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Johannes Schubert, Leiter der Dombauhütte Xanten, Linus Blum, Jan Sonntag und Antoinette Freifrau von Elverfeldt-Ulm, Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung des Xantener Domes (v.l.), betrachten die aktuellen Messwerte am Monitor im Kreuzgang. NN-Foto: Theo Leie
30. August 2025 · Sabrina Peters · Xanten

Mit KI das Klima im Xantener Dom steuern

Sensoren messen schon jetzt dauerhaft unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Dom. Damit die KI das Innenklima im Xantener Dom steuern kann, sind allerdings noch weitere Anpassungen notwendig.

XANTEN. 16 kleine Sensoren befinden sich – teilweise gut versteckt und kaum sichtbar – im und am Xantener Dom. Sie kontrollieren permanent unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Bereits seit 2019 wird mithilfe dieser KI-Sensorik das Innenklima und die Luftqualität im Dom in Echtzeit überwacht. Diese Daten haben schlussendlich Einfluss auf die manuelle Steuerung der vorhandenen Heizung und Umluft. Doch nun möchte die Dombauhütte Xanten noch einen Schritt weitergehen: Eine Künstliche Intelligenz (KI) soll das Innenklima im Xantener Dom ab Februar völlig automatisch und eigenständig steuern.

Mit diesem Projekt, das von der Euregio gefördert wird, ist die Dombauhütte Xanten Vorreiter. „Mir ist keine Kirche bekannt, in der eine künstliche Intelligenz bereits das Innenklima steuert“, sagt Johannes Schubert, Leiter der Xantener Dombauhütte, die sich für die Instandhaltung des Xantener Doms verantwortlich zeichnet. Die Projektidee sei in der Dombauhütte als Ergebnis der Datenerhebung und Auswertung zum Innenklima im Xantener Dom entstanden. „Die Steuerung der Heizung und Belüftung des Innenraums ist auch eine denkmalpflegerische und konservatorische Zielsetzung und somit zur Erhaltung des Bauwerks und der wertvollen Ausstattung von großer Bedeutung“, sagt Schubert.

Gleichzeitig sei dies aber auch eine große Herausforderung. „Es darf im Dom nicht zu warm, nicht zu kalt und nicht zu feucht sein“, sagt Schubert. Auch dürfe sich die Temperatur innerhalb von einer Stunde nicht um mehr als ein Grad ändern, da ansonsten aufgrund der Temperaturunterschiede zum Beispiel Holz rissig werden könnte. „Wir haben im Dom Glas, Stein und Holz sowie insgesamt 16 Altäre, eine Orgel und einen reichen Kunstschatz. Alle Materialien und Objekte haben eine unterschiedliche Optimal-Temperatur, damit sie gut erhalten bleiben“, sagt Schubert.

Natürlich könne es aber letztlich nur eine Temperatur im Xantener Dom geben, weshalb eine für alle am Ende erträgliche Durchschnittstemperatur von etwa 13 bis 14 Grad anvisiert werde. „Allerdings kann die Gradzahl innerhalb des Domes immer mal wieder zwischen vier und fünf Grad variieren“, ergänzt Schubert.

Um eine möglichst durchgehende Optimal-Temperatur bei hervorragender Luftqualität erreichen zu können, hat die Dombauhütte bereits 2019 die Sensoren im und am Xantener Dom installieren lassen, die mit KI-Sensorik das Innenklima und die Luftqualität in Echtzeit überwachen. „Alle 15 Minuten geben diese Sensoren die aktuellen Werte und Daten an einen Server weiter“, sagt Linus Blum, der bis Ende August ein freiwilliges soziales Jahr in der Xantener Dombauhütte absolvierte und maßgeblich an der Umsetzung des neuen KI-Projektes beteiligt war.

Dieses Intervall sei gut gewählt, um genügend Daten über die Temperatur und Luftqualität im Dom zu sammeln. Auf den Monitoren, die im Dom verteilt stehen, wurde durch die Dombauhütte außerdem eine Lüftungsampel installiert. Diese Einrichtung zeigt bereits den geeigneten Zeitpunkt zur Belüftung des Kirchenraums für die Mitarbeiter der Kirchengemeinde an. Diese noch manuellen Prozesse sollen nun durch KI-Unterstützung unter Beibehaltung der alten technischen Anlage automatisiert werden.

Dies bringe viele Vorteile mit sich. „Zum einen soll die KI natürlich ein noch optimaleres Lüftungs- und Heizverhalten ermitteln. Dazu sollen die in Echtzeit erhobenen Innenklima- und Verbrauchdaten mit vorhandenen Archivdaten sowie Wetterprognosen abgestimmt werden“, erläutert Schubert. Zum anderen sollen auch Mitarbeiterressourcen geschont werden. „Bisher muss jedes Fenster zum Lüften von einem Mitarbeiter geöffnet und geschlossen werden. Das soll mithilfe der KI automatisch geschehen“, berichtet Schubert. Das habe nicht nur den Vorteil, dass die Mitarbeiter derweil anderen Tätigkeiten nachgehen könnten, sondern bringe auch noch bislang ungenutzte Möglichkeiten mit sich.

„Manchmal liegt die optimale Zeit zum Lüften im Abend- oder Nachtbereich, aber zu diesen Zeiten kommt natürlich kein Mitarbeiter in den Dom. Das könnte in Zukunft aber die KI übernehmen und automatisch Fenster zum Lüften öffnen oder schließen“, erklärt Schubert. Diese intelligente Klimasteuerung unterstütze den Schutz der historischen Bausubstanz des Xantener Domes, da das System eben automatisch auf Veränderungen reagiere und das Raumklima damit noch stabiler halten könne als es Menschen je könnten.

