KESSEL. Wenn die Corona-Pandemie in diesem Jahr nicht alles durcheinandergewirbelt hätte, dann wäre das „Haus am See-GochNess“ am vergangenen Sonntag vermutlich vor Gratulanten aus allen Nähten geplatzt: Denn zum ersten Mal seit 92 Jahren verlieh die Stadt Goch wieder die Ehrenbürgerwürde. Altbürgermeister Willi Vaegs wurde in diesen Kreis aufgenommen und ist nun der sechste Ehrenbürger der Weberstadt.

Da war es nur folgerichtig, dass Franz van Beek, sein Nachfolger im Amt des Vorsitzenden beim Heimatverein Goch, die geladenen Gäste zu „einem Jahrhundertereignis“ begrüßte: „Niemand von uns hat in Goch eine derartige Veranstaltung je erlebt!“ Warum Willi Vaegs diese Ehrung verdient hat, begründete Franz van Beek so: „Er denkt und spricht mit dem Herzen, er ist ein Mann des Volkes und nimmt mit seiner Heimatverbundenheit, Menschlichkeit und Herzlichkeit die Menschen mit.“ Willi Vaegs sei eben ein lebendiger, unermüdlicher Verfechter für Goch.

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Bürgermeister Ulrich Knickrehm (r) betonte, dass Willi Vaegs (l) wie kein Zweiter den mit seiner Heimatstadt verbundenen Gocher verkörpere.

Aspekte, die auch Bürgermeis­ter Ulrich Knickrehm in seiner Laudatio aufgriff, bevor er Willi Vaegs die Ehrenurkunde und den Ehrenring überreichte, den Juwelier Georg Schotten gefertigt hat. „Willi Vaegs lebt Heimat und das nicht erst, seitdem es wieder ,en vogue‘ ist“, so das Stadt­oberhaupt. Humor, Lebenslust, Leidenschaft ebenso wie Pflichterfüllung und Engagement seien verbunden durch die ehrliche, tiefgehende Liebe zu seiner Heimatstadt Goch. „Das ist die Liebe eines rustikalen, aber auch sentimentalen Mannes“, sagte Ulrich Knickrehm und erinnerte sich an den Augenblick, in dem er – damals noch als BFG-Vorsitzender – Willi Vaegs Unterstützung für das Projekt „Haus zu den fünf Ringen“ zugesagt hatte. „Seine Augen füllten sich mit Tränen und da habe ich zum ersten Mal seine tiefe Liebe zur Heimatstadt verstanden.“ Willi Vaegs verkörpere wie kein Zweiter den mit seiner Heimatstadt verbundenen Gocher.

Sichtlich bewegt lauschte Willi Vaegs den Grußworten der zahlreichen Weggefährten.

Grußworte

Zuvor hatten zahlreiche Weggefährten in ihren Grußworten an die Verdienste von Willi Vaegs erinnert und auch die eine oder andere heitere Anekdote zu berichten gewusst. Wie Stadtbrand­inspektor Georg Binn, der von Vaegs „größter Leidenschaft“ der Feuerwehr erzählte. Der gehört der neue Ehrenbürger nun schon seit 66 Jahren an; am 9. Mai 1996 wechselte Vaegs in die Ehrenabteilung. In den Anfangsjahren seiner aktiven Zeit kam es durchaus vor, dass Willi Vaegs verdächtige Behälter mit Flüssigkeit, die in einer Baugrube gefunden worden waren, aufschraubte, daran schnupperte und „seinen Jungs“ dann Entwarnung gab. „Heute würde ABC-Alarm ausgelöst und der halbe Kreis Kleve alarmiert“, so Binn. Willi Vaegs sei eben ein „Old-School-Feuerwehrmann“ gewesen. Und da habe man ihm bei der Planung der Feierstunde keine größere Freude machen können, als für den musikalischen Part den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Goch einzusetzen.

Der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Goch spielte zur großen Freude von Willi Vaegs (m) für die Gäste der Feierstunde auf.

Die stellvertretende Bürgermeisterin Gabi Theissen erinnerte – für ihre gereimte Rede stilecht mit Krönchen und Prinzessinencape gewandet – an die gemeinsame Session 1975, als Willi I., die Gocher Narren regierte. Erst kürzlich ist Willi ­Vaegs für die Verdienste um den Karneval in Goch zum Ehrensenator des Festkomitees Gocher Karneval (RZK) ernannt worden.
Der Weezer Bürgermeister Ulrich Francken wandte sich auf Platt an das Publikum, sind er und Willi Vaegs doch Kollegen im Verein „För Land en Lüj“.

Goldenes Buch

Die Seite im Goldenen Buch der Stadt Goch.

Rudolf Lange, ehemaliger Gocher Stadtdirektor und Bürgermeister, beschrieb die gemeinsame Zeit mit Willi Vaegs als ehrenamtlicher Bürgermeister (1989 bis 1999) in der kommunalen Doppelspitze. „Politik war für Dich immer eine Berufung.“ Der Christdemokrat Vaegs gehörte seit 1984 dem Rat der Stadt Goch an; 1989 und 1994 wurde er zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Als dann 1999 in einer Urwahl ein hauptamtlicher Bürgermeis­ter gewählt wurde, sei Vaegs ohne Murren ins zweite Glied zurückgetreten. Dieses Amt habe er nicht übernehmen wollen und es anschaulich erklärt: „Wenn der (Anm. d. Red.: Rudolf Lange) ein Pferd beschlagen kann, kann ich auch Bürgermeis­ter und Stadtdirektor.“ Und damit sei dann alles gesagt gewesen. Bis 2004 war Willi Vaegs dann noch 1. stellvertretender Bürgermeister. Johannes Flinterhoff, Obermeister der Innung für Metallhandwerk im Kreis Kleve, erklärte, woher Willi Vaegs, Schmied und Metaller und inzwischen Ehrenobermeister der Innung, die Kraft für all sein Engagement nimmt. Die Kriegserlebnisse, auf der Flucht vor Bombenangriffen, hätten den heute 84-Jährigen geprägt: „Nichts ist mir zuviel, ich werde immer alles geben“, dieses Credo sei damals entstanden.

Gemälde

Mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde wurde der jahrzehntelange Einsatz nun gewürdigt. Nicht nur, dass Willi Vaegs der erste Gocher Ehrenbürger seit 92 Jahren ist, er ist auch die einzige Person, die sich nun zum dritten Mal ins Goldenen Buch der Stadt eingetragen hat: Das erste Mal am 29. Oktober 1995 beim Treffen mit Besuchern aus den Gocher Partnerstädten Andover und Redon, am 15. März 1997 als die Partnerschaft mit der polnischen Stadt Nowy Tomysl besiegelt wurde und nun am vergangenen Sonntag, als neuer Ehrenbürger. Der Heimatverein Goch schenkte dem neuen Ehrenbürger übrigens nichts: „Wir leihen ihm das Bild, das der Künstler Martin Lersch gemalt hat“, erklärte Franz van Beek, „wenn das Haus zu den fünf Ringen fertig ist und der Heimatverein die zweite Etage bezogen hat, dann wird es dort in der Ehrengalerie hängen.“

NN-Fotos: Rüdiger Dehnen

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