
1000 Musiker, 16.000 Zuschauer und eine Rheinbergerin
Die Saxophonistin Marina Taiber wirkte am vergangenen Samstag beim „The Grand Jam“ – „Deutschlands größter Band“ – im Frankfurter Stadion mit
RHEINBERG/FRANKFURT. Als Mitglied des „Big Band Orchesters Niederrhein“ ist Marina Taiber Auftritte vor vielen Menschen bereits gewohnt. Auch demnächst stehen wieder Engagements bei Sankt Martins-Zügen oder Weihnachtsmärkten an. Doch was die 25-jährige Saxophonistin aus Rheinberg am vergangenen Samstag erlebte, stellt alles in den Schatten: An diesem Tag war sie nämlich Mitglied eines 1000 Musiker starken Orchesters, das sich wohl zurecht „Deutschland größte Band“ nennt. Gemeinsam traten sie vor 16.000 Zuschauern im Frankfurter Stadion auf – dort, wo sonst die Frankfurter Eintracht ihre Heimspiele austrägt. „The Grand Jam“ nennt sich dieses von Patrik Meyer, Chef der Eintracht Frankfurt Stadion GmbH, initiierte und von Musiker Mark Smith gecoachte Projekt.
Seinen Ursprung hat es aber in der Coronavirus-Pandemie. „Damals konnte man sich ja nicht mehr zu Proben treffen. Ich wollte aber weiterhin Musik machen und das nicht nur für mich allein, sondern gemeinsam mit anderen Musikern. Deshalb habe ich damals im Internet recherchiert und bin wirklich durch Zufall auf Jens Illemann aus Norddeutschland gestoßen, der Musiker für ein Online-Orchester suchte. Daraus ist die größte Band der Welt mit Musikern unter anderem aus Amerika, Kanada, Bulgarien und Nordwegen geworden“, sagt Taiber. Das „Corona Spezial Online Orchester“ mit 1320 Musikern aus 44 Ländern erhielt sogar den offiziellen Weltrekord für die „meisten Beteiligten an einem virtuell spielenden Musikensemble“. Auch Marina Taiber aus Rheinberg war ein Teil davon.
Patrik Meyer, der Chef Eintracht Frankfurt Stadion GmbH, holte das große Orchester aus dem Internet auf die große Bühne, auch wenn diese eher sprichwörtlich zu verstehen ist. Denn die „Bühne“ im Frankfurter Stadion ist für die 1000 Musiker der mit Platten abgedeckte Rasen. „Die 16.000 Zuschauer saßen am Samstag auf den Rängen. Der Unterrang war wirklich komplett voll“, sagt Taiber. Seine Premiere feierte „The Grand Jam“ allerdings bereits im vergangenen Jahr in Frankfurt. Auch da war Taiber bereits dabei. „Wenn man einmal ein Teil des Online-Orchesters ist, ist man da so mit drin. Es gab dann eine Anfrage, wer mitmachen möchte“, berichtet die 25-Jährige, die nicht lange überlegen musste. Die Gelegenheit, Teil eines so großen Orchesters und vor so vielen Menschen auftreten zu dürfen, bekomme man schließlich nicht jeden Tag.
Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr wurde „The Grand Jam“ in diesem Jahr sogar noch weiter ausgebaut. Im Juli spielten die Musiker bereits in einem Stadion in Dresden; am vergangenen Samstag folgte schließlich das „Heimspiel“ in Frankfurt. Die Vorbereitung darauf begann im August. „Dann bekommt man die Noten der einzelnen Lieder zugeschickt. Wir haben zum Beispiel ,Angels‘ von Robbie Williams, ,An guten Tagen‘ von Johannes Oerding und ,Don’t stop me now‘ von Queen gespielt. ,Don‘t stop believin‘ von Journey ist unsere Hymne, die immer dabei ist“, sagt Taiber.
