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Einfach mal den Kunstgürtel enger schnallen ... NN-Foto (Archiv): hf
16. Dezember 2025 · Heiner Frost · Kleve

Von der Kunst des Sparens

Künftig keine Sonderausstellungen mehr im Museum Kurhaus Kleve?

KLEVE. Wenn die Kassen leer sind, ist Sparen angesagt. Die Frage, die sich Städten und Gemeinden stellt: Was muss bleiben und was ist verzichtbar? Es gibt „freiwillige“ Leistungen und eben solche, die nicht einfach gestrichen werden können.

In der Tagesordnung zur Sitzung des Klever Rates am 17. Dezember findet sich unter dem Buchstaben k) folgender Eintrag; „Sonderausstellungen Museum Kurhaus – Haushaltsantrag Nr. HA 12-2026/XII.“ In der Kurzfassung des Antrages des neuformierten Sozialliberalen Forums Kleve (SFK) heißt es, der Rat solle beschließen, dass „die im Haushaltsplan 2026 unter dem Produkt 0404 (Museum Kurhaus/ Mataré-Sammlung) veranschlagten Mittel in Höhe von 110.000 Euro für Sonder- und Wechselausstellungen gestrichen werden“ und „die Verwaltung beauftragt wird, für das Jahr 2026 und die Folgejahre ein Grundbetriebsprogramm ohne zusätzliche Sonderausstellungen zu planen und die eingesparten Mittel zur Haushaltskonsolidierung zu verwenden“. Immerhin: „Die museumspädagogischen Angebote, die Dauerausstellung und der laufende Betrieb bleiben davon unberührt.“

Der Direktor des Museums, Harald Kunde, ist – wen wundert es – not amused. Gerade Sonderausstellungen, so Kunde in einer Stellungnahme, „tragen zur überregionalen Positionierung eines Hauses bei und sind deshalb für das Publikum ein untrüglicher Sensor für die Attraktivität und Qualität der jeweiligen Einrichtung. In dieser Hinsicht hat sich das Museum Kurhaus Kleve über viele Jahre einen exzellenten Ruf erworben, und die Einstellung des Ausstellungsprogramms wäre mit einem immensen Imageverlust verbunden, der einer symbolischen Schließung des Hauses gleichkäme.“

Daniel Rütter (FDP, Fraktion SFK) sprach gegenüber der Presse – in Bezug auf die Sonderausstellungen – von „nice to have.“ Angesichts eines zur erwartenden Haushaltsdefizits von 19,9 Millionen Euro sind eingesparte 110.000 Euro immerhin mal ein Anfang. Dazu sollen auch die Planungen für ein (dringend erforderliches) Depot eingestellt werden.

Keine Wechselausstellungen mehr? Für Rütter und seine Fraktion offensichtlich kein Problem. Es gibt doch genügend Ausstellbares in der Sammlung. Dazu kommt: Sonderausstellungen haben doch nicht wirklich etwas mit Kleve zu tun. Oder? Sie sind eben „nice to have“. Nett, wenn man sich das leisten kann. Aber notwendig? Nicht wirklich. Scheint so. Und da die Ausstellungen fürs anrückende Jahr natürlich längst fix sind, sollte man mit dem Streichen fürs Überjahr zügig beginnen, damit nicht – aus Versehen – jemand einen Antrag stellt, von dem niemand etwas wusste.

Nice to have. Das wäre dann doch mal ein nettes Argument für Dinge, die immer schon mal eingespart werden solltenkönnten. Wie wär’s mit den städtischen Konzerten? Nice to have, aber die meisten, die da auftreten, haben doch nichts mit Kleve zu tun. Also: Weg mit den Konzerten. (Vorsicht; Satire!) Tourneetheater ohne Kleve-Bezug? Geht gar nicht. Und weg damit. Nice to have. Kunst? Siehe oben. Ausstellungen? Die wird es natürlich geben. Einfach mal das Depot durchforsten. Das dürfte doch wohl für achtbiszehn Ausstellungen reichen. Nice to have.

Vielleicht könnte man ja auch mal darüber nachdenken, ob all das Gesammelte überhaupt gebraucht wird. Da lagert doch in den Katakomben bestimmt das eine oder andere, das sich versilbern, wenn nicht gar vergolden ließe. Da brächte das Museum dann mal Geld ein, statt nur Kosten zu produzieren. Haben die nicht Warhol, Richter und Beuys? Das muss sich doch verkaufen lassen. Vor dem Verkauf: Schön abfotografieren. Und wenn das Lager dann leer ist, macht man eine Ausstellung, bei der die Quittungen an der Wand hängen und eine Reproduktion des verkauften Kunstwerks daneben. Titel der Ausstellung: Das war dann mal weg. Die Museumsleitung könnte ja vielleicht ehrenamtlich geregelt werden. Bei Bedarf: Einen Leihkurator engagieren. LaGa? Nice to have. Stadtbücherei? Nice to have. Vielleicht einen Wettbewerb ausloben. „Nice to have had“. Bürger machen Vorschläge. Was kann weg? Was soll bleiben?

Natürlich: Die Angelegenheit ist alles andere als lustig. Sie zeugt von einem wiederkehrenden Dilemma, das sich allüberall wiederfindet. Es hat mit Wertschätzung zu tun und mit einem seelischen Grundnahrungsmittels, das sich Kultur nennt und für viele verzichtbar erscheint. Wenn es ans Sparen geht, finden sich gebetsmühlenhaft Kunst und Kultur auf den vorderen Plätzen. Dass Daniel Rütter vor der Einbringung seines Vorschlages keinen Kontakt zum Museum gesucht hat, ist – gelinde gesagt – schade. Natürlich ist es Teil der Demokratie, dass eine Fraktion Vorschläge einbringt. Aber ohne einen vorherigen Dialog? Vielleicht wären Kompromisslösungen denkbar in Bezug auf das „Produkt 0404“ (Museum Kurhaus.) Bleibt abzuwarten, wie der Rat entscheiden wird. Und sollten in Kleve keine Sonderausstellungen mehr stattfinden, fährt man halt nach Düsseldorf, Essen, Köln oder in die Niederlande.

Einfach mal den Kunstgürtel enger schnallen ... NN-Foto (Archiv): hf

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