
Kunstverein Gelderland und Stadt Geldern zeigen besonderen Film zum Weltfrauentag
Das Schicksal einer Frau im Iran lockt zur Filmzeit in das Herzogtheater
GELDERN. Der Weltfrauentag steht vor der Tür und damit auch das Bewusstsein dafür, dass Frauen bis heute strukturelle Benachteiligung erfahren. Der Kunstverein Gelderland, das Herzogtheater und die Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Geldern nehmen diesen Tag daher wieder einmal zum Anlass, um dem Kinopublikum am Donnerstag, 13. März, ab 20 Uhr einen besonderen Film darzubieten; es geht um den Kampf für ein selbstbestimmtes Leben entgegen gesellschaftlicher Normen, eine neue Liebe und viel Hoffnung.
„Ein kleines Stück vom Kuchen“ zeigt die Geschichte der 70-jährigen Iranerin Mahin. Seit dem Tod ihres Mannes vor 30 Jahren lebt sie ein zurückgezogenes und einsames Leben, beschließt aber eines Tages, dass dieser Alltagstrott ein Ende haben muss. Einen neuen Mann möchte sie kennenlernen und herausfinden, was das Leben, sonst noch für sie bereithält. Dabei muss sie sich aber auch immer wieder gegen das streng patriarchale Regime im Iran durchsetzen. Lackierte Fingernägel oder ein in der Öffentlichkeit vermeintlich falsch getragener Hidschab (das islamische Kopftuch) bieten dabei bereits große Angriffsflächen. Schließlich lernt Mahin den Taxifahrer Faramarz kennen, und so beginnt für sie eine Zeit zwischen unvergesslich schönen Abenden mit neuen Gefühlen und den strengen Regeln der Sittenpolizei.
Zum Nachdenken anregen, den Austausch fördern und das Publikum in eine neue Welt mitnehmen, ist die Mission hinter der etablierten Filmzeit im Herzogtheater. Seit etwa zehn Jahren präsentiert der Kunstverein Gelderland hier sechs Filme pro Halbjahr. Filme die zwar aktuell und zum Teil preisgekrönt sind, aber nicht im regulären Kinoprogramm laufen. „Wir orientieren uns am Publikum und überlegen welcher Film interessant sein könnte. Aktuelle Filme behandeln meistens auch aktuelle Themen. Nicht zu wissen, wie den Zuschauern das gefällt ist ein Risiko, aber das Ausprobieren verschiedener Genre macht die Sache auch spannend“, erklärt Christel Terhorst, zweite Vorsitzende des Kunstvereins. Eine gute Mischung an Filmen zu wählen sei das wichtige, ergänzt Inge Ruhs, erste Vorsitzende: „Wir zeigen sowohl Biografien und historische Filme die eine besondere Botschaft enthalten, als auch Komödien oder Filme mit politischen Akzenten.“ So folgten auf Filme mit inhaltlich eher „schwerer Kost“ wiederum Filme, die leicht seien und spaß machten. „Wir möchten, dass die Leute froh sind, diesen jeweiligen Film im Kino gesehen zu haben“, erläutert Terhorst weiter. Filme, die zu ihrer Geschichte auch noch eine besondere Atmosphäre erschufen, oder beeindruckende Landschaften darstellten, kämen daher besonders gut an.
Im Fall von „Ein kleines Stück vom Kuchen“ haben sich die Veranstalter vor allem aufgrund der Hintergründe für den „Arthouse“-Film entschieden. „Der Film wurde auf der Berlinale 2024 vorgestellt, wo er auch Preise gewann. Die Regisseure Behtash Sanaeeha und Maryam Moghaddam, die ebenfalls aus dem Iran stammen, durften ihr Land aber nicht verlassen, um selbst bei der Preisverleihung zu erscheinen“, beschreibt Ruhs. Tatsächlich stehen die beiden Künstler nach Informationen von Deutschlandfunk aufgrund ihres Films aktuell immer noch wegen „Propaganda gegen den Staat“ sowie Verstößen gegen die „Sittlichkeit und Moral“ im iranischen Teheran vor Gericht. Zum Weltfrauentag sei der Film daher perfekt geeignet: „Eine Frau kämpft entgegen der Gesellschaft um ihr Lebensglück und dabei gibt es überraschend viele heitere Momente. Es ist interessant zu sehen wie Filme unter den verschiedensten Umständen gedreht werden. Uns ist es wichtig, den Zuschauern zu ermöglichen mit unseren Angeboten über den Tellerrand hinaus zu sehen“, beschreibt Ruhs weiter.
Für die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Geldern, Nadine Schönfelder ist der Film auch ein Anlass dazu, darüber zu sprechen wie es mit der Gleichberechtigung in Geldern selbst aussieht. „Vor jedem Film werden die Hintergründe der Geschichte, aktuelle Zahlen und Erfahrungsberichte vorgetragen. Zum Glück sind wir hier beim Thema Gleichberechtigung auf einem sehr guten Weg. Die Menschen sind sehr interessiert am Thema Gleichstellung.“ Für den 13. März hoffen die Veranstalter vor allem auf ein volles Haus und viele Gespräche. „Oft erleben wir, dass Leute sagen, sie hätten durch die Filmzeit wieder zurück zum Kino gefunden. Andere machen vor Ort neue Bekanntschaften oder Diskutieren nach dem Film noch miteinander. Das möchten wir erreichen“, betont Ruhs abschließend. Auch Theaterleiter Lennard Janssen ist froh über die regelmäßigen Kooperationen: „Wenn ihr Menschen motiviert, wieder ins Kino zu kommen, macht mich das glücklich“, richtet er direkt an die beiden Vorsitzenden des Kunstvereins. Neue Projektoren mit Lasertechnik und zukünftig auch neue Leinwände, sollen das Kinoerlebnis umso besser machen. Was einst durch die Idee von Vereinsmitglied Hejo Eickers begann, hat sich mittlerweile zu einem gefragten Event etabliert. Ruhs und Terhorst, sind ihrem Kollegen dafür nach wie vor dankbar: „Hejo ist immer noch dabei. Seine Idee war immer regionales Kino einzurichten. Dabei hat er nie locker gelassen. Mittlerweile kommen dadurch Zuschauer aus der ganzen Region nach Geldern, um an der Filmzeit teilzunehmen.“
Zum Frauentagsspecial stellt das Kino allen Besuchern vor dem Film einen Sektempfang zur Verfügung. Einlass zur Veranstaltung ist daher bereits ab 19 Uhr. Tickets sind im Vorverkauf zu den regulären Preisen zu haben. So zahlt man für einen Platz im Parkett zehn Euro, für die Loge zwölf Euro.
Kinosaal eins ist mit neuer Technik nun bereit für die nächste Filmzeit. V.l: Nadine Schönfelder und Tanja Angenendt (Gleichstellungsbeauftragte Stadt Geldern), Lennard Janssen (Herzogtheater), Inge Ruhs und Christel Terhorst (Kunstverein Gelderland). NN-Foto: J. Kurschatke