Bei der Umsetzung des Projekts gab es jedoch eine Schwierigkeit: Die vorhandene Steuertafel, mit der die Mitarbeiter unter anderem die Umwälzanlage (sorgt für Luftzirkulation im Dom; Anm. d. Red.) steuern und den Xantener Dom aktuell auch manuell belüften können, kann nicht einfach geöffnet und entsprechend umfunktioniert werden. „Hätten wir das gemacht, wäre auf Grund der Vorgaben eine komplett neue Anlage nötig gewesen, was natürlich aufwendiger geworden wäre“, sagt Schubert. Deshalb ist die Dombauhütte Xanten gerade noch dabei, eine adaptierte Steuerungstechnik auf die vorhandene Steuertafel zu setzen, damit diese sowohl manuell als auch von der KI gesteuert werden kann. Linus Blum hat dazu in der Dombauhütten-Werkstatt mit dem 3D-Drucker Kunststoffteile (unter anderem Schneckengetriebe) ausgedruckt, welche die bisherigen Bedienelemente an der Steuertafel ersetzen. Auch Chips wurden eingebaut, damit am Ende die KI die Schalter und Hebel der Steuertafel automatisiert bedienen kann. Diese Installation ist allerdings jederzeit wieder abnehmbar und sie kann auch weiterhin manuell bedient werden.

Im Februar nächsten Jahres soll es bereits so weit sein, dass die KI das Innenklima voll automatisch steuert. „Dafür muss die Künstliche Intelligenz natürlich jetzt schon mit vielen Daten gefüttert werden, damit sie lernt“, sagt Blum. Das passiere auch bereits. So werde die KI schon mit allen Daten ab 2019 „gefüttert“. Allerdings dürfe man sich unter dieser Art von Künstlichen Intelligenz nicht eine Konversations-KI wie etwa ChatGPT vorstellen. „Mit der KI, mit der wir hier zur Innenklimasteuerung arbeiten, kann man nicht kommunizieren. Sie wird einfach mit Daten und Messergebnissen gefüttert und ermittelt dann automatisch die passende Steuerung“, erklärt Blum. Zu den Messergebnissen würden auch nicht nur die Daten aus den 16 Sensoren, die im und am Xantener Dom verteilt sind, gehören, sondern auch ganz klassisch die Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes.

Das Projekt „KI zur Innenklimasteuerung des Xantener Doms“, an dem die Xantener Dombauhütte bereits seit Februar dieses Jahres aktiv arbeitet, ist ein Vorreiter auf diesem Gebiet. Allerdings könnten beispielsweise die Kollegen der Dombauhütte am Kölner Dom mit den Ergebnissen aus Xanten nicht viel anfangen. „Die Messdaten sind sehr individuell und von Kirche zu Kirche verschieden, weil jede Kirche einfach völlig unterschiedlich ist“, sagt Schubert. Die Kollegen, die den Kölner Dom in Stand halten, könnten sich zwar ein Beispiel an Xanten nehmen, müssten aber selbst erstmal Messergebnisse mithilfe von KI-Sensoren sammeln, um eine automatische KI-Innenklimasteuerung verwenden zu können.

Die Projektkosten belaufen sich auf insgesamt 100.000 Euro. Allerdings erhält der Verein zur Erhaltung des Xantener Domes, der Träger der Xantener Dombauhütte ist, eine „Interreg KPF industie_I4.0 Projektförderung“ in Höhe von 50.000 Euro. Für die KI-Auswertung ist der niederländische Partner Datacadabra B.V. zuständig, die technische Anpassung übernimmt die Hochschule Rhein-Waal (HSRW) aus Kamp-Lintfort.

Sabrina Peters
KI-Experte Ties Traanman und Linus Blum an der Steuertafel, bei der die Bedienelemente nun KI-gerecht ausgetauscht werden. NN-Foto: Theo Leie

KI-Experte Ties Traanman und Linus Blum an der Steuertafel, bei der die Bedienelemente nun KI-gerecht ausgetauscht werden. NN-Foto: Theo Leie Foto: Theo Leie NiederheinNachrichten

Diese unscheinbaren Sensoren messen unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Xantener Dom. NN-Foto: SP

Diese unscheinbaren Sensoren messen unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Xantener Dom. NN-Foto: SP

Linus Blum mit der Mechanik für die Fensteröffnung in der Werkstatt der Dombauhütte. NN-Foto: Theo Leie

Linus Blum mit der Mechanik für die Fensteröffnung in der Werkstatt der Dombauhütte. NN-Foto: Theo Leie Foto: Theo Leie NiederheinNachrichten

Johannes Schubert und KI-Experte Ties Traanman an der Heizungsanlage im Heizungskeller. NN-Foto: Theo Leie

Johannes Schubert und KI-Experte Ties Traanman an der Heizungsanlage im Heizungskeller. NN-Foto: Theo Leie Foto: Theo Leie NiederheinNachrichten

Johannes Schubert, Leiter der Dombauhütte Xanten, Linus Blum, Jan Sonntag und Antoinette Freifrau von Elverfeldt-Ulm, Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung des Xantener Domes (v.l.), betrachten die aktuellen Messwerte am Monitor im Kreuzgang. NN-Foto: Theo Leie

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