Zweites Jugendforum der Stadt Xanten scheitert an der Teilnehmerzahl
Die Veranstalter sind ratlos: „Wie können wir euch am besten zuhören?“
XANTEN. Man könnte es als eine Art Rückschlag bezeichnen, was vergangenen Dienstag in der Xantener Jugendkulturwerkstatt „JuKuWe“ passierte – oder eher, nicht passierte. Vertreter der Politik und der Stadt hatten Jugendliche in Form eines Jugendforums eingeladen, mit ihnen über ihre Sorgen und Verbesserungsvorschläge für die Stadt Xanten zu sprechen. Zweimal hatte das im Frühjahr bereits gut geklappt, jetzt stehen die Veranstalter mit einer Beteiligung von gerade einmal vier Jugendlichen wieder am Anfang und fragen sich: Woran hat es gelegen?
„Wir suchen schon sehr lange ein Instrument, um die Jugend mit der Politik zu vereinbaren“, sagt Peter Hilbig von der Freien Bürgerinitiative. „Es gab im April ein Jugendhearing im Schützenhaus, zu dem zwischen 70 und 80 Schüler aus Xanten gekommen sind“, sagt Katja Dicks aus dem Fachbereich Bildung der Stadtverwaltung. Diese Veranstaltung sei von den Schulen aus verpflichtend gewesen, habe sich daher als sehr erfolgreich herausgestellt. „Ein zentrales Ergebnis des Jugendhearings war ‚Hört uns zu‘. Die Jugendlichen möchten gehört werden. Also wollten wir ihnen die Möglichkeit dazu geben“, ergänzt Hilbig weiter. Der „Drive“ und Erfolg aus dem Jugendhearing wurde anschließend bei einem ersten Jugendforum im JuKuWe sichtbar. Hier beteiligten sich etwa 20 bis 25 Jugendliche, um ihre Ideen für Veränderungen in der Stadt zu äußern.
Nun ist von diesem Drive nichts mehr zu spüren. Neun Erwachsene, unter ihnen auch Bürgermeister Thomas Görtz, warten vergebens auf weitere, junge Teilnehmer. Der Einladung gefolgt sind lediglich die Vorsitzende der Jusos Xanten, Daphne Schiela sowie drei Schüler des Stiftgymnasiums, die in der Schülervertretung tätig sind oder waren. Auch die vier wundern sich über die laue Beteiligung im Gegensatz zur ersten Auflage. „Das Jugendhearing war wirklich erfolgreich. Es sind Leute aus sich heraus gekommen, die sich so etwas sonst niemals getraut hätten“, sagt die Schülerin Maja.
Werbung für die Veranstaltung gab es über die Schulen. „Wir wussten, dass wir die größtmögliche Gruppe an Jugendlichen ansprechen, wenn wir über die Schulen gehen“, erklärt Hilbig. „Die Einladungen wurden etwa drei Wochen vorher an alle verschickt“, ergänzt Dicks. Zu den Schülern durchgedrungen seien diese allerdings nicht.
Der Bürgermeister spricht seinen Unmut darüber aus: „Auf gewisse Institutionen möchte ich mich verlassen können. Es kann nicht sein, dass wir einen Termin wochenlang ankündigen und es dann nicht intern weitergeleitet wird.“ Eine berechtigte Kritik? Fest steht, die Stadt selbst hat trotz Schulträgerschaft keinen Einfluss auf interne Abläufe oder Organisatorisches. Wie also stattdessen in Kontakt mit der Schülerschaft gelangen? Und wollen die Jugendlichen das überhaupt?
