Von Strukturwandel und Vielfalt im Dorf
Veert: Winterleuchten und Herbstausstellung am letzten Novemberwochenende
Die Idee zum aktuellen Thema sei gekommen, als man über den Strukturwandel innerhalb von Veert nachgedacht habe, erläutert Franz Kubon. Die Grundlage dafür waren Fotos und Anzeigen aus alten Festzeitschriften hiesiger Vereine – eine denkbar gute Quelle für das Team der Heimatstube. Vielleicht schon fast zu gut: „Wir mussten aussortieren: Wir hatten viel zu viel Auswahl“, erzählt Karl-Heinz Pastoors.
Ein besonderes Beispiel für diesen Strukturwandel: „Bis 1969 war Veert eigenständig, mit eigener Verwaltung“, sagt Franz Kubon. Heute kaum denkbar, damals aber eine Tatsache war der Umstand, dass die Verwaltungsstelle räumlich zur Gaststätte „Zur Barriere“ gehörte. „Da gab es drei Büroräume“, erinnert sich Franz-Josef Spolders, der dort seine Ausbildung absolvierte.
Wie Kubon erklärt, habe der Schwerpunkt im alten Veert noch vor einigen Jahrzehnten bei Landwirtschaft und Gartenbau gelegen. „Wir hatten circa 60 solcher Betriebe, mit Katstellen und Höfen unterschiedlicher Größen.“ Die Ausstellung fokussiert sich jedoch auf die übrigen Geschäfte und Betriebe. Lässt man den Blick über die vielen Fotos an der Pinnwand schweifen, erkennt man, dass Veert damals gewerblich eine Menge zu bieten hatte – viel mehr, als man heute vermuten würde. Von einer Großschlachterei und Viehhandlung über eine Schneiderei und ein Gardinengeschäft bis hin zu einer Dachdeckerei, einem Plattierungsgeschäft und Landmaschinen mit Eisenwaren gab es eine große Bandbreite, die sich als Liste noch lange fortsetzen ließe.
An einer anderen Pinnwand werden die alten Kneipen und Restaurants wieder lebendig. „Veert hatte in den 50er und 60er Jahren rund zwölf Kneipen“, erklärt Franz Kubon. Haus Neray, „Zur Niersbrücke“, oder auch die Gaststätte „Zur Plattlus“ (die heutige E-Dry): „Es war eine sehr große Kneipendichte da oben. Wenn es am Freitag die Lohntüte gab, war die Versuchung groß“, erzählt er mit einem Lachen. Die dazugehörigen Fotos zeigen nicht nur die damaligen Gebäude, sondern häufig auch die Menschen, die dahinter standen.
Der Wirkungsbereich der Gewerbe ging teils weit über Veert hinaus: „Jakob Dix und der Neuendickshof haben den ganzen Niederrhein mit Spirituosen versorgt“, erklärt Karl-Heinz Pastoors. Hermann Schumacher wiederum habe laut Kubon deutschlandwand Steinmetzte mit Spezialkarren und Arbeitstischen ausgestattet. „Da hatte er ein Patent drauf.“
Damit hören die spannenden Einblicke in Veerts Vergangenheit aber längst nicht auf. In der Heimatstube offenbart sich den Besuchern bald auch, dass Veert bis in die 60er Jahre noch gar keine Straßenbezeichnungen hatte. „Es gab nur dieses kleine Dorf, das alphabetisch durchnummeriert war. Das fing an der Niers mit A an“, erzählt Franz Kubon.
Auch die große Entwicklung der Werbung lässt sich wunderbar in der Ausstellung ablesen: Wo man sich heute vor allem im Fernsehen und Internet vor kunterbunten Werbevideos kaum retten kann, war der Ansatz gemessen an den Möglichkeiten damals wesentlich gediegener. Das zeigt etwa die Anzeige der Gaststätte „Zur Barriere“ mit ihrer hauseigenen Tankstelle in einer Festschrift: „An der ‚Barriere‘ kann man gut tanken und ölen, die heißen Maschinen und die durstigen Kehlen“ – mehr als einen kessen Spruch brauchte es damals nicht.
4. Winterleuchten
Ein bisschen von damals, vor allem den entschleunigten und persönlich-kommunikativen Charakter, möchte auch Jennifer Sieben mit ihrem Geschäft Frau Sieben aufrechterhalten. Unter diesem Stern steht in diesem Jahr auch zum vierten Mal das Winterleuchten von Freitag bis Sonntag, 28. bis 30. November – einen Tag länger als in den Vorjahren. „Es wächst immer mehr“, sagt Jennifer Sieben, „und es wird wahnsinnig gut angenommen.“
Am Freitag von 16 bis 22 Uhr findet das erste Eisstockschießturnier statt – dank zahlreicher Sponsoren mit vielen Preisen. Zum beliebten Glühwein der Vorjahre, Spanferkel und Schmörkes gesellt sich von 19 bis 21 Uhr auch Live-Musik mit „Gentleman on the Road“, ein Auftaktkonzert in neuer Konstellation. „Wir haben nämlich erstmals eine kleine Bühne“, erwähnt Sieben eine weitere Neuerung. Ursprünglich sollte dieser erste Tag nur einem früheren, entspannteren Aufbau dienen. „Dann dachten wir uns, wir bedanken uns damit bei allen Helfern und Vereinen“, erklärt Jennifer Sieben. Anmeldung zum Turnier unter winterleuchten.veert@gmail.com.
Unter Mithilfe zahlreicher Vereine warten dann am Samstag von 14 bis 22 Uhr und am Sonntag von 11 bis 17 Uhr 22 Stände mit einem breiten Angebot. Hier treffen Kunsthandwerk, Musik (mit Johanna Hachmann, Tim Valentin, Kinderchor und Blaskapelle), Kulinarik und Lichterglanz aufeinander. Hinz kommen eine Tannenbaum-Verlosung, eine Bastelaktion und einige weitere Überraschungen. Unterstützt wird Jennifer Sieben beim Winterleuchten von Jens Sparda und Blendevents. „Ohne sie gäbe es das Format nicht“, betont Sieben.
Zu den Öffnungszeiten der Ausstellung in der Heimatstube, Samstag von 14 bis 17 Uhr und Sonntag von 11 bis 17 Uhr, können Interessenten zudem für fünf Euro einen von 300 Heimatkalendern erwerben – darin enthalten sind dieses Mal Fotos aus der aktuellen Themenausstellung. Sie liegen darüber hinaus bei Frau Sieben, dem Niersbäcker, und einigen weiteren Verkaufsstellen aus.
Das alte Restaurant „Zur Niersbrücke“. Foto: privat
Die Familie Heinrich Valentin (Bau- und Möbelschreinerei und mehr), Josefstraße in den 1920er Jahren. Foto: privat
Zum 4. Winterleuchten und zur neuen Herbstausstellung laden ein: (v.l.) Karl-Heinz Pastoors, Franz Kubon, Franz-Josef Spolders und Jennifer Sieben. NN-Foto: Thomas Langer