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Arbeitsmarkt von 2024 Stellten die Zahlen für 2024 vor: (v.l.) Barbara Ossyra, Kevin Hebink und Sabine Hanzen-Paprotta. NN-Foto: T. Langer](/bilder/stellten-die-zahlen-fuer-2024-vor-vl-barbara-ossyra-kevin-7375.jpg)
Ambivalenz prägte den Arbeitsmarkt von 2024
Kreise Wesel und Kleve verzeichnen ein Plus an Arbeitslosen und beim Wiedereinstieg in Erwerbstätigkeit
Die Arbeitslosenzahlen sind damit das zweite Jahr in Folge angestiegen: um 8,5 Prozent von 25.991 in 2023 auf 28.201 in 2024 (2022: 23.140). Schaut man sich den Kreis Wesel an, sind für 2024 17.646 Arbeitslose zu verzeichnen (2023: 16.623). Das sind deutlich mehr als im Kreis Kleve mit 10.555 (2023: 9.368) Arbeitslosen. „Die durchschnittliche Arbeitslosenquote ist in beiden Kreisen zusammen von 6,3 auf 6,8 Prozent gestiegen“, sagt Barbara Ossyra. Im Kreis Wesel liegt die Quote mit 7,2 Prozent (im Vorjahr 6,8 Prozent) ebenfalls höher als im Kreis Kleve mit 6,2 (zuvor 5,6).
„Vor allem in der Gruppe der Älteren ist die Zahl der Arbeitslosen gestiegen.“ Von 28.201 Arbeitslosen sind 3.180 55 bis 60 Jahre alt (2023: 3.007) und 4.002 Menschen 60 Jahre und älter (2023: 3.389). Daher sieht der Plan vor, zukünftig auch die Älteren verstärkt fit für den 1. Arbeitsmarkt zu machen.
Im Stellenpool hat sich ebenfalls etwas getan: Der durchschnittliche monatliche Stellenbestand im Agenturbezirk Wesel mit beiden Kreisen lag in 2024 bei 3.986, was einem Plus von 39,7 Prozent bzw. 1.133 freien Stellen entspricht. Insgesamt im Jahr neu gemeldet wurden der Arbeitsagentur 9.871 Stellen: ein Plus von 18,2 Prozent oder 1.518 Stellen.
Unterschiede in den Branchen
Während es im vergangenen Jahr im Zuge von Kündigungen oder auslaufender Arbeitsverträge 18.682 Arbeitslosmeldungen gab (2023: 17.458), sind auch die Abgänge aus der Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung von 13.862 in 2023 auf 14.952 gestiegen. „Das ist mehr als in den letzten zwei Jahren. An diesen Zahlen sieht man: Die Branchen entwickeln sich unterschiedlich“, kommentiert Barbara Ossyra die Ambivalenz. „Nicht in jeder Branche ist die Lage eine negative. Es ist sehr gemischt.“
Sie fährt fort: „Oft wird auch die Frage gestellt, wieso es bei diesen Arbeitslosenzahlen überhaupt einen Fachkräftemangel gibt.“ Der Grund liege in der großen Differenz im Anforderungsniveau zwischen Angebot und Nachfrage. „Die Nachfrage nach einem bestimmten Qualifikationsniveau stimmt nicht mit den vorhandenen Berufsabschlüssen bei Arbeitslosen überein.“ Fast 54 Prozent aller gemeldeten Stellen (5.289) richteten sich an Fachkräfte, 23,4 Prozent zielten hingegen auf das Meister- und Techniker- bzw. Akademikerniveau (2.309) ab und nur rund 23 Prozent auf Helfer (2.273). Erschwerend hinzu kämen Faktoren wie gesundheitliche Einschränkungen und Mobilitätsfragen.
Das Missverhältnis mache sich zudem in der Zeit bemerkbar, in der Stellen nicht besetzt seien. „Die Differenz zwischen dem Abgang und frühstmöglichen Besetzungstermin lag 2024 im Schnitt bei 136 Tagen. 2023 waren es noch 105 Tage.“
Dennoch kann Barbara Ossyra neben den altkannten Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung auch von anderen Wegen berichten, um dem Problem entgegenzuwirken. „Zum Beispiel, eine Stelle mit jemandem zu besetzen, der noch nicht über die gewünschte Qualifikation verfügt, um dann nach der Einstellung mit einer geförderten Weiterbildung zu starten.“ Für Arbeitgeber bedeute das jedoch eine gewisse Investition.
Bezogen auf die Eintritte in die verschiedenen Weiterbildungsmaßnahmen kann Kevin Hebink, Teamleiter Arbeitgeber-Service im Kreis Kleve, von einem Plus von 4,8 Prozent auf 2.207 berichten. Die darin enthaltenen Maßnahmen für Arbeitslose bzw. Arbeitssuchende, die auf einen Berufsabschluss zielten, seien jedoch um 4,4 Prozent auf 626 gesunken. „Der leichte Rückgang hat auch etwas mit fehlendem Potenzial zu tun“, erklärt er. Die Beschäftigtenförderung hingegen sei um fast 30 Prozent auf 417 Fälle gestiegen.
