Deichsanierung in Rekordzeit
„Erfolgsgeschichte“: Bau bei Dornick nach nur zwei Jahren abgeschlossen – Abschnitt Esserden folgt
EMMERICH. Manchmal geht es doch schneller als erwartet. Nach nur zwei Jahren Bauzeit – und damit drei Jahre früher als geplant – hat der Deichverband Bislich-Landesgrenze mit dem Bauunternehmen Martens en Van Oord (MVO) aus den Niederlanden die Deichsanierung zwischen Dornick und der Kläranlage Emmerich abgeschlossen. Am Freitag wurde der Deich offiziell durch NRW-Umweltminister Oliver Krischer eingeweiht. Doch bis zu diesem freudigen Ereignis floss viel (Hoch)Wasser den Rhein entlang und vergingen Jahrzehnte, im Grunde Jahrhunderte.
Tatsächlich war der alte Deich bei Dornick im Kern 800 bis 900 Jahre alt, wie Holger Friedrich, Geschäftsführer des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze, berichtet. Bereits eine Untersuchung Ende der 1980er-, Anfang 1990er-Jahre habe ergeben, dass nicht nur dieser 2,6 Kilometer lange Abschnitt sanierungsbedürftig sei. „Es sind reine Erdbauwerke, die durch die Hochwasserereignisse der Vergangenheit nicht mehr richtig standfest sind“, erläutert Friedrich.
Entsprechend stellten die Deichverbände Ende der 1990er-Jahre Anträge auf Sanierung der Bauwerke. Doch aus verschiedenen Gründen – darunter Probleme im Genehmigungsverfahren und ein „großer Bürokratie-Aufwand“, wie Friedrich berichtet – verzögerten die Vorhaben immer wieder. Immer wieder mussten neue Anträge gestellt werden. „Wir haben zuletzt mit Sorge auf jedes neue Hochwasser geschaut, das angekündigt wurde“, sagt Friedrich.
Als dann endlich die Genehmigung zur Sanierung auch für den Abschnitt bei Dornick vorlag, „erfolgte der Bau mit großem Tempo“, blickt Friedrich erfreut auf die vergangenen zwei Jahre zurück und spricht von einer „echten Erfolgsgeschichte“ für den Deichverband und die Baufirma MVO.
Bei der Einweihung des Deiches am Freitagvormittag betonte Umweltminister Oliver Krischer: „Dieser Deich zeigt, was moderner Hochwasserschutz leisten muss: Entlang der großen Wasserstraßen brauchen wir robuste, durchdachte Bauwerke. Wir werden die Erfahrungen, wie solche Projekte beschleunigt werden können, stärker nutzen.“
Mit einem Auftrag von knapp 15 Millionen Euro – das Land Nordrhein-Westfalen hat sich mit 80 Prozent an den Gesamtkosten beteiligt – wurde der neue Deich nicht nur doppelt so breit und misst in seiner Breite heute 60 Meter, sondern ist auch rund 70 Zentimeter höher und entspricht somit dem aktuellen Rhein-Deich-Regelprofil. „Die Böschung ist flacher als bei alten Deichen, dadurch ist das Bauwerk standsicherer“, sagt Friedrich. Es entsprechen nun allen Anforderungen an den modernen Hochwasserschutz, um auch den heutigen Klimaentwicklungen gerecht zu werden. Neben zahlreichen Flächenankäufen wurden mehr als eine halbe Millionen Kubikmeter Erde bewegt.
Mit dieser Deichsanierung wurde ein weiteres Kettenglied in der 45 Kilometer langen Deichline des grenzüberschreitenden Deichringes saniert – weitere zwölf Kilometer müssen noch folgen, um den grenzüberschreitenden Polder auf zukünftige Hochwasserereignisse vorzubereiten. „Die schlechten Kettenglieder werden immer weniger“, betont Friedrich zufrieden, betont aber gleichzeitig: „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“ So helfe die Sanierung bei Emmerich etwa nicht, wenn bei Haffen der Deich bricht. „Das ist aber ein Szenario, das wir nicht erleben wollen“, betont Friedrich. Daher gebe der Deichverband weiter Vollgas in Sachen Sanierung. Nun steht in der kommenden Woche am Mittwoch der Spatenstich zur Deichsanierung bei Rees-Esserden an, danach geht es weiter in Richtung Bislich. „Auch hier muss dringend saniert werden“, sagt Friedrich. Denn durch den Deich werden in Deutschland und in den Niederlande mehr als 240.000 Menschen geschützt.
Für die Zukunft wünschen sich Friedrich und Deichgräf Harry Schulz nicht nur weitere freudige Ereignisse wie die jüngste Deicheinweihung, sondern dass vor allem „entsprechende Finanzmittel für die Deichsanierung zur Verfügung stehen und die Genehmigungen schneller erteilt werden“. Die Bürokratie müsse sich „ein Stück zurücknehmen“ und der Hochwasserschutz wieder „absolute Priorität“ bekommen.
Wie das NRW-Ministerium Umwelt, Naturschutz und Verkehr auf Anfrage der NN mitteilt, bleibe ein Planfeststellungsverfahren für den Deichbau „aufwändig, aber die Landesregierung setzt sich massiv für Beschleunigung und Vereinfachungen ein. Das Beispiel in Emmerich-Dornick ist das Ergebnis einer besser abgestimmten Planung und Sanierung zwischen allen Beteiligten.“
Echte „Deichhelden“: Die Schafe sind ein wichtiger Baustein bei der Pflege des sanierten Deiches bei Emmerich-Dornick. NN-Foto: Gerhard Seybert
Zur Einweihung des Deichs nach der Sanierung kamen unter anderem Minister Oliver Krischer, Emmerichs Bürgermeisterin Claudia Lindlahr sowie Harry Schulz, Holger Friedrich und Vertreter der Baufirma MVO. NN-Foto: Gerhard Seybert