DRENTHE. Mit einem echten Schäfer plaudernd die Landschaft erkunden, in einer Hängematte liegend feststellen, dass Einzelhaft ganz schön ungemütlich ist, gruselige Moore umwandern und dabei eine mysteriöse Gräfin suchen oder mit vereinten Kräften einen riesigen Felsblock bewegen? Das und noch vieles mehr kann man bei einem Besuch in der niederländischen Provinz Drenthe erleben. Familien sind hier bestens aufgehoben, denn was es hier reichlich gibt, ist Platz. Natur pur oder Action? Beim Ausflug in die (noch vor Friesland) am dünnsten besiedelte Region der Niederlande bleiben ganz bestimmt keine Wünsche offen.

Mehr Idylle geht nicht: Schon am frühen Morgen blöken die Schafe. (NN-Fotos: vs)

Die Terrassentür aufmachen und gleich von einer Herde blökender Schafe begrüßt werden? Idyllischer geht es wohl kaum. Während Fine (6) den neuen Nachbarn noch im Schlafanzug zuwinkt, liefert Rosa (info@hetambachtruinerwold.nl) einen großen Frühstückskorb mit Schokomilch, Brötchen und Müsli – so kann der Tag beginnen. Die Ackerlodges von Roelof und Lianne (acker-lodges) stehen mitten auf einer großen Wiese (und umgeben von weiteren großen Wiesen) am Rande der Ortschaft Ruinerwold, einem kleinen Dorf mit rund 4.000 zweibeinigen und wohl mindestens so vielen vierbeinigen Einwohnern. Keine Angst: Wer auf eine größere Auswahl an Lokalen und Shopping-Möglichkeiten nicht verzichten möchte, findet ganz in der Nähe die Stadt Meppel (33.000 Einwohner). Hier lohnt sich ein Abstecher in das Restaurant Villa Kalkoven (villakalkoven). Die beiden Inhaber, Stefan und Thijs, setzen auf Nachhaltigkeit und regionale Produkte mit besonderer Note. Besonders sind in jedem Fall die Räumlichkeiten der denkmalgeschützten „Villa“. Man speist hier nämlich in ehemaligen Kalköfen.

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Ein Ausflug in die Heidelandschaft

Am Schafspferch kann man morgens dabei zusehen, wenn die Schafe aus dem Stall gelassen werden.

Doch bevor es in die trubelige Stadt geht, stehen erstmal jede Menge Schafe auf dem Programm. Genauer gesagt: Drenther Heideschafe. Der Nationalpark Dwingelderveld lässt sich zu Fuß, auf dem Pferd oder mit dem Fahrrad erkunden. Vom Besucherzentrum in Ruinen läuft man etwa einen Kilometer bis zu einem der Schafspferche (schaapskudderuinen). Morgens um 9.30 Uhr (im Hochsommer früher) ziehen die Schafe los und kehren gegen 16 Uhr wieder zurück in ihren Stall. Gerade für Kinder ein tolles Spektakel! Denn Zuschauer sind willkommen. Tagsüber zieht die Herde (um die 600 Tiere) mit einem Schäfer und einigen Hütehunden über die Heidefläche. Direkt am Pferch gibt es noch einen kleinen Infopunkt und einen Aussichtsturm. Für Naturliebhaber: In dem Nationalpark lassen sich etwa 220 Vogelarten entdecken, ebenso wie Dutzende Schmetterlingsarten. Auch seltene Pflanzen wie der Lungen-Enzian und die Moorlilie sind hier heimisch.

Auf der Suche nach einem Schatz

Das magische Tablet-Spiel führt quer durch den Nationalpark.

Nach einem leckeren Pfannekuchen im rustikalen Bospub (bospub), hier gibt es, direkt am Waldrand gelegen, auch einen großen Biergarten und einen Spielplatz, geht es weiter mit dem „Nature Game“ (thenaturegame). Angekündigt als „magisches Tablet-Spiel“ sind alle sehr gespannt, was es damit auf sich hat. Die Tablets gibt es an der Hotelrezeption am Oude Postweg 8 in Spier. Einplanen sollte man mindestens zwei Stunden, denn die interaktive Schatzkarte führt quer durch den Wald, vorbei an Wiesen und Wasser und natürlich gilt es unterwegs auch Rätsel zu lösen. Während Frida (11) und ihre Freundin Pauline (10) schon ziemlich schnell und zielsicher auf den Spuren der mysteriösen Gräfin wandeln, findet es Fine fast schon ein bisschen zu gruselig. Natürlich hält sie das aber nicht davon ab, mit Feuereifer den Schatz zu suchen… Anschließend geht es noch ins Restaurant de Schildhoeve in Fluitenberg (deschildhoeve). Kinder haben hier reichlich Platz, denn es gibt nicht nur einen Biergarten, sondern auch einen kleinen Spielbereich und einen großen Garten.

Ein Tag hinter Gittern

Sieht nicht besonders einladend aus…

Am nächsten Morgen geht es in den kleinen Ort Veenhuizen, denn hier erwartet uns ein ganz besonderes Museum (gevangenismuseum). Anfang des 19. Jahrhunderts wurde hier eine Armenkolonie für Bettler und Obdachlose gegründet. Doch die Begeisterung der Bedürftigen hielt sich in Grenzen, weshalb sie bald auch zur Aufnahme gezwungen werden mussten. Später übernahm die Justizbehörde die Gebäude und wandelte sie in eine Strafkolonie um. Noch bis 1984 blieb Veenhuizen ein „geschlossenes Dorf“. Es gab ein eigenes Hospital, Schulen und Kirchen und es wohnten hier nur Menschen, die in der „reichsarbeitseinrichtung“ beschäftigt waren. Wer den Dienst verließ oder in Pension ging, musste das Dorf verlassen. Im Museum lernt man so einiges über die Geschichte des niederländischen Strafrechts, kann Handschellen ausprobieren und in Gefängniszellen Platz nehmen. Ein Audioguide ist allerdings zu empfehlen, denn sowohl die Kinderroute als auch die Informationstafeln und interaktiven Angebote beschränken sich auf die niederländische Sprache. Seit 2021 zählt Veenhuizen zum Unesco Welterbe.

Im Gespräch mit “echten” Urmenschen

Bestens auf Familien mit Kindern eingestellt ist man im Hünengräberzentrum in Borger (hunebedcentrum), das in jedem Fall bei einem Besuch in der Provinz Drenthe auf der To-Do-Liste stehen sollte. Hier findet man nicht nur das größte Hünengrab der Niederlande, sondern auch ein informatives Museum (niederländisch, englisch und deutsch) und einen Urzeitpark mit Barfußpfad, Hütten, Zelten und Häusern aus der Zeit unserer Vorfahren. Am Wochenende und in den Schulferien trifft man hier sogar auf „Urmenschen“, die spannende Geschichten erzählen und zeigen, wie man damals gelebt hat. Gleich nebenan, im Felsbrockengarten, lassen sich jede Menge Findlinge (einige sogar aus Finnland) bestaunen, die durch die Eiszeit nach Drenthe „geschoben“ wurden. Einige davon sind bis zu 1,5 Milliarden Jahre alt.

Lust auf Drenthe? Wir kommen in jedem Fall wieder, denn es gibt sicher noch so einiges zu sehen. Weitere Infos zu Events, Unterkünften und Ausflugstipps gibt es unter besuchdrenthe.

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