KEVELAER. Teil eines renommierten Fachmagazins zu sein passiert einem nicht alle Tage. Und eine besondere Würdigung ist es obendrein. Über genau diese Situation freuen sich nun die Schüler um Kunstpädagoge Paul Wans vom Kardinal von Galen-Gymnasium (KvGG). Einer der Texte in der aktuellen Ausgabe der „Kunst + Unterricht“ – des maßgeblichen Fachmagazins für Kunstunterricht in Deutschland – widmet sich nämlich einer ihrer abgeschlossenen Unterrichtseinheiten. Das Thema: „Druckprozesse: Gestaltung von Faltbildern und Werkzeugkisten.“ Die Aufnahme ins Magazin spricht für die Vorbildlichkeit des Unterrichts.

Schon 2010 und 2012 hatte Wans Texte im Fachblatt veröffentlicht, daher waren er und das KvGG der Redaktion als mögliche Anlaufstelle schon bekannt. Es sei jedoch ein glücklicher Zufall gewesen, dass er gerade zur Zeit des Anrufs eine Unterrichtsreihe zum Thema der Ausgabe abgeschlossen hatte.

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Wans lobt dabei vor allem seine Schüler: „Ich finde es beachtlich, dass die beiden 7. Klassen sehr engagiert mitgearbeitet haben.“ Schließlich hätten 7. und 8. Klassen häufig den Ruf, sich kaum für solche Unterrichtsinhalte zu begeistern.

Druckverfahren mal anders

Druckverfahren sind zwar an sich nichts Neues, am KvGG ging es jedoch in eine etwas andere Richtung. Ohne viel Technik und nur mit Papier, Tinte und einfachen Arbeitsmitteln ausgestattet, erstellten die Schüler der Klassen 7b und 7c ihre Bilder und gestalteten eigene Werkzeugkisten. Zwar spielte der Zufall bei den Klecksographien eine entscheidende Rolle, dieser sollte aber im weiteren Verlauf von den Schülern gesteuert werden.

Nach einer theoretischen Betrachtung von bestehenden Klecksographien und deren Interpretation ging es in einem ersten praktischen Schritt daran, sich in mehreren Experimenten mit der Arbeitsweise und dem Fluss der Tinte vertraut zu machen. Die Schüler gaben dabei einen Farbklecks auf eine Seite eines in der Mitte gefalteten Blatt Papiers. Anschließend klappten sie die andere Seite darüber und strichen die Faltkante glatt. Das Ergebnis galt es dann wieder zu interpretieren hinsichtlich Formen und Farben, wie die 13-jährige Amelie Faltermeier erzählt.

Was die Schüler sahen, war zwar zufälliger Natur, ergab jedoch symmetrische Strukturen, die von oben betrachtetet oft Tierkörpern ähnelten: Schmetterlinge, Käfer, Krebse oder Fliegen sind ein paar Beispiele. Gefehlt haben zu diesem Zeitpunkt allerdings noch weitere Details wie Beine, Fühler oder Stachel.

Je nachdem, was die Schüler in ihren Bildern entdeckt hatten, vervollständigten sie in einem zweiten Schritt in Feinarbeit das Bild des Tiers mit den fehlenden Details. Mit ihrer Interpretation und der Vollendung des Bilds erfüllten die Schüler eine der zentralen Leistungsanforderungen. Zum Unterrichtskonzept gehörte aber noch mehr.

Eine andere intellektuelle Anforderung erfüllten die Schüler, indem sie individuell für ihre eigene Arbeit passende, effektive Hilfswerkzeuge fanden, die sie für die Detailausarbeitung der Tiere zweckentfremdeten. Egal ob Spielzeugbackrolle, Kuchengabel, Vogelfedern, Zahnstocher oder Utensilien für Corona-Schnelltests. „Es kamen sehr gute und verrückte Ideen auf“, sagt Wans.

In einem separaten Schritt erstellten die Schüler zudem noch einen eigenen Werkzeugkasten für ihre Hilfsmittel, den sie auch passend zum Thema gestalteten. Mit dem Kasten-Bau kam der Aspekt des dreidimensionalen Arbeitens ins Spiel. „Dieser Aspekt ist schwierig unterzubringen, das muss man aber in der Mittelstufe“, sagt Wans.

Amelie fand ihrerseits auch an diesem Auftrag Gefallen. „Es war schön, weil jeder seinen eigenen Stil einbringen konnte.“ Ein netter Nebeneffekt: So vergaß niemand mehr seine Materialien zu Hause. Etwas, das für Schüler und Lehrer gleichermaßen frustrierend sei, sagt Wans.

Ein entspannender Ausgleich

Amelie gefiel am Projekt besonders, Kreativität und Zufall zu vermischen. Solche Projekte würden zudem den Druck herausnehmen, der sich manchmal durch andere Schulprojekte, die Pandemie oder Privates anstaue. Dennoch seien einige Schüler auch skeptisch gewesen, konnten gerade zu Anfang nicht immer etwas auf ihrem Bild erkennen. Denn, wie der 14-Jährige Kolya Lehn sagt, sei dabei auch sehr die Vorstellungskraft gefragt und trotz des eigenen Einflusses habe man längst nicht alles selbst unter Kontrolle. „Jeder sieht etwas anderes.“ Aber gerade dieser fantasievolle Aspekt des Projekts, der Freilauf für die eigene Gedankenwelt, gefiel ihm.

Für beide Schüler ist es zudem etwas Besonderes, in Bild und Text im Magazin vertreten zu sein. „Es ist schön, wenn die eigene Arbeit wertgeschätzt wird. Darauf kann man stolz ein“, sagt Amelie.

Auch wenn es am KvGG um eine ausgewogene Mischung geht und keine speziellen Schwerpunkte vorherrschen, betont Schulleiterin Christina Diehr dennoch den hohen Stellenwert des Fachs Kunst. Das zeigen unter anderem die großen Kurse, die Kunst AG – die nächstes Jahr übrigens 40. Geburtstag feiert – oder die Aufnahme der Kunst in den Experimentiernachmittag für neue Schüler. „Ich finde Kunst sehr wichtig. Wir möchten möglichst viele Kompetenzen fördern und Kunst schult viel am Menschen.“

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