„Der Stall der Zukunft ist teuer, nachhaltig und intelligent“

Bauerntag der KLB hinterfragte die moderne Rinderhaltung

SONSBECK. Wie sieht die Tierhaltung der Zukunft aus? Diese Frage stellte die Katholische Landvolkbewegung (KLB) bei ihrem Bauerntag der Region Niederrhein-Süd. Beispiele und Ansätze lieferte Andreas Pelzer vom Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse in seinem Vortrag, den die Gäste im Waldrestaurant Höfer in Sonsbeck interessiert verfolgten.

Das ist keine Vision aus einem Science-Fiction-Film, sondern soll schon bald Realität sein: Beim Pilotprojekt „Floating Farm“ leben Kühe im Hafen von Rotterdam in einem schwimmenden Stall.
Foto: Floating Farm

Der Untertitel des Referats war provokant gewählt: „Wellness und Work-Life-Balance auch für Nutztiere?“ Am Beispiel der Rinderhaltung machte Andreas Pelzer deutlich, dass nicht zuletzt der gesellschaftliche und politische Druck in puncto Tier- und Umweltschutz zu weiteren drastischen Änderungen in der deutschen Landwirtschaft führen werde. Diese müsse „digital, modern und nachhaltig“ sein, wobei die Bauern und Landwirte die Änderungen in enger Abstimmung mit Parteien und Verbänden selbst in die Hand nehmen sollten: „Sonst sind wir der Spielball und bleiben nicht die Spielmacher“, warnte Andreas Pelzer.
Die Frage nach dem Wohlbefinden der Rinder, dem sogenannten „Kuh-Komfort“ sei in Deutschland kein neues Phänomen. Schon in den 90er Jahren wurde über Matratzen und Wasserbetten, über Massagebürsten und sonstige Maßnahmen zum Tierwohl und zur Tiergerechtigkeit diskutiert und vieles auf den Weg gebracht. Andreas Pelzer betonte mehrfach, dass Rinder auch laut Grundgesetz keine „Sache“, kein „Material“ seien, sondern Lebewesen, die Stress und Schmerz empfinden. Die Überbelegung eines Stalles, zu hohe Temperaturen oder zu wenig Auslaufmöglichkeiten für das Tier verursachen Stress und führen zu geringerer Milchproduktion.
Nicht nur Haus Düsse, die zentrale Bildungs- und Versuchseinrichtung für Tier- und Pflanzenproduktion der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erforsche neue Wege der Rinderhaltung. Es gebe aktuell rund 600 Projekte, die zum Teil wie Science Fiction anmuten, aber doch Realität sind: Als Beispiel führte Andreas Pelzer die „Floating Farm“ im Hafen von Rotterdam an. Unter dem Stichwort „Urban Farming“ werde dort stadtnah und innovativ Landwirtschaft auf einem schwimmenden Konstrukt aus Metall und Glas betrieben.
Salat und weitere Nutzpflanzen wachsen dort bereit, bald sollen auch Rinder und andere Tiere gehalten werden. „Ich habe dort einen Termin am 19. März, weil ich die Vision der Tierhaltung hören möchte, bevor dort die ersten Kühe hinkommen“, sagte Andreas Pelzer mit spürbarer Skepsis. Zugleich lobte er an dem Rotterdamer Projekt, dass es extrem Ressourcen schonend und gesellschaftlich höchst akzeptiert sei: „Wir werden damit nicht die Welt ernähren können, aber das Projekt zeigt uns, dass die Landwirtschaft auch frei von Traditionen und Konventionen funktionieren kann.“ Nicht jedes neue Konzept sei gut, aber viele Konzepte enthielten gute Ideen, die ein landwirtschaftlicher Groß- oder Familienbetrieb individuell für sich übernehmen könne.
Als Richtwerte konnte der Referent festhalten, dass der Stall der Zukunft „teuer, nachhaltig und intelligent“ sein werde. Bei den Kosten gelte es, die Politik und die Verbände in die Pflicht zu nehmen. Zudem müsse die Bundes- und Landesregierung ihre Versprechen einhalten, schnelles und zuverlässiges Internet auch in die ländlichen Regionen zu bringen, da nur so eine intelligente, digitale und zukunftsträchtige Landwirtschaft möglich sei. „Ein Kollege aus den USA konnte es bei seinem letzten Besuch kaum fassen, dass die vermeintliche Techniknation Deutschland so viele Funklöcher hat“, sagte Andreas Pelzer. Ein Landwirt aus dem Publikum bestätigte: „Wenn ich Erntehelfer aus Rumänien oder Bulgarien habe, lachen die sich kaputt, wie schlecht unser Internet im Vergleich zu ihren Heimatländern ist.“
Die Katholische Landvolkbewegung weist auf ihren nächsten Bauerntag auf der Wasserburg Rindern am Donnerstag, 7. März, hin. Ab 10 Uhr referiert Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im NRW-Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, über das Thema „Landesagrarpolitik und GAP“.

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