
„Fridays for Future“ Rees kritisiert Bauvorhaben des neuen Aldi-Marktes
Grünfläche „mehr wert“ als größerer Supermarkt, sagen die Klimaaktivisten und bemängeln fehlende Mixed-Use-Bebauung
REES. Der geplante Neubau eines Aldi-Marktes an der Florastraße in Rees, etwa 200 Meter Luftlinie entfernt vom aktuellen Standort vor dem Delltor, sorgt für Wirbel. So kritisiert die Ortsgruppe von „Fridays for Future“ (FFF) das Vorhaben, da es mit dem „Verlust einer wertvollen Grünfläche“ einhergehe, es zu einer weiteren Flächenversiegelung komme und Aldi sich zudem gegen einen „Mixed-Use“ mit Wohnbebauung entschieden habe.
Die Vorarbeiten zum neuen Aldi-Markt haben bereits begonnen. Die als „Raadtswäldchen“ bekannte Fläche zwischen Florastraße und Sahlerstraße ist gerodet. Aldi Süd hatte sich das Grundstück bereits 2015 eigentumsrechtlich gesichert. Wie die Stadt Rees im November mitteilte, sollen ihre wichtige Aspekte beim Neubau berücksichtigt werden, zum Beispiel „eine Baumbepflanzung auf dem Parkplatz, die Realisierung eines optisch ansprechenden Marktes mit passendem Klinker, großzügigem Glaseingang und noch weiteren standortbezogenen Entwicklungen“.
Doch „Fridays for Future“ Rees kritisiert, dass an der Florastraße nur ein neuer Markt entsteht, keine Mixed-Use-Immobilie. „Unsere Mixed-Use-Konzepte beleben Innenstädte und bereichern Handelsstandorte. Ob neue Wohnungen, Raum für Kitas und Betreuungsangebote oder Flächen für Gastronomie, Büros und zusätzlichen Handel: Wir greifen den lokalen Bedarf auf und entwickeln eine passende Lösung“, wirbt Aldi Süd im Internet auf seiner Immobilien-Seite. „Eine gute Idee auch für Rees, denn auch hier herrscht Wohnungsmangel“, sagen die Reeser Klimaaktivisten. Roland Mümken von FFF ergänzt: „Uns ist bewusst, dass die Baukosten aufgrund verschiedener Faktoren momentan sehr hoch sind, von denen aber nicht alle auf Aldi zutreffen. Aldi kauft und bebaut das Grundstück in jedem Fall, eine Aufstockung ist bedeutend günstiger als ein kompletter Neubau nebendran. Aus diesen Gründen können wir nicht glauben, dass Aldi eine solche langfristige Investition nicht stemmen könnte.“
Aus Sicht der Klimaaktivisten und „übereinstimmend mit der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“ müsse der Flächenfraß in Deutschland so schnell wie möglich „auf Netto-Null reduziert“ werden. Wenn Flächen neu bebaut werden, sollten diese so effektiv wie möglich genutzt werden. „Ein Obergeschoss mit dringend benötigtem Wohnraum ist aus unserer Sicht das Mindeste. Mit Blick auf immer heißer werdende Sommer und die Auslöschung biologischer Vielfalt hätte die Bebauung eigentlich sogar komplett verhindert werden müssen. Die begrünte Fläche [...] war mehr wert als eine größere Verkaufsfläche für Supermärkte“, teilt die FFF-Ortsgruppe mit.
Aldi: Starke Durchgrünung
Auf Nachfrage der NN teilt Aldi Süd mit, dass man bei dem Neubauvorhaben in Rees „großen Wert“ darauf lege, „die versiegelten Flächen auf ein Minimum zu reduzieren und den Charakter des Raadtser Wäldchen zu erhalten. So enthält der gestellte Bauantrag unter anderem eine Dachbegrünung für das Gebäude sowie eine Photovoltaikanlage. Außerdem wird die Stellplatzanlage eine starke Durchgrünung mit Bauminseln sowie eine Baumreihe entlang der Florastraße aufweisen.“ In Abstimmung mit der Stadt Rees habe man sich zudem darauf geeinigt, „die kurzen Wege zwischen der Sahlerstraße und der Florastraße“ für Fußgänger und Radfahrer beizubehalten.
Zum Punkt der von FFF Rees geforderten Mixed-Use-Bebauung sagt Aldi Süd, man habe bei der Entwicklung und Realisierung solcher Projekten „stets ökologische, soziale und wirtschaftliche Anforderungen im Blick. Entsprechend prüft das Unternehmen bei der Entwicklung neuer Filialen oder der Modernisierung bestehender Standorte sehr genau, inwiefern wirtschaftliche und baurechtliche Rahmenbedingungen den Bau einer Mixed-Use-Immobilie erlauben. Der Überbau bestehender Filialen mit Wohnungen oder anderen Nutzungen ist aus statischen Gründen in der Regel nicht möglich.“ Bei der Entwicklung der Mixed-Use-Projekte greife Aldi Süd stets „lokale Anforderungen auf, um über relevante Zusatznutzungen vor Ort einen Mehrwert zu schaffen und die Infrastruktur zu stärken.“ Dabei trete das Unternehmen immer offen in den Austausch mit lokalen Partner und Interessengruppen, um möglichst den Bedarf aller Beteiligten zu berücksichtigen.
Stadt Rees: Haben konstruktiv diskutiert
Die Stadt Rees bestätigt gegenüber den NN, dass „viele Möglichkeiten konstruktiv diskutiert“ wurden – auch zur Wohnbebauung. „Auf der einen Seite ist es eine unternehmerische Entscheidung auf einem Gelände, das sich bereits im Eigentum von Aldi befindet. Auf der anderen Seite sind es Aspekte der Stadtentwicklung, auf der wir in diesem Verhandlungsrahmen Einfluss nehmen konnten. Wir sind sicher, dass wir hier gemeinsam eine gute Lösung für Rees gefunden haben“, betont die Stadt Rees. Zur Kritik von FFF zur weiteren Versiegelung von Grünflächen heißt es: „Grünflächen und insbesondere nachhaltige Lösungen sind ein wichtiger Bestandteil in der Stadtentwicklung in Rees und betrachten wir im Ganzen. Diese Thematiken werden intensiv in den Ausschüssen und im Rat mit allen Fraktionen offen diskutiert – so auch bei diesem Projekt.“ Zur Folgenutzung des bestehenden Aldi-Marktes finden laut Stadt regelmäßig Gespräche statt: „Beide Seiten sind hier sehr aktiv. Aktuell gibt es aber noch keine spruchreife Neuigkeiten.“
Die Baugenehmigung für den neuen Markt liegt übrigens inzwischen vor.
Die Fläche des „Raadtswäldchen“ ist gerodet, hier will Aldi seinen neuen Markt bauen. NN-Foto: MB
