„Der Soundtrack der 68er“ im PAN in Emmerich
Ausstellung „German Underground“ zeigt „Krautrock“-Konzertplakate – Eröffnung am 25. Juli
Während in den USA die Plakate der dortigen Subkultur massiv vermarktet werden, „wird das Thema bei uns sehr vernachlässigt“, berichtet Siekmann. „Es gibt weder Sammlungen noch Archive.“ Dabei spielen die „Krautrock“-Bands von den 1970er bis Mitte der 1980er Jahre „in fast jedem Kaff“, erzählt Siekmann. Doch ausgerechnet am Niederrhein, wo nun erstmals eine repräsentative Auswahl dieser historischen Konzertplakate westdeutscher Musiker von 1968 bis 1981 zu sehen ist, „war es etwas dünn. Wenn es Auftritte gab, wurde von der Presse nicht berichtet. Sie wurden hier in der Region zensiert.“
Dabei ist „Krautrock“ nicht nur die Lösung vom damals allgegenwärtigen Beat und Jazz. „Es entstand etwas ganz Neues. Zunächst war alles sehr laienhaft, die Bands haben ihre Instrumente teilweise selbst gebaut“, sagt Siekmann. Gleiches gilt auch für viele Plakate zu Konzerten und Plattenveröffentlichungen. Doch schnell entwickelt sich daraus „die einzige deutsche Musikrichtung, die international von Bedeutung ist“. So sei es wenig verwunderlich, dass viele „Krautrock“-Bands – allen voran „Kraftwerk“ – zunächst in den USA erfolgreicher sind als in Deutschland. „Der Prophet gilt eben nichts im eigenen Land“, sagt Diekmann. Doch künstlerische Eigenständigkeit, Mut zum Experiment und musikalische Qualität führen auch hierzulande zu kommerziellen Erfolgen. Gleichzeitig spielen die Bands auch Konzerte im umliegenden Ausland, beispielsweise in England und Spanien. „‚Kraftwerk‘ hat sogar in Tokio in Japan ein Konzert gespielt – davon haben wir auch ein Plakat im PAN“, verrät Siekmann.
Gleichzeitig wird der Begriff „Krautrock“ nicht von allen Musikern und Bands wertgeschätzt. Laut Siekmann grenze er das Spektrum der Akteure zu sehr ein. „Deshalb haben wir uns bei der Ausstellung für den Titel ‚German Underground‘ entschieden. Er soll alle Richtungen, Fusionen und Mischungen auffangen“, sagt Siekmann, „und mehr das eigene, kreative Schaffen in den Fokus rücken.“
Mitte der 1980er Jahre gerät „Krautrock“ aus dem Blickfeld, erst Mitte der 1990er Jahre keimt neues Interesse auf, und der damit verbundene Stil etabliert sich weltweit noch stärker.
Und obwohl namhafte Künstler und Designer wie Jürgen Spohn, Reinhard Hippen, Karl Oskar Blase, Günther Kieser, Emil Schult und Holger Matthies die ikonografischen Plakate zum „Krautrock“ schufen, fanden diese nie wirklich den Weg ins Rampenlicht. Gerd Siekmann will das nun ändern: Aus seiner mehr als 400 Exemplare umfassenden Sammlung hat er 189 Werke für ein Buch ausgewählt, rund 80 davon sind wiederum im PAN zu sehen. „Mindestens 90 Prozent davon wurden eigens für Konzerte entworfen“, erläutert Siekmann. „Nur selten sind sie identisch mit den Motiven von Plattencovern.“
Mit der Ausstellung will der Sammler und Kurator auch auf den „wichtigen Einfluss von Subkulturen“ aufmerksam machen, der beispielsweise im Geschichtsunterricht fehle, obwohl er zu wichtigen Veränderungen, auch politischer Natur, in den späten 1960er und 1970er Jahren führte. „Diese Veränderungen dokumentiert man zu wenig und stellt sie zu wenig aus“, ist Siekmann überzeugt.
Holger Matthies, der ebenfalls in „German Underground“ vertreten ist, hat bis 31. August auch noch seine eigene Ausstellung „Trias – eine fotografische Spätlese“ im PAN und stellte den Kontakt zwischen Gerd Siekmann und dem Emmericher Museum her.
Die Vernissage zu „German Underground“ findet am Donnerstag, 25. Juli, von 18 bis 21 Uhr im Untergeschoss des PAN statt. Nach der Begrüßung durch PAN-Kuratorin Christiane van Haaren übernimmt Gerd Siekmann selbst die Einführung. Die Ausstellung ist dann bis 15. Dezember in Emmerich zu sehen.
Gerd Siekmann stellt rund 80 der mehr als 400 Konzertplakate seiner Sammlung im PAN aus. NN-Foto: MB
Michael Bühs ist Redakteur bei den Niederrhein Nachrichten und betreut die Ausgabe Emmerich/Rees.