Nach dem 2. November soll die Frasselter Kirche geschlossen werden. Bild mit Hilfe von ChatGPT generiert. Der Ersteller verzichtet auf urheberrechtliche Ansprüche im größtmöglichen, gesetzlich zulässigen Umfang.
2. Oktober 2025 · Kranenburg

„Wir investieren in Seelsorge“

Schimmelpilz in der Orgel, eine defekte Heizung und zu wenig Besucher

FRASSELT. Eine Nachricht sorgt seit dem Wochenende für Aufsehen im Kranenburger Ortsteil Frasselt: „St.-Antonius-Abbas-Kirche in Frasselt wird ab November geschlossen. Gottesdienste werden im Pfarrheim gefeiert.“

Eine Pressemitteilung, die für Diskussionsstoff gesorgt haben und auch weiterhin sorgen dürfte. Vorerst, so heißt es weiter, sei für das Gotteshaus keine Profanierung vorgesehen. „Das Gedenken zu Allerseelen am Sonntag, 2. November, wird also der vorerst letzte Gottesdienst in der St.-Antonius-Abbas-Kirche in Frasselt sein.“ Vorausgegangen, so der Inhalt der Meldung, waren Beratungen von Pfarreirat und Kirchenvorstand und ein entsprechender Beschluss zur Schließung des 1862 geweihten Gotteshauses.

Regina Schleuter arbeitet im Pfarreirat mit. „Ich finde es nicht richtig, dass es in der offiziellen Pressemitteilung heißt, dass Beratungen stattgefunden haben. Der Pfarreirat hatte lediglich Kenntnis davon, dass im Winter die Gottesdienste im Pfarrheim stattfinden sollen. Ich werde jetzt darauf angesprochen und kann nur sagen, dass wir über eine Schließung der Kirche nicht informiert waren.“

Die Kirche bleibe geweiht, betont Pastor Jörg Monier. Auch werden weiterhin Gottesdienste in Frasselt gefeiert, dazu wird in das benachbarte Pfarrheim eingeladen. „Ich weiß, dass die Schließung eines Kirchengebäudes mit vielen Emotionen verbunden ist, auch für mich selbst. Meine Eltern haben dort geheiratet, ich bin in dieser Kirche getauft worden und habe dort zwei Neffen und eine Nichte getauft. Dennoch mussten wir diese Entscheidung treffen“, sagt Monier.

Die Pfarrei müsse angesichts eines Haushaltslochs sparen, in Frasselt stehe aber eigentlich eine teure Reparatur der Orgel an und auch an der Heizung müsse gearbeitet werden. „Angesichts von immer weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Gottesdiensten und den Ausgaben, die bei einem Weiterbetrieb entstehen würden, haben wir uns entschieden, die Kirche vorerst zu schließen“, erklärt der Leiter der rund 3.000 Mitglieder zählenden Pfarrei, zu der auch die Gemeinden St. Antonius in Nütterden und St. Martinus in Mehr gehören. Da ist es wieder: das Wort „vorerst“.

Angesichts der angespannten Finanzlage und der gesamtkirchlichen Entwicklung mit sinkenden Mitgliederzahlen sei es wichtig, weiterhin in der Fläche Seelsorge anbieten zu können. „Wenn wir uns entscheiden müssen“, betont Monier, „dann wollen wir nicht in ein Gebäude investieren, sondern in die Seelsorge für die Menschen vor Ort.“

Im Gespräch mit den Niederrhein Nachrichten sagt Monier auf die Frage nach Reaktionen: „Da ist bisher eher wenig passiert. Natürlich gibt es Menschen, die mir sagten, dass die Nachricht sie traurig mache. Es trifft also die, die regelmäßig da sind. Die waren überrascht.“

Es gab auch die Meinung: ‚Warum denn überhaupt noch Gottesdienste im Pfarrheim? Da hätte man doch besser gleich einen klaren Schnitt gemacht.‘ Diese Meinung teile ich nicht. Es geht darum, Gottesdienstorte zu haben. Das muss nicht an ein Gebäude gebunden sein.“