Potenzial bei Flüchtlingen
Großes Potenzial sieht man bei der Agentur für Arbeit in der Integration der Flüchtlinge. Barbara Ossyra verdeutlicht das anhand der Zahlen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Diese sind in 2024 – zunächst ganz allgemein – gestiegen: um 0,8 Prozent von 251.711 in 2023 auf 253.619 in 2024 (Kreis Wesel: 145.686 in 2024; 144.320 in 2023; Kreis Kleve: 107.933 in 2024; 107.391 in 2023). Betrachte man schließlich in dieser Kategorie die Ausländer, falle das Plus um einiges größer aus: Mit 4,9 Prozent ist ihre Zahl von 36.932 (2023) auf 38.733 (2024) gestiegen. Im Kreis Wesel liegt sie bei 20.417 (2023: 19.046; +7,2 Prozent) und im Kreis Kleve bei 18.316 (2023: 17.268; +6,1 Prozent). „Wäre dieser Anstieg nicht, würde die Zahl aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten leicht rückläufig sein“ – wegen des demografischen Wandels.
Eine Statistik haben sie und Hebink auch für die Ukrainer: Die Arbeitslosenzahlen in dieser Gruppe seien zuletzt im Dezember 2024 mit 2.117 noch höher gewesen als Ende 2023 mit 1.795. „Das liegt aber immer an der aktuellen Entwicklung in der Ukraine“, erläutert Barbara Ossyra. Stetig angestiegen ist jedoch die Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ukrainer: von 232 (2022) auf 660 (2023) auf 1.157 (2024).
Einen Anstieg gibt es zudem bei den Arbeitslosen aus den acht stärksten Asyl-Herkunftsländern (Dezember 2023: 3.190; 2024: 3.447). Dasselbe gilt aber auch für ihre Beschäftigung: Hier sind die Zahlen seit 2015 (301) kontinuierlich auf 4.498 in 2024 gewachsen.
Aktivitäten mit Partnern
Zur Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt tragen nicht nur die (berufsbegleitenden) Sprachkurse bei. Auch die übrigen Aktivitäten der Agentur für Arbeit und ihrer Partner, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sind hier zu nennen. Die Maßnahmen waren im vergangenen Jahr zahlreich und umfassten zum Beispiel den Job-Turbo, die Karrieremesse Niederrhein in Kalkar, die Woche für Menschen mit Behinderung oder die Bewerbertage mit Rheinmetall. Zum Programm gehörten aber ebenso ungewöhnliche Ansätze wie der Markt der Möglichkeiten in der JVA Moers-Kapellen.
Digitale Angebote
Abseits der Statistik stand das letzte Jahr bei der Agentur für Arbeit auch im Zeichen der Digitalisierung. Herausgekommen ist unter anderem ein nationales Onlineportal für berufliche Weiterbildung unter mein-now.de, das auch ein Selbsterkundungstool namens „NewPlan“ bereitstellt, worüber sich zum Beispiel die eigenen Stärken entdecken lassen. Mittlerweile sind aber auch viele Terminvereinbarungen online möglich.
Die neue BA-mobil-App soll hingegen mit vielen nützlichen Funktionen einen sicheren und datenschutzkonformen Austausch mit der Agentur für Arbeit ermöglichen. Sie richtet sich dabei sowohl an Arbeitnehmer als auch an Arbeitgeber. „Man kann sich arbeitssuchend melden, Arbeitslosengeld beantragen, ein Berufsorientierungspraktikum beantragen und einiges mehr“, sagt Pressesprecherin Sabine Hanzen-Paprotta. Sogar bei der Familienkasse lässt sich mit der App zum Beispiel Kindergeld beantragen oder eine Videoberatung vereinbaren.
Ausblick auf 2025
Den Blick auf 2025 gerichtet, sei die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage laut Barbara Ossyra schwer einschätzbar. Mit steigender Arbeitslosigkeit sei wohl weiterhin zu rechnen, ebenso mit der Nachfrage nach Fachkräften. Ein Ziel der Arbeitsagentur ist daher, so gut es geht den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu minimieren. „Da schauen wir vor allem auf diejenigen, die noch nicht arbeitslos sind. Das Beste ist, sie noch in der Kündigungsfrist zu vermitteln.“ Das helfe auch der Agentur für Arbeit, Geld einzusparen und somit das Defizit für die kommende Zeit zu reduzieren.
Die Agentur für Arbeit möchte sich darüber hinaus weiterhin im Partnerschaftsnetzwerk einbringen, etwa in den internationalen Klassen der Berufskollegs oder über die Förderung von Qualifizierungen.
Stellten die Zahlen für 2024 vor: (v.l.) Barbara Ossyra, Kevin Hebink und Sabine Hanzen-Paprotta. NN-Foto: T. Langer
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