BEDBURG-HAU. Als Krankenschwester arbeiten und den Menschen helfen. „Das war immer mein absoluter Traumberuf“, sagt Sonja Stam. Nach der Realschule besuchte sie das Berufskolleg, machte im Anschluss ihre Ausbildung und hängte das Fach-Examen für die Intensiv-Pflege dran. Dann kam der Richtungswechsel.

„Ich war mit Herz und Seele bei meinem Job“, sagt die heute 31-Jährige. Zu viel Herz. Zu viel Seele. „Ich konnte nicht mehr differenzieren“, musste sie sich eingestehen. Zu nah gingen ihr die menschlichen Schicksale, zu sehr litt sie mit den Angehörigen. Manchmal kamen ihr während der Gespräche die Tränen und nach Ende ihrer Schicht, nahm sie „ihre“ Patienten nicht selten mit nach Hause. „Ich war mit meinem Hund spazieren, hab die Leute angesehen – und über Krankheiten nachgedacht.“ Da zog sie die Reißleine.

-Anzeige-

Endlich wieder durchatmen

Wenn Sonja Stam heute mit ihrem Hund unterwegs ist, sieht sie nicht mehr nur Diagnosen. Ganz im Gegenteil: „Mir kommen nur noch verliebte Paare entgegen“, lacht sie und ist froh, dass sie den Schritt gewagt hat, nochmal ganz neu anzufangen. Nach der „ganzen Lernerei“ und den kräftezehrenden Diensten, kann sie jetzt wieder durchatmen. Zunächst wechselte die gebürtige Bedburg-Hauerin, die schon seit einigen Jahren in Krefeld lebt, in die „freie Wirtschaft“. Sie kümmert sich um Patienten, die in ihrem häuslichen Umfeld auf Beatmungsgeräte angewiesen sind, kennt sich aus mit dem entsprechenden Zubehör und den Geräten. Einmal im Monat übernimmt sie eine Wochenend-Schicht im Krankenhaus. „Das ist schön, weil ich dann auch die Kollegen sehe“, sagt sie. Da kümmert sie sich natürlich auch um die Patienten. Aber: Mit dem für sie wichtigen Abstand. „Ich baue in der kurzen Zeit keine engere Verbindung auf und lasse das nicht mehr so sehr an mich heran“, sagt sie.

Vollends zufrieden ist sie mit dieser Lösung aber nicht. „Ich möchte die Branche komplett wechseln und nochmal von vorn anfangen“, steht mittlerweile fest. Am Anfang viele Fragen: Was kann ich? Was würde mir Spaß machen? Wie stelle ich mir meine Zukunft vor? „Ich habe schon immer gern auf der Bühne gestanden und kann gut auf andere Menschen zu- und auf sie eingehen“, erklärt sie, wie sie auf die Idee mit der „Traurednerin“ gekommen ist.
„Als ich im Januar mit meiner Homepage und auf Instagram online gegangen bin, kamen unglaublich viele positive Rückmeldungen – das hat mich sehr gefreut“, ist Sonja Stam dankbar und überzeugt, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Für sie dreht sich nun alles um glückliche Paare und die große Liebe. Es geht um einen Anfang. Nicht um Abschied. „Das ist so komplett anders“, freut sie sich.

Jetzt kommt die Praxis

In der Theorie ist sie dank Einzel-Coaching bestens vorbereitet. Jetzt steht die Praxis an. „Ich werde im nächsten Jahr eine freie Trauung in einem Beach-Haus am Strand halten“, hat sie bereits erste Gespräche geführt und Aufträge „an Land gezogen“. Die Nachfrage nach Alternativen zu Kirche und Standesamt ist groß. „Das ist heute vielen zu steif oder zu förmlich“, weiß sie. Die ganz persönliche Liebesgeschichte der Neuvermählten steht für Sonja Stam im Mittelpunkt. Ob die „freie Trauung“ emotional, humorvoll, verspielt oder sogar verrückt abläuft – „ich bin für alles offen“, ist ihr wichtig, dass das Paar – und die Gäste – mit einem guten Gefühl an diesen Tag zurückdenken. „Und ich bin endlich mal nur noch von glücklichen Menschen umgeben“, ist die berufliche Kehrtwende auch ihr Weg in ein „neues“ Leben. „Wenn man sich ernsthaft fragt, ob man einen Beruf wirklich bis zur Rente ausüben möchte, dann sollte man etwas ändern“, steht für sie fest. Wer sich selbst ein Bild machen möchte, findet unter www.gefuehlsintensiv.de und gefuehlsintensiv_ (Insta) jede Menge Infos über Sonja Stam und freie Trauungen.

Vorheriger ArtikelAlles ist möglich – wenn man es wirklich will
Nächster ArtikelSchülerausstellung über die Rückkehr des Bibers