Der Entschluss stütze sich auf finanzielle Erwägungen, „aber es ist auch so, dass in Frasselt – verglichen mit Mehr und Nütterden – die Zahl der Gottesdienstbesucher deutlich kleiner ist.“ In Frasselt seien es zwischen sieben und zehn Besucher, „in Mehr und Nütterden liegen wir bei 30 plus“. Natürlich würden ab und an auch in Frasselt mehr Besucher kommen – beispielsweise bei Jahresämtern. Was für Kosten müssen eingespart werden? Monier: „Da ist eine teure Orgel. Ein Kostenvoranschlag für die Sanierung der Orgel liegt bei 40.000 Euro.“ Dirk Willemsen, seines Zeichens früherer Organist an St. Peter und Paul in Kranenburg: „Es gibt im Rahmen eines umfangreichen Orgelgutachtens einen Kostenvoranschlag. Es ist richtig, dass die Summe für eine komplette Renovierung sich auf über 50.000 Euro belaufen, aber in erster Linie ist es wichtig, möglichst schnell gegen den Schimmelbefall vorzugehen. Alles andere könnte nach und nach gemacht werden.“ Laut Kostenvoranschlag des Orgelbauers würde die Schimmelbehandlung der Orgel 6.000 Euro kosten (aus dem Orgelgutachten vom 7. Mai 2025, das der Redaktion vorliegt). Im Gutachten heißt es zum Thema Schimmelpilzbefall: „Im Orgelwerk befindet sich ein Schimmelpilzbefall, der schnell bekämpft werden sollte.“ Die Gesamtkosten einer Orgelsanierung würden sich (ebenfalls laut Gutachten) auf 50.908,60 Euro. belaufen. Dirk Willemsen: „Ich habe nochmals Kontakt zum Orgelbauer aufgenommen. Der sagte mir: Allerhöchstens zwei Jahre könne man die Schimmelpilzbehandlung aufschieben, allerdings nur unter der Bedingung, dass der Innenraum regelmäßig durchgelüftet wird.“ Und wie sieht es mit der Temperatur aus? Kälte, so Willemsen, sei für die Orgel weniger schädlich als Hitze.

Monier: „Auch die Heizung müsste repariert werden. Aber da sind auch die laufenden Heizkosten. Die Heizung ist Öl-betrieben. Dazu kommt, dass es in der Kirche Feuchtigkeitsschäden gibt, die behoben werden müssten“, so Monier. Könnte die Devise dann nicht lauten: Geschlossen im Winter. Danach finden Gottesdienste wieder in der Kirche statt? Monier: „Da bleiben aber noch die anderen Kosten: Personal. Strom. Und die Reparaturen stehen ja trotzdem an.“

Zu den Personalkosten zählt Monier das Küstergehalt. „Dann haben wir auch noch eine Organistin. Wir wollen in jedem Fall musikalisch aktiv bleiben und müssen aber die Entscheidung unserer Organistin abwarten. Es geht ja dann darum, ob sie auch Gottesdienste im Pfarrheim auf einem E-Piano begleiten würde.“

Es gibt noch eine weitere Gruppe, die – jeweils sonntags – eine Messe im alten Ritus in der Kirche feiert. Was wird daraus werden? Monier: „Die sind natürlich informiert und müssen jetzt überlegen, wie sie weitermachen wollen. Ich denke aber: Das Pfarrheim kommt für diese Gruppe nicht infrage. Sie könnte theoretisch in eine unserer anderen Kirchen – das müssten wir allerdings abklären. Sagen wir es so: Der Ball liegt gerade bei denen. Wir sind ja nicht mit einem fertigen Konzept gestartet, sondern sind reaktionsoffen unterwegs. Wenn jetzt also wieder mehr Leute regelmäßig kämen, dann müssten wir neu überlegen. Das sehe ich aber nicht.“

Apropos kommen: Was wäre, wenn jemand käme und die Kosten übernähme? Monier: „Wenn jemand das täte, haben wir natürlich nichts dagegen. Das müsste dann vertraglich ausgestaltet werden.“ Die Sache ist also nicht endgültig? Monier: „Ja, aber das Ganze wäre dann an deutliche Bedingungen geknüpft.“

Das Gotteshaus steht unter Denkmalschutz. Wenn die Kirche jetzt einfach geschlossen da steht, fallen doch auch Kosten an, oder? Monier: „Ja. Für das Außengelände. Das wird weiterhin gepflegt. Wenn es Anforderungen an die Erhaltung des Innenraums gibt, dann wird sich das Denkmalamt melden und dann werden wir damit umgehen.“ Auch sei es nützlich, die Sakristei und den Tabernakel weiterhin nutzen zu können. Irgendwann werde die Profanisierung der Kirche kommen, so Monier.: „Das ist relativ sicher.“