Jeder Künstler übe die Stücke erstmal für sich allein zuhause ein. „Dazu gibt es dann Tutorials. Da haben Musiker die Stücke bereits eingespielt und man kann zuhause üben mit ihnen zusammen in einem Orchester zu spielen“, sagt Taiber. Es habe sich aber auch eine NRW-Gruppe gegründet, die sich vor dem Mega-Auftritt in Frankfurt ein paar Mal getroffen habe. „Zu einigen Proben bin ich auch gefahren“, berichtet Taiber.
Insgesamt sei die Vorbereitung aber gut zu schaffen gewesen: „Man muss dazu kein Profi-Musiker sein. Etwas Vor-Erfahrung sollte man aber schon mitbringen.“ Ihr habe ihre gute Saxophon-Ausbildung bei ihrem früheren Musiklehrer geholfen. „Er hat schon damals gesagt: Du lernst unter anderem den richtigen Takt und das Notenlesen so akribisch, dass Du später auch in einer Band spielen kannst. Das war für diese Aufgabe super“, erzählt Taiber, die sich in einem Urlaub auf Mallorca in das Instrument verliebte: „Ich habe dort in der Club-Anlage einen Saxophonisten gesehen, der auf seinem Saxophon ein Lied gespielt hat. Danach wollte ich unbedingt Saxophon-Spielen lernen, aber meine Eltern waren erstmal zurückhaltend. Ich habe jedoch so lange davon geredet, bis sie mich bei einer Schnupperstunde angemeldet haben. Danach wollte ich sofort weitermachen. Erst habe ich auf einem Leih-Instrument gespielt und später, als auch meine Eltern bemerkten, dass das Saxophon das Richtige für mich ist, habe ich ein eigenes Saxophon bekommen.“ Mittlerweile ist Marina Taiber Mitglied des „Big Band Orchesters Niederrhein“.
Heute vor einer Woche – also am Mittwoch vor dem Spektakel – trafen alle Musiker des „The Grand Jam“ in Frankfurt das erste Mal zu Proben aufeinander. Mark Smith, der mehr als 2000 Songs geschrieben und mehr als 20 Gold- und Platin-Alben mit Millionen verkaufter Exemplare – inklusive elf Nummer 1-Alben – vorweisen kann, übernahm das Coaching der Musiker. „Schon bei den Proben herrschte eine ganz besondere Atmosphäre. Hier zählt nur die Musik und das Zusammengehörigkeitsgefühl ist großartig“, berichtet Taiber. Aufgrund der Entfernung seien die meisten Musiker Deutsche gewesen. „Aber es waren auch Musiker aus der ganzen Welt dabei“, ergänzt die Rheinbergerin.
Nach der Generalprobe am Freitag folgte dann der große Auftritt am Samstagabend im Frankfurter Stadion. „Nervös war ich nicht, weil wir ja eine große Gemeinschaft waren. Aber ich habe um mich herum gar nichts mehr wahrgenommen. Selbst meine Eltern und Freunde, die mitgereist waren, habe ich nicht gesehen“, berichtet Taiber. Es sei ein ganz besonderes Gefühl und Erlebnis gewesen, zum mittlerweile dritten Mal ein Teil des „The Grand Jam“ zu sein – und das sei nicht nur der Musik zu verdanken. Das ganze Drumherum mit dem stimmungsvollen Licht, der Pyrotechnik, dem Feuer, den ausgewählten Sängern und den Artisten, welche die Wirkung der Songs nochmal eindrucksvoll unterstreichen würden, sei einfach einzigartig. „Deshalb bin ich auch im nächsten Jahr wieder mit dabei“, verrät Taiber, die mit den Musikern in ihren 25. Geburtstag am vergangenen Sonntag reinfeierte.
Sabrina Peters
Marina Taiber bei den Proben vor dem Spektakel. Mit den Kopfhörern konnte sie ihr eigenes Spiel besser hören.
Die Musiker standen beim „The Grand Jam“ auf dem Stadionboden. Artistik und Pyrotechnik waren ebenfalls Teil der Show. Fotos (2): privat

Redakteurin in Xanten, Kalkar, Rheinberg und Alpen sowie Büderich und Ginderich