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Für Geflüchtete soll die Bezahlkarte die Bargeldausgabe ersetzen. Foto: Adobestock
4. April 2025 · Michael Bühs · Emmerich

Einführung der Bezahlkarte: Schikane oder Notwendigkeit?

Mehrheit im Rat der Stadt Emmerich ist dafür, Verein „Fremde werden Freunde“ in Rees lehnt sie ab

EMMERICH/REES. Das Land Nordrhein-Westfalen hat am Dienstag, 7. Januar, mit der Ausgabe der ersten Bezahlkarten an Geflüchtete in Landeseinrichtungen ausgegeben. Dabei handelt es sich um eine guthabenbasierte Debitkarte. Die Karte soll die Ausgabe von Bargeld ersetzen, die bislang einmal wöchentlich in den Geflüchteteneinrichtungen erfolgt. Sie ist nicht mit einem Bankkonto verbunden, sondern bietet nur die Möglichkeit, monatlich einen geringen festen Betrag abzuheben und in bestimmten Geschäften vor Ort damit zu bezahlen. Das Verfahren soll bundesweit eingeführt werden und den Verwaltungsaufwand vermindern. Doch es kommt auch Kritik von verschiedenen Seiten.

So hat beispielsweise für die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) die Einführung der Bezahlkarte „den Charakter einer Schikanemaßnahme, die für die Verwaltung wenige Vorteile bringt und das Leben für geflüchtete Menschen deutlich erschwert. Sie diskriminiert Geflüchtete.“ Vor allem aber für die Karte dazu, dass durch damit verbundenen Beschränkungen „das Existenzminimum unterschritten wird, das für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist“. Deshalb klagt die GFF gegen die „restriktiv ausgestalteten“ Bezahlkarten und betont weiter: „Keine Behörde muss eine Bezahlkarte ausgeben. Vielmehr liegt es im Ermessen der jeweiligen Behörde, ob sie die gesetzlichen Leistungen in Form der Bezahlkarte erbringt.“

Die Bürgermeisterkonferenz im Kreis Kleve hat sich bereits für eine einheitliche Einführung der Bezahlkarte im gesamten Kreisgebiet ausgesprochen, um unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Kommunen und damit einen „Flickenteppich“ zu vermeiden.

In Emmerich soll die Karte zum Ende des Jahres eingeführt werden. Eine Mehrheit im Rat mit CDU, BGE und Freien Wähler befürwortet dies; am 8. April soll die endgültige Entscheidung fallen. Eine klar ablehnende Haltung haben SPD und Grüne. „Die Absicht, die Verwaltung von Sozialleistungen zu optimieren und den Missbrauch von Sozialleistungen zu minimieren, unterstützen wir, eine zielführende Umsetzung ist die Bezahlkarte für Asylbewerber unserer Meinung nach jedoch nicht“, sagt etwa die SPD-Fraktionsvorsitzende Meike Schnake-Rupp. Ihre Fraktion spricht sich dafür aus, „die sogenannte Opt-Out-Regelung zu nutzen und die Bezahlkarte zum jetzigen Zeitpunkt nicht einzuführen“. Aus Sicht von Daniel Klösters, Mitglied im Sozialausschuss und Fraktionsgeschäftsführer der SPD, schränke der maximale Betrag der Barabhebung von 50 Euro im Monat „die Menschen massiv in ihrer finanziellen Selbstbestimmung ein. Der Besuch von Trödelmärkten oder Veranstaltungen zur Integration von Geflüchteten ist mit geringen Barmitteln nur bedingt möglich.“ Auch sehe man einerseits einen „hohen Verwaltungsaufwand, der mit der Führung von sogenannten Black- oder White-Listen für potenzielle Überweisungsempfänger einhergeht“. Andererseits gebe es „auch rechtliche Bedenken. Mehrfach sind in der Vergangenheit bereits Städte erfolgreich verklagt worden, da Einzelfallumstände hinsichtlich der Höhe der Bargeldentnahme nicht berücksichtigt wurden. Dies sollten wir uns ersparen“, sagt Jan Ludwig, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD Emmerich.

Die FDP Emmerich zeigt sich derweil „irritiert über die widersprüchliche Positionierung der SPD in Bezug auf die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber. Während Bürgermeister Peter Hinze sich in der Bürgermeisterkonferenz für die Einführung ausgesprochen hat, lehnt die SPD-Fraktion in Emmerich diese nun ab.“ Dies sei „absolut unverständlich“. Die FDP hingegen unterstütze die Einführung einer Bezahlkarte, da durch die Einführung „der Geldtransfer ins Ausland deutlich erschwert“ werde, da die Bezahlkarte keine Überweisungen oder Bargeldabhebungen erlaube.

Bevor in Rees die eigentliche Diskussion über die Einführung der Bezahlkarte beginnt, positioniert sich der Verein „Fremde werden Freunde“ bereits klar dagegen. Man habe „gerade zu den von dieser Umstellung Betroffenen einen guten persönlichen Bezug und kennt die alltäglichen Lebenssituationen dieser Mitbewohner. Gerade aus dieser engen Beziehung ergibt sich für uns die Bitte an die Entscheidungsträger, dieser Änderung der finanziellen Zuwendung nicht zuzustimmen“, teilen der 1. Vorsitzender Karl-Heinz Bövingloh und die 2. Vorsitzende Helga Häsel in einem Schreiben mit. Aus ihrer Sicht schränkten die vorgesehenen Regularien für die Nutzung der Bezahlkarte die Entscheidungsfreiheit über das den Geflüchteten zustehende Geld „erheblich und durchaus nachteilig ein. Schon deshalb, weil nicht an jedem Ort und für jedes öffentlich zugängliche Geschäft der Einsatz der Karte gegeben ist. Gerade soziale Kaufhäuser und günstige Einkaufsquellen, aber auch Märkte, Flohmärkte und Stadtfeste bieten zumeist keine Möglichkeit, diesen Weg der Bezahlung zu nutzen. Ganz abgesehen davon, dass dieses Zahlungsmittel erkennbar zur Ausgrenzung der Nutzer führen kann.“ Der Einwand des Reeser Vereins gegen die Einführung einer Bezahlkarte resultiere aus „der persönlichen Erfahrung mit unserem Klientel. Daneben lesen wir aber auch täglich die Meinungen anderer, wie sie [...] in offenen Briefen von Wohlfahrtsträgern zu lesen sind.“ Diesen schließe man sich an und appellieren an „die Entscheider, diesem Vorhaben eine Absage zu erteilen“.

Für Geflüchtete soll die Bezahlkarte die Bargeldausgabe ersetzen. Foto: Adobestock

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