprung-Schule.

Schlechtwetter-geeignet ist in jedem Fall auch ein Besuch in der Schapenboerderij Texel (www.schapenboerderijtexel.nl). Während die beiden Australian Working Kelpies der Familie Witte zeigen, wie sie die Schafe auf Kommando rein in den Stall oder raus auf die Wiese scheuchen, erzählt der Chef etwas über die Texelschafe, deren Wolle zwar im Vergleich zu anderen Rassen (wie etwa dem Merinoschaf) wenig einbringt, die aber gutes Fleisch liefern und auch im Winter draußen schlafen könn(t)en. Wer nicht aufpasst, hat schnell ein Schaf auf dem Arm oder darf (erfolglos) versuchen, die Hunde zur Arbeit zu animieren. Anschließend geht‘s zum Schafe-Knuddeln, wahlweise kann man aber auch Hühner streicheln oder Meerschweinchen auf den Arm nehmen. Da leuchten mitunter nicht nur Kinderaugen...

Für Naturliebhaber

Die leuchten auch bei Marcel, wenn er etwas über die Flora und Fauna „seiner“ Insel erzählt. Mit ihm kann man zum Beispiel im Naturschutzgebiet De Slufter auf Erkundungstour gehen (www.txgids.nl). Lange Zeit bestand Texel aus zwei Teilen: dem „Alten Land“ im Süden und der Düneninsel „Eierland“ im Norden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Eierland eingepoldert. Als 1851 während einer Sturmflut die Dünenreihe brach, entstand De Slufter. Die direkte Verbindung zur Nordsee blieb, weshalb das Gebiet regelmäßig mit Salzwasser geflutet wird. Marcel zeigt auf das Moosblümchen, die kleinste Blume der Niederlande, und erklärt, weshalb der Strandbeifuß auch „Flohkraut“ genannt wird. Er keschert nach kleinen Garnelen und Fischen, zeigt die Goldafter-Raupen, die im Sanddorn ihre Nester spinnen, lässt Feuersteine, die während der Eiszeit aus dem hohen Norden gekommen sind, Funken schlagen und verweist auf die Vögel, die man hier beobachten kann. Viele seiner Führungen hält der Grundschullehrer in deutscher Sprache, immer häufiger aber auch in seiner Muttersprache. „In der Coronazeit haben viele Niederländer festgestellt, wie schön es hier ist“, sagt Marcel. Deswegen kämen auch immer mehr Touristen vom Festland.

Erholung pur

Die Nähe zur Natur ist auch Ricardo wichtig und der „rote Faden“ seiner Unternehmensphilosophie. Ricardo führt in dritter Generation den Campingplatz Woud (www.woudtexel.nl) in der Nähe von Den Burg und setzt mit großzügigen, naturnahen Parzellen, Tiny-House-Zelten und mit viel Komfort ausgestatteten Zelt-Lodges vor allem auf Ruhe und einen schonenden Umgang mit der Natur. Während hier in der Nebensaison überwiegend ältere Semester die Seele baumeln lassen, kommen im Sommer viele Familien mit Kindern. Es gibt einen großen Spielplatz, aber kein Animationsprogramm. „Ganz bewusst“, sagt Ricardo, denn auf Trubel hat er keine Lust. Für Jugendliche würde auf anderen Campingplätzen mehr geboten. Hier, mitten im Wald, setzt er andere Prioritäten. Zum Campingplatz gehört übrigens auch das gemütliche „Bed and Bos“ De 14 Sterren (www.hotel14sterren.de). Wer auf das zweite B nicht verzichten mag, kann zum Beispiel bei Smakelijk & Meer (www.smakelijkenmeer.nl) einen Frühstückskorb bestellen.

Überhaupt: In Sachen Kulinarik hat Texel einiges zu bieten. Man kann sich hervorragend bekochen lassen, etwa im ’t Schoutenhuys, das dem traditionsreichen Hotel De Lindeboom in Den Burg angeschlossen ist (www.lindeboomtexel.nl) oder im Restaurant Orangerie ‘t Vogelhuis im Badeort De Koog (www.restaurantvogelhuistexel.nl). Den besten Kaffee, leichte Gerichte und leckeres Brot gibt es bei Texelse Branding (texelsebranding.nl) in Den Burg und nach einem Strandspaziergang lohnt sich ein Stopp im Strandpavillon Faro Beach (www.farobeach.nl) und im Café-Restaurant De Slufter (www.caferestaurantdeslufter.nl). Wer sich selbst richtig gut bekochen möchte, ist bei Wessel in der Pastorie De Waal (www.pastoriedewaal.nl) bestens aufgehoben. Der Profikoch bietet Kochworkshops mit typisch Texeler Zutaten an und zaubert gemeinsam mit den Teilnehmern tolle Menüs, die anschließend am Esstisch in seiner großen Küche verputzt werden.

Viele weitere Infos für eine perfekte Auszeit auf Texel bietet der VVV Texel unter www.texel.net/de oder vor Ort in der Touristinfo in Den Burg. Vorbeischauen lohnt sich!

Verena Schade
An niedlichen Schafen kommt man auf Texel nicht vorbei und auch der Leuchtturm lässt sich kaum übersehen. Spannend wird es in jedem Fall im „Flora“ mit einer kunterbunten Sammlung von Gegenständen, die in den letzten 75 Jahren am Strand angespült wurden.

An niedlichen Schafen kommt man auf Texel nicht vorbei und auch der Leuchtturm lässt sich kaum übersehen. Spannend wird es in jedem Fall im „Flora“ mit einer kunterbunten Sammlung von Gegenständen, die in den letzten 75 Jahren am Strand angespült wurden.

Von Schafen, Strandräubern und einem Seidenkleid
Von Schafen, Strandräubern und einem Seidenkleid

Im Naturschutzgebiet De Slufter findet man Pflanzen und Tiere, die sich auf das Salzwasser eingestellt haben.NN-Fotos: vs

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