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Corinna Endlich (2.v.r.) und Jochen Gringmuth (3.v.r.) führten durch die Ausstellung.NN-Fotos: T. Langer
17. Juli 2025 · Thomas Langer · Niederrhein

800 Jahre niederrheinische Geschichte für Jung und Alt

Das LVR-Niederrheinmuseum in Wesel eröffnet wieder und setzt mit neuem Konzept auf Erlebnisse

NIEDERRHEIN. Eine Neuausrichtung und 5,2 Millionen Euro später schickt das LVR-Niederrheinmuseum in Wesel seine Besucher ab kommenden Freitag auf eine Zeitreise durch 800 Jahre niederrheinische Geschichte. Über die Inszenierung mit ausgeklügelter Szenographie, modernen Hilfsmitteln und spannenden Exponaten auf 1.800 Quadratmetern verbindet das Museumsteam um Corinna Endlich die Kunst-, Kultur-, Zeit-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte der Region zu einem breiten historischen Gesamtbild, ohne dabei die Familienfreundlichkeit aus den Augen zu verlieren. Für Groß und Klein geeignet ist auch der Geopark: Parallel zur Ausstellung entführt er in die vergangenen Erdzeitalter.

„Will man etwas über den Niederrhein erzählen, muss man sich den Rhein vornehmen“, erläutert Museumsleiterin Corinna Endlich. Damit erklärt sich auch der Name der Ausstellung: Bei „Leben mit dem Wasser“ ist der Rhein ein Leitmotiv. Als Waren- und Ideenstrom ist er im Erdgeschoss thematisch und symbolisch allgegenwärtig und führt die Besucher zunächst durch die Themen Handel und Wirtschaft. Auf anschauliche Weise bezeugen dabei die Exponate die Neuheiten ihrer jeweiligen Zeit. So finden sich etwa eine Schedelsche Weltchronik als Zeugnis des Buchdrucks, Porzellan aus China für den Handel mit anderen Nationen, aber auch ein begehbarer Frachtcontainer als Zeichen der modernen Globalisierung wieder. Hinzu kommen Rüstungen, Waffen oder auch Schiffsmodelle, die den Fortschritt in der Schifffahrt nachzeichnen. Nahbar wolle man sein, sagt Jochen Gringmuth, der sich um die Szenographie der Ausstellung kümmerte. Deshalb sind auch nicht alle Exponate in Schaukästen versteckt. Manche hängen von den Decken, andere darf man sogar anfassen.

Die Geschichte des Niederrheins mit ihren Brüchen und Höhepunkten wird auch in Bezug zu globalen Entwicklungen bzw. europäischer Geschichte dargestellt. Den Jahrhunderte währenden Warenstrom begleiteten zahlreiche Ereignisse, die Einfluss auf den Lauf der Geschichte nahmen. Die Reformation zum Beispiel. Einige dieser Ereignisse waren aber auch wahre Zäsuren, also wegweisende Einschnitte in die niederrheinische Geschichte und das hiesige Leben: der Achtzigjährige Krieg, die Napoleonischen Kriege – die Weltkriege.

Der Faktor Mensch

Aber im Museum geht es nicht nur um Geschichte, sondern auch um die Menschen, die sie beeinflussten. Im Bereich der Ideengeschichte stehen daher prägende Denker wie zum Beispiel Gerhard Mercator oder Andreas Vesalius, aber auch Strömungen wie die Aufklärung oder Ideen wie Demokratie im Vordergrund. Für den modernen Anstrich und lebendige Geschichte sorgen dabei nicht nur die erwähnten Exponate – rund 470 an der Zahl –, sondern auch Medienstationen, die immer wieder zum Mitmachen einladen, aber auch Animationen bereithalten. Eine mittelalterliche Stadt bauen, mit einem Kaufmann der Hanse zur See fahren oder die Festung Wesel als interaktives Modell kennenlernen: die Technik macht’s möglich.