Weihnachten kommt in Sichtweite. Wie wird es mit den Gottesdiensten in Frasselt aussehen? Monier: „Wir haben da bereits geplant. Es wird Krippenfeiern in Nütterden und Mehr geben. Dort finden auch Christmetten statt. In Frasselt wird am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag jeweils um 9 Uhr ein Gottesdienst stattfinden. Da die Krippenfeiern und Christmetten in der Regel stark besucht sind, wird das Pfarrheim in Frasselt dafür nicht ausreichen.“

Auch der Frasselter Ortsvorsteher Johannes Krebbers führte ein Gespräch mit Jörg Monier. „Bei mir haben sich Menschen gemeldet und ihre Trauer, beziehungsweise ihren Unmut geäußert. Im Gespräch mit dem Pastor habe ich dann den Eindruck gewonnen, dass zwar einerseits von ‚vorerst‘ gesprochen wurde, eigentlich aber das Aus für unsere Kirche längst beschlossene Sache ist.“ Krebbers habe auch gefragt, wie es künftig bei Beerdigungen sein solle. „Die sind ja teils richtig groß – da würde das Pfarrheim platzmäßig nicht ausreichen.“ Monier habe geantwortet, dass sich dann eben Menschen, die drinnen keinen Platz fänden, draußen aufhalten müssten. Oder aber die Beerdigung müsse in einer anderen Kirche stattfinden.

Ausnahmen von der Schließung werde es, so Monier, nicht geben. Am Ende bleibt die Nachricht: Die Kirche bleibt im Dorf – aber geschlossen. Es sei denn, da käme jemand ..

KOMMENTAR

Eine Kirche soll geschlossen werden. Man wolle, heißt es, in Seelsorge statt in Gebäude investieren. Es stellt sich allerdings die Frage: Was bedeutet Seelsorge? Die Antwort ist in einem Wort zusammenzufassen: Kommunikation. Vielleicht kann man hinzufügen: auf Augenhöhe. Nichts davon scheint in Frasselt passiert zu sein. Da ist ein vorgefasster Entschluss, über den am Ende nur noch informiert wird. Keine Kommunikation im Vorfeld. Das hat ein bisschen etwas von „Kirche im Gutsherrenstil“ nach dem Motto: Wir da oben, ihr da unten. Ja - in Zeiten schwindender Besucherzahlen in Gottesdiensten, in Zeiten von Kirchenaustritten gibt es Gedanken, die gedacht werden müssen. Sie haben sicher auch mit Wirtschaftlichkeit zu tun, aber sie sollten mit allen Beteiligten erörtert werden. Eine Kirche ist mehr als nur ein Gebäude. Sie ist ein Seelenort – ein Ort der Andacht und ein Ort der Heimat. Warum zusperren? Was kostet es, die Türen einfach offen zu lassen? Nicht mehr als sie zu schließen. Kirchen sind ein Angebot. Kirchen sind Orte der Gemeinschaft. Ja – das sind Pfarrheime auch. Aber die Kirchen sind auch Identitätsstifter und nicht nur Kostenfaktoren. Wenn es um Einsparungen geht und um Investitionen in die Menschen – warum dann nicht auch gleich alle Kirchen schließen, wenn es doch Pfarrheime gibt? Vielleicht passiert das nicht, weil spätestens bei einer Hochzeit oder Beerdigung ein Pfarrheim nicht der Wunschort ist. Die Frage: Woran liegt das? Eben daran, dass eine Kirche mehr zu sein scheint als eine Immobilie. Man kann Menschen viel abverlangen, aber man muss mit ihnen kommunizieren, Entschlüsse erklären. Wichtiger Zusatz: vorher. Kirchengemeinden sind Gemeinschaften und irgendwie wünschen sich die Menschen eine Form der Teilhabe. Ohne Kommunikation kein Miteinander – kein Konsenz – keine Basis. Wer vor einem wichtigen Entschluss keine Fragen stellt, hat vielleicht nur Angst vor möglichen Antworten. Das zeugt nicht von souveränem Verhalten. Seelsorge, denkt man, geht anders. Sie muss die Herzen und Seelen erreichen. Alles braucht seine Zeit, aber vieles braucht auch einen Ort.

Nach dem 2. November soll die Frasselter Kirche geschlossen werden. Bild mit Hilfe von ChatGPT generiert. Der Ersteller verzichtet auf urheberrechtliche Ansprüche im größtmöglichen, gesetzlich zulässigen Umfang.