Michelle Kroppen
Fokussiert bis zum Anschlag: Michelle Kroppen möchte den Pfeil immer perfekt platzieren. Foto: Deutscher Schützenbund

STRAELEN. An ihrem achten Geburtstag fing alles an. „Meine Oma hatte in den Niederrhein Nachrichten von einer Einladung zum Schnuppertraining im Bogenschießen in Veert gelesen und fragte mich, ob ich das mal ausprobieren möchte“, sagt Michelle Kroppen. Die gebürtige Straelenerin hielt also 2004 zum ersten Mal Pfeil und Bogen in den Händen und brachte damit reihenweise Luftballons zum Platzen. 17 Jahre und viele Technik-Stunden später steht sie nun auf der ganz großen Bühne: Kroppen hat sich neben Lisa Unruh und Charline Schwarz als eine von drei Deutschen für die Olympischen Spiele in Tokio (23. Juli bis 8. August) qualifiziert.

Ihr großes Talent entdeckte bereits der damalige Trainer beim Schnupperkurs. „Er sagte mir, dass ich ziemlich schnell die richtige Technik gefunden habe“, berichtet Kroppen. Da auch sie großes Gefallen an der Sportart gefunden hatte, trat sie dem BSV Kevelaer und dem SBC Walbeck bei, wo sie ihre ersten Schritte im Bogenschießsport machte. „Doch bei uns am Niederrhein waren die Möglichkeit zur weiteren Förderung im Profisportbereich sehr begrenzt. Deshalb habe ich mich mit 16 Jahren dazu entschieden, auf ein Sportinternat nach Jena zu wechseln“, erzählt Kroppen. Mittlerweile lebt sie in Berlin und absolviert eine Ausbildung bei der Bundespolizei.

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Die vergangenen zwei Jahre lag der Fokus jedoch allein auf den Sport und das Training. „Meine Ausbildung pausiert zurzeit. Eigentlich sollte die Pause nur ein Jahr andauern. Wegen der Pandemie und der Verschiebung der Olympischen Spiele bin ich jetzt aber schon fast zweieinhalb Jahre raus“, sagt Kroppen, „das hat natürlich auch finanzielle Auswirkungen. Denn ein Azubi-Gehalt oder das Gehalt einer Bundespolizistin macht schon einen Unterschied“, sagt die 25-Jährige. Sponsoren wie die Straelener Steuerberatungsgesellschaft Dr. Müller-Hufschmidt helfen ihr jedoch dabei, ihren Traum von Olympia zu leben und sich voll auf den Sport zu fokussieren.

Intensives Training

Für Spitzensportler wie Michelle Kroppen ist auch eine Randsportart wie Bogenschießen in diesem Bereich ein Vollzeitjob. Jeden Tag steht von morgens bis abends intensives Training an, zudem auch neben abwechslungsreichem Schießtraining Kraft- und Ausdauersport gehört. Am Wochenende kommen noch oft Wettkämpfe hinzu. Das harte Training machte sich jedoch bereits bezahlt: Mit der Silbermedaille beim Weltcup 2018 in Salt Lake City schaffte Kroppen den Sprung an die Weltspitze.

In Tokio peilt die gebürtige Straelenerin erneut eine Medaille an. „Im Bogenschießsport ist alles möglich. Deshalb ist es auch mein Ziel, unter den ersten drei zu landen. Mit einem guten Tag wäre das möglich“, sagt Kroppen. Trotzdem möchte sich die 25-Jährige nicht zu sehr unter Druck setzen, sondern vor allem ihre ersten Olympischen Spiele genießen. „Wenn ich weiß, dass ich alles gegeben habe und 64. werde, weiß ich jedoch auch, dass ich zu den 64 besten Bogensportlerinnen gehört habe, die sich für Olympia qualifizieren konnten. Außerdem bin ich noch jung und hoffe, mich noch weitere Male für Olympia qualifizieren zu können“, sagt Kroppen, hinter der bereits ein einwöchiges, intensives Trainingslager in Bayern liegt. „Dort haben wir bereits unter Wettkampfbedingungen trainiert“, sagt Kroppen. Dazu gehörten zum Beispiel auch Kamerageräusche, von denen sich die Athleten möglichst nicht ablenken lassen sollen, um den perfekten Schuss hinzulegen.

Mentale Stärke

Im Bogenschießen ist schließlich nicht allein eine gute Technik entscheidend. „Die macht vielleicht 40 bis 50 Prozent aus. Ich würde fast sogar sagen, dass 60 Prozent wirklich die mentale Stärke ist“, sagt Kroppen. Darauf hat sie auch im vergangenen Jahr den Fokus gelegt. „2020 bin ich in ein Loch gefallen und habe mir einen guten Sportpsychologen gesucht, mit dem ich an meiner mentalen Kraft gearbeitet habe“, sagt Kroppen. Die Corona-bedingte einjährige Verschiebung der Olympischen Spiele könne ihr demnach im Nachhinein sogar geholfen haben, meint die 25-Jährige.

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