Eine noch größere Rolle spielt der Faktor Mensch in der Ausstellung, wenn es um die identitätsstiftenden Aspekte wie Sprache, Bräuche und Traditionen geht. Schützenfeste, Festivals wie Parookaville oder auch St. Martin – die Beispiele sind vielzählig. Ganz konkret wird es bei den Biografien. Hier geht es oft um historische Persönlichkeiten, aber nicht ausschließlich. Da der Niederrhein hier als Gebiet zwischen Rhein und Maas von Arnhem bis Düsseldorf gefasst wird, ist die Riege der zeitgenössischen Einheimischen äußerst bunt: Hanns Dieter Hüsch, Dieter Nuhr, Claudia Schiffer, Berti Vogts, Andrea Berg und, und und. Besonders schön: „Sie lassen sich auch spielerisch erfahren“, sagt Corinna Endlich.

Ein anderes Highlight, der neue Geopark im Foyer – eine Zusammenarbeit mit dem Verein Geopark Ruhrgebiet –, ergänzt die Dauerausstellung noch um naturkundlich-geologische Aspekte. Neben Drohnenaufnahmen und einem Untergrundmodell können sich die (nicht nur kleinen) Besucher spielerisch durch die verschiedenen Erdschichten bohren. Um dabei erfolgreich zu sein, gilt es jedoch, Fragen zu beantworten. Die Antworten gibt es in den Gängen die Treppe hinunter, die Millionen von Jahre zurück in die verschiedenen Erdzeitalter führen und diese mitsamt ihrer tierischen Bewohnter in die Gegenwart holen. So erfährt man zum Beispiel, dass der Niederrhein vor rund 400 Millionen Jahren südlich des Äquators lag oder hier in vergangenen Zeiten einmal Seekühe, Flusspferde und sogar Waldelefanten hausten. „Wir hatten hier die größten Elefanten, die je gelebt haben“, sagt Katrin Schüppel, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Geopark Ruhrgebiet. Die großzügige Gestaltung der Wände und die spannenden Exponate sind echte Hingucker – darunter die Backenzähne eines Wollhaarmammuts aus Xanten-Vynen. Das vielleicht beste am Geopark: Der Eintritt ist unabhängig von der Ausstellung frei.

Um das Museum allen Besuchern zugänglich zu machen, hat das Team Teilhabe und Inklusion großgeschrieben und das nicht nur in räumlicher Hinsicht: Leichte Sprache, Videos in Gebärdensprache und sogar eine App für Gehörlose, über die sie QR-Codes scannen und die Erzählungen des Guides auf ihrem Endgerät in Textform verfolgen können. „Sie wurde so entwickelt, dass es sogar in 36 Sprachen möglich ist“, sagt Endlich. Zum Tragen kommen könne die App somit zum Beispiel auch in VHS-Kursen für Migranten. Apropos Sprache: Aus der geografischen und auch thematischen Nähe zu den Niederlanden hat sich das Team für Niederländisch als zweite Sprache der Ausstellung entschieden.

Da es erklärtes Ziel ist, das Museum als regionalen Kulturort zu etablieren, der die Identität(en) der Region anschaulich, modern und sinnlich darstellt, ist außerdem schon jetzt an die Zukunft gedacht. Wie Corinna Endlich erklärt, kann und soll die Ausstellung über die Jahre inhaltlich flexibel gestaltet werden.

Die Neueröffnung findet am morgigen Freitag, 18. Juli, um 11 Uhr statt. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr. Erwachsene zahlen sechs Euro Eintritt, unter 18 Jahren ist der Eintritt frei. Freien Eintritt für alle gibt es jeden 1. Freitag im Monat. Einen Begleitband zur Ausstellung mit 223 Seiten ist ebenfalls erhältlich.

Der Eintritt zum Geopark im Foyer ist frei.

Der Eintritt zum Geopark im Foyer ist frei. Foto: Thomas Langer

Corinna Endlich (2.v.r.) und Jochen Gringmuth (3.v.r.) führten durch die Ausstellung.NN-Fotos: T. Langer

Bannerwerbung: Eine Person wirft einen Wahlzettel in eine Wahlurne; daneben steht groß der Text "Live-Ticker – Wahlergebnisse zur Kommunalwahl" mit einem roten Kreuzsymbol.
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