„Wer sagt was und warum“
Lesermeinung zum Thema Nationalpark Reichswald
Nationalpark: dafür oder dagegen? Bevor man abstimmt beim Bürgerentscheid, sollte man sich natürlich anschauen, was gesagt wird, aber vor allem, wer es sagt und warum. Das wird noch ziemlich wenig beleuchtet. Zwei Beispiele: 1.) Initiative „Unser Reichswald“. Slogan: „Der Reichswald soll so bleiben, wie er ist.“ Gegründet von (unter anderem) Max Freiherr von Elverfeldt, beteiligt am Windpark Baaler Bruch und Geschäftsführer der Firma „Windenergie Niers GmbH“ (Eintragung 4. Juni 2020, Weeze). Nebenbei ist er Präsident vom Verein „Familienbetriebe Land und Forst NRW“, die in einer Stellungnahme vom 25. Oktober 2023 dem Landtag NRW mitteilten: „Die Mitglieder unterstützen den Ausbau der Erneuerbaren Energien vollumfänglich und stellen dazu gerne ihre Flächen zur Verfügung.“ 2.) Carlo Marks, Geschäftsführer der Stadtwerke Goch, aber auch Vorstand der Energieversorgung Kranenburg (EVK). Die EVK ist von ABO Wind (jetzt ABO Energy) zum Teilhaber gemacht worden im Windkraftprojekt am Kartenspielerweg, woran Günter Steins schon lange arbeitet. Er ist ehemaliger Bürgermeister von Kranenburg, CDU-Mann und im Aufsichtsrat der EVK. Die Stadtwerke Goch haben bei der Jahresabrechnung jedem Kunden einen Flyer geschickt, in dem Carlo Marks sogar persönlich davor warnt, dass der Nationalpark „erhebliche Einschränkungen mit sich bringen [würde], die auch die Wasserversorgung gefährden könnten“, plus: „Hierzu gibt es leider bis heute aus dem Ministerium keine konkreten Lösungsvorschläge.“ Fakt ist aber: Das Ministerium hat eindeutig zugesagt, dass die Trinkwasserversorgung oberste Priorität hat. Herr Marks ist aber auf die Einladung des Ministeriums vom 1. Februar (!), um Lösungen zu besprechen, nicht eingegangen. Er war auch nicht dabei, als der Umweltminister am 10. April dieses Jahres in Kessel war; da hätte er seine Fragen in aller Öffentlichkeit stellen können. ABO Wind hat in dieser Sitzung übrigens wohl erklärt, dass sie Windräder im Reichswald bauen wollen. Das sind alles reine Fakten, die einfach öffentlich im Netz zu finden sind, einige Minuten Google-Arbeit reicht. Geht es hier tatsächlich um Klimaschutz oder doch etwas anderes? Es lässt sich sehr, sehr viel Geld verdienen mit Windkraft, zum Beispiel mit der Verpachtung von Grundflächen. Die Ausweisung zum Nationalpark würde ein definitives Aus für die Windkraftprojekte im Reichswald bedeuten. Und genau deswegen wird jetzt eine massive Desinformationskampagne dagegen gemacht, mit richtig viel Geld dahinter, um uns als Bürger zu verwirren und gegeneinander aufzuhetzen. Das Allerbeste ist, wenn wir so verunsichert werden, dass wir komplett abschalten: Wenn nämlich das Quorum nicht erreicht wird, scheitert der Bürgerentscheid sowieso. Die Klever Politik ist jedenfalls auf der gleichen Seite: Die möchten auch keinen Nationalpark. Ich befürchte, dass wir hier als Bürger eine enorme Chance wegschmeißen, wenn wir den Nationalpark ablehnen; für die Region, für die Natur und für uns selbst. Das wäre tragisch, vor allem, weil Windkraft wohl CO2 einsparen mag, aber eins nicht kann: Die Artenvielfalt stärken - das kann ein durchgehendes, potenziell internationales (!) Naturgebiet wohl. Und in einer Zeit, wo das Artensterben ein so krasses Ausmaß annimmt, dass es tatsächlich unser Überleben als Menschheit bedroht, sollten wir vielleicht der Natur endlich mal etwas geben, statt ständig nur zu nehmen.
Michael Relou,
Kessel
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