Altern in der blauen Zone

Vorher ein Gespräch über das Leben und seine Qualitäten. „Können Sie etwas anfangen mit dem Begriff ‚blaue Zone‘?“, fragt Manfred Hauser. „Nein. Nie gehört.“ Hauser erzählt von Regionen der Welt, wo Menschen erstaunlich alt werden. Sardinien zum Beispiel ... („Blaue Zonen sind Regionen der Welt, in denen Menschen viel länger als der Durchschnitt leben sollen.“ Ein Eintrag bei Wikipedia.)

Klar, dass sich Menschen Gedanken über die Ursachen machen. Manfred Hauser hat – das stellt sich schnell heraus – viel zum Thema gelesen. Er hat einen Aktenkoffer voller Unterlagen dabei.

Die Hausers machen sich – seit Jahren schon – Gedanken zum Thema, aber sie gehören nicht zu denen, die den „Ratgeber zum ewigen Leben“ gewinnbringend vermarkten wollen. „Es muss ja Faktoren geben, die in diesen sogenannten blauen Zonen eine Rolle spielen“, sagen sie. Nein – es geht nicht um eine Rezeptur, aber um Einbettung geht es schon. „Natürlich gehört eine gesunde Ernährung ebenso zum Konzept wie Bewegung“, sagen die beiden. Aber als Faktoren nennen sie auch Denken und das soziale Umfeld, in dem ein Mensch sich bewegt.

Ihre Ernährung haben sie schon vor Jahren umgestellt. „Sonntags gibt es Brötchen bei uns. Das ist die Ausnahme“, sagen sie. Und an den anderen Tagen? Die Einwortantwort: „Müsli.“ „Meine Frau ist für die Ernährung zuständig“, sagt Manfred. „Ich habe jede Menge Rezepte“, sagt Gisela. Kürzlich haben die beiden ihr biologisches Alter bestimmen lassen. Das Ergebnis: Irgendwie frappierend. Manfred bringt es auf 65,81 Jahre – bei Gisela sind es 64,01 Jahre? Hokuskpokus? Wenn man die beiden sieht, lautet die Antwort: auf keinen Fall.

„Wir würden Ihnen gern von unserer Idee erzählen“, sagen die beiden und sprechen davon, auch aus ihrer direkten Umgebung eine blaue Zone zu machen. Sie möchten ihre Erfahrungen weitergeben. Klingt gut. Und was soll das kosten? Den Hausers geht es nicht ums Geld. „Wir möchten das kostenlos anbieten – im Kolpinghaus in Kleve.“ Das erste Treffen wird am Dienstag, 9. Oktober. Noch mal: Die Hausers verstehen sich nicht als Weltenretter oder Heilsbringer der besonderen Art, aber eines ist wichtig: „Wenn Sie Ihr Leben ändern möchten, gehört auch Durchhaltevermögen dazu.“

Es geht also nicht nach dem Prinzip „Wasch mich, aber mach mich nicht nass.“ Gisela: „Das Ganze hat auch mit Ernährung zu tun. Wir hören dann immer wieder die Frage, was wir denn eigentlich essen und ich kann Ihnen sagen, dass wir nichts vermissen.“ Wie erwähnt: Gisela Hauser ist für die Rezepte zuständig, „und glauben Sie mir: Ich habe da schon einiges.“ Aber: Nur die Ernährung umzustellen ist nicht das Ziel. Manfred Hauser: „Wir sprechen ja von einem Gesamtprodukt, bei dem auch das soziale Umfeld eine Rolle spielt: Es geht da auch um Zufriedenheit.“ Okay, denke ich: Das klingt gut, aber man muss es sich leisten können, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, sich gesund zu ernähren – die Teilaspekte zum Großenganzen zusammenzubauen. Im Arbeitsleben stehen teils minutengenaue getaktete Abschnitte, Lärm an allen Ecken und Enden und eine mitunter verstörend wirkende Ich-Bezogenheit der Menschen der notwendigen Freiheit im Weg. Vielleicht ist man längst im Pessimismus verwachsen.

Manfred Hauser spricht über die blauen Zonen: „Schauen Sie sich beispielsweise die Menschen auf Sardinien an: Die da alt geworden sind, sind einfache Menschen – Menschen, die in und mit der Natur leben.“

Das ist in New York, Rio oder auch in Düsseldorf nicht eben einfach, denke ich und gleichzeitig denke ich: Bedenken sind der perfekte Schutz vor Veränderung. Dann wieder der Blick in die Gesichter der Hausers, aus denen es leuchtet. Da entsteht der Vorschlag: Vielleicht einfach mal anfangen. Und vielleicht demnächst einfach mal hingehen, wenn Manfred und Gisela ihre erste Veranstaltung abhalten. „Jeder kann kommen“, sagen die beiden „und es wird nichts kosten.“ Es geht um Erfahrungstransfer und vielleicht um Anregungen. Anstöße. Es geht um einen Wegweiser in die blaue Zone. Was gibt es zu verlieren ...?