Orsoy sieht kohlrabenschwarz

Anwohner des Orsoyer Hafens informieren heute auf einer Bürgerversammlung aus Angst vor Erweiterungsplänen

ORSOY. Wer auf der Terrasse von Sabine Kleinholdermann in Orsoy Platz nehmen möchte, muss sich gedulden. Erst einmal werden Stühle und der Tisch noch einmal gründlich abgewischt. Nicht dass die Gastgeberin das nicht bereits kurz zuvor gemacht hätte, aber der Kohlestaub, der beim Verladen der Kohle am Hafen Orsoy entsteht, legt sich auch noch im angrenzenden Wohngebiet nieder.

Der Verladehafen in Orsoy in unmittelbarer Nähe zum Wohngebiet; Foto: Lorelies Christian

Noch schlimmer ist es bei Trockenheit und ganz extrem bei Nord- oder Nordostwind”, klären die Nachbarn des Orsoyer Hafens auf. Und die Älteren unter ihnen fügen hinzu: „So wie früher im Ruhrpott. Fensterbänke und die Terrassen sind ständig schwarz. Die Silikonfugen sind gar nicht mehr sauber zu bekommen.” Noch schlimmer: Bei dem allerschönsten Wetter im vergangenen Sommer mussten die Gartenbesitzer ihre Pools abbauen, weil das Wasser pechschwarz war – darin wollte sich nun wirklich niemand mehr erfrischen.

Gleichzeitig die Sorge von Sabine Kleinholdermann, Dankwart Bender, Robert Schneiders und Peter Schmitz: „Wer weiß, was wir da einatmen. Unsere Anfrage an die NIAG (die NIAG betreibt die Verladung am Hafen) wurde nicht beantwortet.” Die Familien leben schon jahrzehntelang in Nachbarschaft zum Hafen (Entfernung deutlich unter 500 Metern, obwohl der Schutzabstand eigentlich mindestens 500 Meter betragen sollte). „Natürlich gehört der Hafen zu Orsoy”, weiß Robert Schneiders, doch die Belastungen seien in den letzten Jahren immer höher geworden. „Früher gab es auch mal eine Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr und es wurde am Wochenende nicht gearbeitet, inzwischen wird rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche verladen, auch an Feiertagen hören wir morgens ab 3.30 Uhr die Züge rollen.”

„Wir können keine Nacht durchschlafen”, bestätigt auch Sabine Kleinholdermann und ergänzt: „Die Erschütterungen bringt das Porzellan im Schrank zum Tanzen.” Hinzu kommen die vielen Lkw, die Anwohner schätzen rund 200 Bewegungen am Tag

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Halten den ursprünglichen Bebauungsplan in Händen: (v.l.): Robert Schneides, Peter Schmitz, Dankwart Bender und Sabine Kleinholdermann.
NN-Foto: Lorelies Christian

Wer möchte so leben?”, fragen sich die Geschädigten und machen auf ihre Situation aufmerksam. Zunächst möchten sie in einer Bürgerversammlung am heutigen Mittwoch um 19.30 Uhr im Orsoyer Hof alle Betroffenen informieren. Und sie haben eine weitere Hiobsbotschaft: Wie sie erst am 21. Dezember 2018 erfahren haben, hat die NIAG einen Antrag zum Regionalplan erstellt. Demnach soll die Hafenfläche verdoppelt werden. Der Rheinhafen Orsoy soll als landesbedeutsamer Hafen eingestuft werden. Die Anwohner laufen Sturm gegen diese Pläne. „Das nächstgelegene Wohngebiet ist vom im Regionalplan eingezeichneten Hafengebiet circa 103 Meter entfernt. Der Mindestabstand müsste aber 500 Meter betragen.”, macht die Interessengemeinschaft aufmerksam und sie hat noch etwas herausgefunden: „Der Hafen Orsoy wurde Anfang der 80er Jahr erheblich erweitert auf Grundlage eines Bebauungsplanes, der durch Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster vom 4. Dezember 1987 für nichtig erklärt wurde.” Trotzdem hat die Stadt Rheinberg nichts unternommen, um die Fehler der seinerzeitigen planerischen Festsetzung zu beheben. Die Orsoyer glauben, dass es daran liegt, dass die Stadt entweder die NIAG als Betreiber oder die nachbarschaftlichen Grundstückseigentürmer hätte entschädigen müssen – durch eine Neufestlegung wären die Mängel, die das Gericht beanstandet hatte, nicht aufgehoben.

Es hat bereits Gespräche zwischen Bürgern, Stadt Rheinberg, Kreis als Aufsichtsbehörde und der NIAG gegeben, doch Robert Schneiders bezeichnet die Verhandlungen als „zäh”. Es ging vorrangig um extreme Staubbelastungen am 7. / 8. Juli und 4. August, bei denen die NIAG letztendlich „aus Kulanz” Geschädigten 150 Euro Reinigungspauschale zahlte. Die Nachbarn fühlen sich gelinde gesagt „verschaukelt” und stellen die von der NIAG versprochene „gute nachbarschaftliche Beziehung” in Frage, da nach wie vor keine Informationen fließen und ihre Bedenken nicht ernst genommen würden.

Heute abend wird ein Schreiben verteilt, das sich an den Regionalverband Ruhr richtet, in dem die Einwendungen zur Erweiterung des Hafens Orsoy ausführlich formuliert werden. Die Initiatoren, die demnächst eine Bürgerinitiative gründen möchten, hoffen auf viele Unterschriften, die bis spätestens 1. März beim RVR vorliegen müssen.

Stellungnahme der NIAG

Anne Biehl, Fachbereichsleiterin Hafen, bestätigt, dass es Gespräche mit Vertretern der Nachbarschaft wegen der Staubbelastung gegeben habe, die am 13. Februar fortgesetzt würden. Sie schreibt: „In diesem Termin wollen wir insbesondere auch Möglichkeiten entwickeln, wie im Geiste eines respektierten Nebeneinanders und einer nachbarschaftlichen Beziehung zukünftig mit Belastungen aus Staubentwicklungen umgegangen wird.” Sie verweist darauf, dass bereits in eine umfassende Erweiterung der Beregnungsanlage investiert worden sei, nachdem es im Sommer 2018 zu den besonderen Belastungen gekommen wäre. Sie betont, dass die NIAG keinen Antrag auf Erweiterung des Hafens gestellt habe. Umgekehrt sei die NIAG vom RVR um eine Stellungnahme gebeten worden. Biehl schreibt: „Das Verfahren beim RVR hat für uns den Anlass gegeben, die Darstellung des Hafenstandortes Orsoy im Regionalplan zu betrachten.” es seien Aussagen über mögliche Entwicklungsperspektiven getroffen worden, jedoch: „Das Schreiben stellt keinen Antrag der NIAG auf eine Erweiterung des vorhandenen Hafens dar. Ob, wann, für welche Güter und durch wen überhaupt eine bauliche Neuentwicklung von Hafenflächen in Orsoy in Erwägung gezogen wird, ist noch völlig offen.”

 

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