Die erste Idee zur Lösung dieser Fragen kommt von Daphne Schiela, inspiriert von Lerninhalten in einem Uni-Seminar. „Wir haben in der Vorlesung über Autoritäten gesprochen und darüber, dass Trainer in einem Verein oft eine größere Autorität für die Jugendlichen sind als Lehrer in der Schule. Vielleicht kann man also durch den Stadt-Sportverband zuerst auf die Vereine oder Pfadfinder zugehen.“
Direkt vor Ort mit den Jugendlichen sprechen oder nur durch den Trainer über einen Termin des Jugendforums informieren? Das ist die Frage. Der Schüler Florian hat zumindest zu einer dieser Optionen eine klare Meinung: „Ich glaube, wenn die Jugendlichen wissen, dass zum Training Politiker kommen mit denen sie reden sollen, sind beim Training auf einmal alle krank oder verhindert.“ Eine zweite Meinung kommt von seinem Mitschüler aus der SV: „Wenn ich zum Training gehe, möchte ich abschalten und nicht noch mit jemandem über Politik reden.“ Damit ist diese Möglichkeit schon einmal raus.
Ernüchterung breitet sich im Kreise der Erwachsenen aus. Hilbig: „Die Jugendlichen sollten den Kommunikationsweg wählen, damit wir nicht aneinander vorbei reden. Ich frage mich: Wie können wir euch zuhören, wenn Formate wie das Jugendforum nicht funktionieren?“ Die Hemmschwelle solle möglichst niedrig sein, alles ohne Verpflichtungen passieren, weil diese als abschreckend empfunden werden. Was aber, wenn das nicht funktioniert?
Dann wirft Daphne noch eine Idee ein: Könnte ein anonymer Kummerkasten an den Schulen eine Lösung sein? „So müsste man nicht mit Erwachsenen direkt sprechen und traut sich vielleicht mehr, seine Meinung zu äußern.“ Nun meldet sich Maja wieder zu Wort. Als ehemalige Schülersprecherin wisse sie, dass die Schule eigentlich das beste Hilfsmittel sei, um die Schüler dazu zu bewegen, an einer Besprechung teilzunehmen.
„Die Schüler brauchen einen direkten Mehrwert. Wenn für sie etwas Positives dabei herausspringt zum Jugendforum zu kommen, zum Beispiel, indem man ein paar Stunden schulfrei erhält, ist die Motivation gleich viel größer. Ich hätte auch lieber die 6. Stunde frei, anstatt meine Freizeit dafür herzugeben.“ Bis her waren die Termine des Jugendforums immer im Nachmittags- und frühen Abendbereich gewesen. Gespräche also während der Schulzeit? Die Institutionen würden da nur sehr ungern mitmachen, erläutert Maja weiter. „Immer wenn es darum geht, Unterrichtszeit abzugeben, macht die Schulleitung nur ungern mit.“
Ein Anlass für eine Zusammenarbeit könnten die Kommunalwahlen im nächsten Jahr sein, heißt es aus einer anderen Ecke der Runde. Projekttage zu den Wahlen könnten die nötigen Brücken für Gespräche mit den Vertretern der Stadt herstellen. Bei einer Sache sind sich aber alle einig: „Im Idealfall würden die Jugendlichen, wenn sie mit uns sprechen möchten, auf uns zukommen. Wir als Stadt möchten die Verantwortung eigentlich aus der Hand geben, dabei darf man den Prozess aber nicht verlieren“, sagt Sandra Bree von der Stadtverwaltung.
Die Politiker möchten also die ersten Grundlagen schaffen, um sich danach nach den Jugendlichen zu richten. Einen weiteren Termin für das Jugendforum gibt es so erst einmal nicht. Man wolle zunächst versuchen, noch einmal direkt auf die Schülervertretungen zuzugehen, ihnen das Vorhaben vorzuschlagen und damit die Schülerschaften direkt anzusprechen. Auch für Thomas Görtz ist dies essenziell: „Bevor wir ein neues Treffen planen, möchte ich wissen, ob die Jugendlichen überhaupt ein inneres Interesse haben, mit uns ins Gespräch zu kommen. Ich möchte, dass sie das wollen, und dann möchte ich wissen wie.“
Ein Symbolbild: Das JuKuWe ist leer gefegt, einen weiteren Austausch mit Jugendlichen wird es hier erst mal nicht geben. NN-Foto: JK