In kleinen Gruppen wurden verschiedene Themen bearbeitet. NN-Foto: Dickel

GELDERN. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die Arbeitswelt sich verändert hat. Neue Voraussetzungen und auch neue Forderungen der Angestellten erfordern ein Umdenken von Arbeitgebern. Wo es in Zukunft hingehen könnte, wurde beim Forum „Neue Werte – neues Arbeiten“, organisiert vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf Niederrhein, diskutiert.

Gleich zu Beginn stellt Moderatorin Chadia Hamadé fest, dass es oftmals gar nicht einfach ist, alle Lebensbereiche miteinander in Einklang zu bringen: „Wenn ich auf meinen Arbeitsalltag schaue, kriege ich oft die Krise, weil es teilweise echt schwierig ist, allem gerecht zu werden“, so die bekannte TV-Autorin. Auch die Gelderner Verwaltung hat bei einer Mitarbeiterfragung herausgefunden, dass die Mitarbeiter sich Veränderungen wünschen, wie Bürgermeister Sven Kaiser berichtet: „Nach dieser Umfrage sind wir nach Venlo gefahren, um uns dort die Verwaltung mal anzuschauen.

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Neues Arbeiten in Venlo

Dort gibt es bereits keine Zeiterfassung mehr und Arbeitsplätze sind nur für 75 Prozent der Mitarbeiter vorhanden, denn die Mitarbeiter können individuell entscheiden, wenn sie aus Krankheit oder anderen Gründen zu Hause bleiben möchten“, so Kaiser. Die Zahlen in Venlo sprechen für die Umstellung: Die Krankheitsquote ist um zehn Prozent gesunken: „Diesen Weg möchten wir auch gehen“, so Kaiser. Auf den Einwand, ob manche Mitarbeiter solch ein System, bei dem auch Telearbeit möglich ist, nicht ausnutzen würde, entgegnet Kaiser: „Wer nicht arbeiten will, arbeitet nicht, egal ob am Arbeitsplatz oder zu Hause.“

Auch in der anschließenden Diskussionsrunde geht es um das gleiche Thema: „Wir müssen uns Zeit nehmen, um unsere Werte zu hinterfragen, und nach diesen zu leben“, erklärt Katrin Helena Ernst, zuständig für das Kompetenzzentrum Führung und Unternehmenskultur bei der Bertelsmann Stiftung. Flexible Arbeitszeiten seien bei viel mehr Betrieben möglich, als man denke: „Es ist wichtig, dass Familie und Beruf gut unter einen Hut gebracht werden können“, so Ute Neu von der Leader-Region Leistende Landschaft.

E-Mails im Urlaub werden gelöscht

Dass Familie und Freunde manchmal zu kurz kommen, weiß auch Volker Wassermann, geschäftsführender Inhaber der IT-Firma „Brige4IT“: „Früher bin ich 120.000 Kilometer im Jahr unterwegs gewesen und habe Freunde und Familie nur noch per Telefon gesprochen“, berichtet Wassermann. Irgendwann kam dann der Punkt, an dem er gemerkt habe, dass es so nicht weitergehe. Er gründete seine eigene Firma, in der er mit acht weiteren Mitarbeitern zusammenarbeite, die quer in Deutschland verteilt sitzen: „So muss nicht einer allein so viele Kilometer fahren, sondern ich setzte die Mitarbeiter wohnortnah ein“, berichtet Wassermann. Zudem werden Mails, die während der Urlaubszeit eines Mitarbeiters hereinkommen, gelöscht: „Unsere Kunden werden über die Abwesenheit des Mitarbeiters informiert und können sich währenddessen an andere Mitarbeiter wenden. Es sollen aber keine Mails auflaufen. So nehmen wir den Stress etwas raus“, erläutert Wassermann.

Dass es oftmals einschneidende Erlebnisse bedarf, bis etwas geändert werde, weiß auch Ernst: „Menschen ändern sich entweder aus einer Leidenschaft heraus oder aus Angst. Viel zu selten treten wir mal einen Schritt zurück, um unser Verhalten aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten.“ Viel laue heutzutage bei Arbeitgebern über sogenannte Buzzwords (Schlagwörter), mit denen Arbeitnehmer beeindruckt werden: „Nur weil ein Unternehmen aber einen Tischkicker hat, ist es noch lange kein agiles Unternehmen“, erklärt Ernst. Um Veränderungen in der Unternehmenskultur durchzuführen, brauche es aber Zeit: „Kultur sagt sie schnell, bewegt sich langsam und geht nur mit Menschen“, so die Mitarbeiterin der Bertelsmann Stiftung. Vor allem gehe es aber auch darum, dass Arbeitgeber dem Wandel gegenüber offen sind und das auch nach außen spiegeln: „Authentizität ist enorm wichtig“, so Neu.

Unternehmenskultur muss sich ändern

Johanna Hachmann vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf Niederrhein, freut sich über den regen Austausch: „Es ist wichtig, dass Geschäftsideen und Tätigkeiten hinterfragt werden und wir gemeinsam das neue Arbeiten gestalten“, so Hachmann. Zudem appelliert Hachmann, dass sich die Kultur in Unternehmen ändern müsse: „Wir brauchen eigentlich eine Kultur des Mitgefühls. Wenn jemand merkt, dass ein Kollege eigentlich schon überlastet ist, sollten wir ihn mal bei Seite nehmen und mit ihm sprechen“.

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