Rees: Die Stadtjubiläen im Fokus
Geschichtsverein Ressa blickt mit historischen Fotos, Super-8-Filmen und einem Theaterstück auf die 700- und 750-Jahr-Feier der Stadt zurück
REES. Experiment gelungen! Als die 150 Zuschauer im Bürgerhaus gebeten wurden, die Sprechrollen der Bürger, Schöffen und Ritter zu übernehmen, unterstützten sie das kurze Theaterstück „Die Stadterhebung“ mit voller Kraft und voller Kehle. Uraufgeführt wurde das lokalhistorische Melodram vor 97 Jahren zur 700-Jahr-Feier. Damals schlüpfte Postmeister Hebing in die Rolle des Kölner Erzbischofs Heinrich von Molenark, der am 14. Juli 1228 dem kleinen Ort Rees die Stadtrechte verlieh.
Beim Vortragsabend des Reeser Geschichtsvereins Ressa übernahm nun der Vorsitzende Heinz Wellmann den wortreichen Part des Erzbischofs. An seiner Seite agierte Bürgermeister Sebastian Hense, dem im Laufe des Stückes sogar die tatsächliche Bürgermeisterkette um den Hals gelegt wurde. Ernst August Voß sorgte als Stiftspropst von Rees für Gottes Segen bei der nachgespielten Stadterhebung.
Michael Scholten, zweiter Vorsitzender des Geschichtsvereins und seit einem Jahr offizieller Koordinator der geplanten 800-Jahr-Feier, hatte tief in den Archiven gewühlt, um Fotos, Super-8-Filme, Radioaufzeichnungen, Redemanuskripte und eben auch das historische Theaterstück aufzuspüren und daraus einen langen und doch kurzweiligen Vortragsabend zu machen, der die Arbeit früherer Generationen würdigte und zugleich die Lust auf das nächste Stadtjubiläum im Jahr 2028 steigerte.
Der erste Teil des Abends wartete mit Schwarz-Weiß-Bildern des Reeser Fotografen Joseph Knippenberg auf. Dieser kehrte 1928 aus seiner Wahlheimat Düsseldorf zurück nach Rees und dokumentierte dort unter anderem den Festzug, in dem zwölf Gruppen mit beachtlichen Kostümen und Festwagen die Geschichte der ältesten Stadt am unteren Niederrhein nachstellten: von germanischen Fischern über Edelmänner und Kaufleute bis zum Rokoko-Postwesen und der Pumpenkirmes zur Biedermeierzeit.
Willy Buschmann, der Hauptorganisator der 700-Jahr-Feier, erfüllte seine Aufgabe so sehr zur Zufriedenheit des damaligen Bürgermeisters Bernhard Greis, dass ihm der Rat der Stadt Rees ein Piet-Leysing-Gemälde („Netzflicker bei der Arbeit“) schenkte, das vor einem Jahr wieder nach Rees kam und seither im Koenraad-Bosman-Museum ausgestellt wird.
Der zweite Teil des Vortrags war den 39 Veranstaltungen der 750-Jahr-Feier gewidmet, deren Hauptorganisator der Journalist Carlheinz Tüllmann, in Kooperation mit dem VVV und den Ortsvorstehern, war. Michael Scholten zeigte viele Presse- und Privatfotos, aber auch digitalisierte Super-8-Filme von Bruno Leineweber und Anton Tersluisen.
Der frühere zweite Vorsitzende Klaus Kuhlen las die Festrede vor, die Bürgermeister Josef Tasch 1978 im Pädagogischen Zentrum vor Ehrengästen aus dem Kreis Kleve und dem Düsseldorfer Landtag hielt. Darin kritisierte der erste Mann der Stadt die mangelnden Investitionen aus Düsseldorf in den ländlichen Raum, schöpfte aber Hoffnung aus der bevorstehenden touristischen Nutzung des Reeser Meeres – die fast 50 Jahre alte Rede könnte also als Blaupause für Sebastian Henses Festrede im Sommer 2028 dienen.
Zudem erklangen Ausschnitte aus der WDR-Sendung „Zu Gast in Rees“, die am 25. Mai 1978 live aus dem Festzelt auf dem Kirchplatz gesendet und von Max Schautzer moderiert wurde. Die Audiokassette mit dem seltenen Zeitdokument hat die letzten 47 Jahre im Hause Blumensaat überstanden: Fritz Blumensaat aus Haffen gewann damals das erste Stadtkaiserschießen und wurde nach dieser Pioniertat von Max Schautzer interviewt.
„Wer heute nicht im Bürgerhaus war, hat einen großartigen Vortrag verpasst“, lobte Heinz Wellmann die einjährige Recherchearbeit seines Stellvertreters, der einmal mehr auf die technische Unterstützung seines Vorstandskollegen Dirk Kleinwegen zählen konnte. Der Geschichtsverein plant, den Vortrag in zwei bis drei Jahren zu wiederholen, damit weitere Reeserinnen und Reeser die Möglichkeit bekommen, sich bei einer erneuten Aufführung des Theaterstücks „Die Stadterhebung“ schauspielerisch zu verausgaben.
Volles Haus im Bürgerhaus beim Ressa-Vortrag über die 700- und 750-Jahr-Feier in Rees. Foto: Ressa